Heimatverbunden: Der Hof seiner Familie ist für Johannes Röring Lebensmittelpunkt.

Heimatverbunden: Der Hof seiner Familie ist für Johannes Röring Lebensmittelpunkt. © Stefan Prinz

Johannes Röring: Vom Bauer zum Politiker und wieder zurück

rnEhemaliger Bundestagsabgeordneter

Johannes Röring war 16 Jahre Bundestagsabgeordneter. Vor einem Jahr stellte ihn seine CDU trotzdem nicht wieder auf. Jetzt ist er wieder Privatmann, aber weiterhin an Politik interessiert.

von Stefan Prinz

Vreden

, 20.08.2022, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Johannes Röring saß oft als Ehrengast in der ersten Reihe. Seit er kein Abgeordneter mehr ist, hat sich das geändert: „Jetzt muss ich rechtzeitig da sein, um noch einen Platz zu bekommen“, schmunzelt der 63-Jährige. Das Leben des Vredeners hat sich gewandelt, seit er vor einem Jahr aus dem Bundestag ausgeschieden ist.

Politik interessiert Johannes Röring aber immer noch: „Die Energiepreise belasten die Mittelschicht in Deutschland“, warnt der Christdemokrat auf der Terrasse vor seinem Haus. Noch vor einem Jahr hätte er einen solchen Satz nicht nur im Freizeithemd am Kaffeetisch gesagt, sondern mit Anzug und Krawatte am Rednerpult im Reichstag.

Nach 16 Jahren nicht mehr nominiert

16 Jahre lang holte Johannes Röring für die CDU das Direktmandat in seinem Wahlkreis Borken II, zu dem auch Stadtlohn, Vreden und Südlohn gehören. Im vergangenen Jahr dann die faustdicke Überraschung. Seine Partei nominierte die Borkener Lehrerin Anne König für die Bundestagswahl 2021.

Und das, obwohl Röring seinen Konkurrenten der anderen Parteien keine Chance ließ: Rund 30 Prozent lag er regelmäßig vor dem zweitplatzierten SPD-Kandidaten. Röring stand für CSU-ähnliche Ergebnisse im Münsterland.

Dennoch zeigt er heute weder Enttäuschung noch Frust: „Wer Politik macht, der weiß, dass es ein Amt auf Zeit ist“, sagt er. Ans Aufhören habe er zwar bereits vor ein paar Jahren gedacht, „aber eine Wahlperiode hätte ich gerne noch gemacht“, formuliert er seinen Wunsch.

Abschaffung der Wehrpflicht, Atomausstieg, Ehe für alle – in seiner Zeit als Abgeordneter haben die Christdemokraten grundlegende Positionen geräumt: „Ja“, sagt er nachdenklich. „Aber es ist dennoch immer meine CDU geblieben“, sagt Röring. Drei oder vier Mal habe er sich in Berlin gegen die Fraktionslinie gestellt. Angst vor Konsequenzen habe er nie gehabt. „Ich war finanziell immer unabhängig.“

Röring setzte immer auf zwei Standbeine

Denn Röring war nie nur Bundestagsabgeordneter. Als junger Mann hatte er den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen. Seit dem 17. Jahrhundert ist der Hof im Familienbesitz nachgewiesen. „Wahrscheinlich ist er aber deutlich älter“, sagt der Landwirt.

Johannes Röring hat daraus ein mittelständisches Unternehmen gemacht: 5000 Schweine mästet er in seinen Ställen, rund 250 Hektar Land bewirtschaftet seine Familie. Aus der Gülle der Schweine und aus dem Mais der Felder produziert Röring Strom: „Wir machen hier auf dem Hof Kotelett und Energie“, sagt er.

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Dieser Familienbetrieb brachte Röring in Berlin insbesondere in den letzten Jahren in Erklärungsnot: Denn mit einem Hof dieser Größe setzt der Vredener im Jahr Millionen um. „Aber nur ein kleiner Teil davon ist Gewinn.“

Als Abgeordneter musste er seine Nebeneinkünfte angeben – allerdings nicht den Gewinn, sondern den Umsatz. Und genau das katapultierte ihn regelmäßig an die Spitze der Abgeordneten-Liste mit den höchsten Nebeneinkünften. „Das sorgt natürlich für Neid“, so Röring.

Karriere auch beim Landwirtschaftsverband

2012 wurde der Vater dreier Söhne an die Spitze des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes gewählt. Der Christdemokrat galt manchen als Lobbyist der Landwirte, mit diesen Ämtern wuchs auch die Zahl seiner Gegner. Röring hielt das aus.

Als einen Wendepunkt bewertet er aber im Rückblick, als Unbekannte 2016 in seine Ställe einbrachen und kranke Tiere filmten. Man habe damit Tatsachen verdreht und ihm bewusst schaden wollen, ist Johannes Röring überzeugt.

Die Menschen in seinem Wahlkreis standen unbeeindruckt hinter ihm. Seine Wahlergebnisse zählten weiterhin mit mehr als 50 Prozent zu den besten bundesweit. Das mag auch daran gelegen haben, dass Röring nie als abgehoben galt. 1500 Besucher aus seinem Wahlkreis empfing er jedes Jahr in der Hauptstadt.

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In der Partei hat ihm diese enge Bindung aber offensichtlich gefehlt. Partei-Netzwerke schienen ihm nicht besonders wichtig. Er war nie der klassische Partei-Karrierist. Vor seinem Bundestagsmandat hatte Röring nie ein politisches Amt begleitet.

Auch im CDU-Kreis- und Landesverband war er nie in herausgehobenen Positionen. Eine politische Karriere war nie sein Plan. „Ich bin damals gefragt worden“, erinnert sich der Landwirt an seine erste Bundestagskandidatur. Er habe sich Zeit zum Überlegen erbeten und nach zwei Wochen zugesagt.

Bauernhof gehört inzwischen dem Sohn

Ober er seinen Enkeln raten würde, in die Politik einzusteigen? „Als geplante Berufskarriere auf keinen Fall“, sagt er ernst. Er halte nichts von Nachwuchspolitikern, die sich bereits nach Schule oder Studium auf eine politischen Karriere konzentrieren, ohne Erfahrung im Berufsleben gesammelt zu haben.

Und was rät er seiner Nachfolgerin Anne König? Auf seinen Ratschlag könne sie selbstverständlich zählen – falls er gefragt würde.

Seinen Hof hat er zwischenzeitlich an seinen ältesten Sohn Christian übergeben. Es sei nie gut, mit der Hofübergabe zu lange zu warten. Das sei bei seinem Vater auch nicht anders gewesen. Aber als Alt-Bauer helfe er natürlich gerne aus.