
300 Trecker und rund 550 Teilnehmer auf der Demonstration vor dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Bonn. Der Vredener Landwirt Frank Kisfeld (43) war als Redner auf der Bühne mit dabei und zieht ein positives Fazit. Er sagt aber auch, dass sich die Proteste wohl noch lange hinziehen werden. © Martin Eveld-Heidemann/Archiv
Landwirte aus Vreden und Alstätte tragen Protest bis nach Bonn
Treckerproteste
Die geplante EU-Verordnung gegen Pflanzenschutzmittel bleibt für Landwirte ein rotes Tuch. Aus Vreden und Alstätte sind sie am Montag zu Protesten nach Bonn gefahren. Wohl nicht zum letzten Mal.
Landwirte haben am Montag in Bonn unter anderem gegen die geplante EU-Pflanzenschutzverordnung demonstriert. Mit dabei: Frank Kisfeld (43), Landwirt aus Gaxel.
Ein wenig ärgert er sich darüber, dass außer der Staatssekretärin Silvia Bender vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft etliche Vertreter aus der Politik ihre Teilnahme abgesagt hätten. Teilweise hätten sie sich auch erst sehr kurzfristig entschuldigen lassen. „Vielleicht haben die sich nicht getraut“, sagt er grinsend.

David Wielens, Alexander Höper und Martin Eveld-Heidemann (v.l.) hatten sich mit Traktoren aus Alstätte auf den Weg nach Bonn gemacht. Um 2 Uhr nachts waren sie mit zwei weiteren Kollegen in Alstätte aufgebrochen. © Martin Eveld-Heidemann
Insgesamt sei es aber dennoch eine gelungene Veranstaltung mit vielen emotionalen Beiträgen gewesen. „Die Landwirte haben Angst um ihre Zukunft“, sagt er. Das habe sich seit Beginn der Proteste vor der Corona-Krise nicht gewandelt. Im Gegenteil: Die Ängste seien eher noch größer geworden.
Dabei werde doch spätestens seit dem Krieg in der Ukraine deutlich, wie wichtig die heimische Versorgung mit Lebensmitteln sei. Auch deswegen habe die Demo in Bonn unter dem Titel „Wir ackern für den Frieden“ gestanden.
Er selbst hat sich inzwischen aus dem NRW-Vorstand der Landwirte-Bewegung von „Land sichert Versorgung“ (LSV NRW) zurückgezogen. „Ich schaffe das ganz einfach nicht mehr“, sagt der Landwirt aus Gaxel. Auf dem heimischen Betrieb mästet er rund 1400 Schweine. Dazu kommen Ackerbau, Biogasproduktion und Wald.
Vredener drosselt Engagement in der Protestbewegung
Durch das Engagement sei der Betrieb etwas zu kurz gekommen. „Ich kann mir die Zeit so besser einteilen, wenn ich nicht mehr in der ersten Reihe stehe“, sagt er. So ist er am Montag auch nicht mit dem Traktor nach Bonn gefahren, sondern hat sich im Auto mitnehmen lassen.
Ganz klar macht er aber das Hauptproblem der Landwirte: die geplante Verordnung der EU-Kommission gegen Pflanzenschutzmittel. Hauptkritikpunkt bleibt das geplante Verbot aller Pflanzenschutzmittel in Landschafts- Natur- oder Flora- und Fauna-Schutzgebieten. „Hundert Prozent meiner Eigentumsflächen wären betroffen“, sagt Frank Kisfeld. Absprachen, die es zuvor zwischen Landwirtschaft und Politik gegeben habe, seien ganz klar unterlaufen worden.
Landwirte aus Alstätte reisen mit Traktoren über 200 Kilometer an
Die etwas über 200 Kilometer sind Martin Eveld-Heidemann, David Wielens, Alexander Höper und zwei weitere Kollegen am Montagmorgen von Alstätte aus bis nach Bonn mit ihren Schleppern gefahren. „Um zwei Uhr morgens ging es los“, sagt Martin Eveld-Heidemann am Mittag fröhlich. Der 35-Jährige bewirtschaftet mit seiner Familie knapp 100 Hektar in Alstätte und Epe, mästet Bullen, hält Milchvieh und betreibt Ackerbau.
Er spricht von einer interessanten, aber auch emotionalen Veranstaltung in Bonn. Am Morgen hatten sie sich mit Landwirten aus dem ganzen Kreis Borken in Raesfeld getroffen. Die Fahrt sei ohne Zwischenfälle gelaufen. Bis etwa 35 Kilometer vor Bonn seien die Landwirte allein unterwegs gewesen. „Mit etwa 30 Fahrzeugen“, sagt er unserer Redaktion. Dort habe dann die Polizei die Führung der Kolonne übernommen.
Nur hochgereckte Daumen gesehen
„Ich bin schon auf anderen Demos gewesen“, sagt Martin Eveld-Heidemann. Da hätten Passanten oder andere Autofahrer schon einmal genervt reagiert. „Heute ging das aber reibungslos. Ich habe nur hochgereckte Daumen gesehen“, betont er.
Es gehe ja auch nicht darum, mit den Traktoren auf Teufel komm raus den Verkehr zu stören. „Wenn wir eine Ladung Mist auf die Straße kippen würden, hätten wir erst einmal die Gaudi, aber das würde ja nicht zum Ziel führen“, sagt er. Dennoch sei es wichtig, als Landwirt Flagge zu zeigen.
„Diese Dinge dürfen nicht über unsere Köpfe hinweg entschieden werden“, sagt er. Dabei sei ihm aber auch klar, dass eine einmalige Demo nicht viel ausrichte. „Wir müssen einige Mal ansetzen. Am Wichtigsten ist aber, dass wir die Solidarität unter den Landwirten zeigen und hochhalten“, macht er deutlich.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
