
© Elvira Meisel-Kemper
Margot Käßmann: Coronazeit mit Mut, Humor und Glauben bewältigen
Buchvorstellung
Das Interesse an Margot Käßmann war groß: Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland stellte in Vreden ihren Bestseller vor und hatte dabei viele Zuhörer.
Herzlich begrüßt von Elisabeth Büning (Kreis Borken) und den Pfarrern Klaus Noack (Evangelische Kirchengemeinde Oeding-Stadtlohn-Vreden) und Christoph Theberath (Katholische Kirchengemeinde St. Georg Vreden) blickte Margot Käßmann, Theologin und Buchautorin, in der St. Georgskirche auf ein volles Haus. Sie stellte ihr neuestes Buch „Nur Mut! Die Kraft der Besonnenheit in Zeiten der Krise“ vor – im Rahmen des Projektes „Krisensicher“ im Kult in Vreden.
Damit waren schon im Buchtitel des Spiegel-Bestsellers von Käßmann zwei Begriffe genannt, die helfen könnten, durch diese außergewöhnliche Zeit zu kommen. Dabei relativierte sie vieles und verwies als evangelische Theologin und ehemalige Bischöfin immer wieder auf die Kraft des christlichen Glaubens und auf die Aussagekraft der Bibel.
Die christliche Religion werde angegriffen und nicht nur, weil in „unseren Kirchen Kinder missbraucht wurden“, so Käßmann und ergänzte: „Das gilt für beide Kirchen.“ Sie sprach die dadurch ausgelöste Vertrauenskrise an, die Verrohung in den sozialen Medien, den Verlust an Gemeinschaft und „die soziale Schere“ zwischen Arm und Reich.
Der christliche Glaube kann sich als Lebenskraft entwickeln
„Ich bin überzeugt, dass sich der christliche Glaube als Lebenskraft entwickeln kann“, so Margot Käßmann und begann mit dem Begriff der Besonnenheit. Er gehört zu insgesamt 33 Begriffen, die sie in ihrem Buch behandelt hat. Liebe, Besonnenheit und die Kraft, die sie im Gebet findet, könnten durch die Vertrauens- und Coronakrise hindurchgeleiten.
Die Coronakrise betrachtete sie von verschiedenen Seiten. Mit dem Thema der Freiheitsbeschränkung durch die Coronazeit, die Trennung der Familien und der Gemeinschaft in Gottesdiensten, habe sie sich viel auseinander gesetzt. Freundschaften müssten gerade in dieser Zeit gepflegt werden.
Neu entdeckte Fürsorge, Achtsamkeit, Genügsamkeit, aber auch die Einsamkeit, in die manche Menschen in der Pandemie gestoßen wurden, beschäftigte sie. „Wir müssen uns aber auch den Humor bewahren und lachen können.“ Und sie nannte gleich ein Beispiel. Das Verzehren einer Knoblauchzehe helfe zwar nicht gegen Corona, sorge aber für Abstand.
Es braucht Menschen, die Mut machen
Lähmende Angst mache sich bei vielen Menschen breit in dieser Zeit. „Sie brauchen Menschen, die ihnen Mut machen“, betonte Margot Käßmann. Systemrelevant sei ein Wort, das sie vorher nicht gekannt habe. Models auf dem Laufsteg seien nicht systemrelevant, aber die Pflegekräfte, sagte sie. Das war einer der häufigen Momente für Zwischenapplaus.
Ute Isferding (Kreis Borken) befragte Käßmann danach noch genauer zu Themen, die auch die Person und die Biografie von Käßmann berührten. Nicht nur die Neuwahlen an der Spitze der Evangelischen Kirche Deutschlands, an der erstmals zwei Frauen die Führung übernommen haben, waren Thema, sondern auch aktuelle Fragen – zum Beispiel, wie man der Austrittswelle begegnen könne. „Unsere Kirche muss sich verändern. Der Gottesdienst muss sich verändern.“
Vortrag mit Humor und Menschlichkeit
Immer wieder blitzten Humor und Menschlichkeit bei ihrem Vortrag durch, zur Heiterkeit der Zuhörer wie hier: „Entschuldigen Sie, dass ich Luther in einer katholischen Kirche erwähne. Er sagte einmal zu seinem Barbier, man solle einmal am Tag das Vater Unser beten und ein lautes Amen.“ Und am Ende kam noch ihr Rat für Menschen, die sich in einer Krise befinden: „Bleibt nicht allein. Sprecht mit anderen darüber. Zieht euch nicht zurück. Es gibt immer Wege, die nach vorn führen.“
Elvira Meisel-Kemper ist freie Kunsthistorikerin und Journalistin. Sie hat Erfahrung als Autorin, Kunstvermittlerin, Projektbegleiterin und in der Fotografie. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten liegt in der Kunstszene des Münsterlandes.
