Christel Albersmann hat den Betrieb 2007 gegründet. Sohn Nick Albersmann weiß zwar noch nicht, ob er das Unternehmen übernehmen möchte, plant aber, im nächsten Jahr seinen Meister anzufangen.

© Victoria Garwer

Christel Albersmann streicht und tapeziert gemeinsam mit Mann und Sohn

rnMaler und Lackierer

Die Auftragsbücher sind voll, drei Monate wartet man bei Christel Albersmann zurzeit auf einen Termin. Sie hält den Betrieb bewusst klein, sieht aber dennoch große Probleme beim Nachwuchs.

Vreden

, 28.11.2021, 12:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das eigene Treppenhaus ist Baustelle. Die neu verputzten Rigipsplatten an den Wänden müssten dringend gestrichen werden. Die Expertise in der Familie Albersmann wäre definitiv da, schließlich arbeiten Vater, Mutter und Sohn als Maler und Lackierer. Aber die drei haben in ihrem Unternehmen einfach zu viel zu tun. Die eigene Baustelle muss da mal warten.

Geführt wird der Malerbetrieb von Christel Albersmann (56). Im Jahr 2007 hat sie ihn gegründet. Nach der Schule hatte sie erst eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin gemacht, danach eine zweite Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. In einem Malergeschäft hatte sie dann mehrere Jahre gearbeitet, bis sie feststellte, dass sie kein Mensch fürs Büro ist.

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Eigentlich nur für den Übergang suchte sie sich dann eine Stelle als Malerin. Fündig wurde die gebürtige Eperanerin in Vreden. „Da habe ich dann meinen Mann kennen gelernt. Seitdem arbeiten wir immer zusammen. Seit 30 Jahren, jeden Tag“, erzählt Christel Albersmann.

Kurz nach der Geburt ging es zur Meisterprüfung

2003 hat sie ihren Meister gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war sie hochschwanger. „Auf die praktische Prüfung konnte ich mich quasi gar nicht vorbereiten. Aber wenn ich aufgehört hätte, hätte ich wohl nie wieder angefangen“, meint sie. Im Juni kommt damals ihre Tochter auf die Welt, schon im September legt sie erfolgreich die Prüfung ab.

Einer ihrer Vorteile: Durch die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau waren die kaufmännischen Inhalte nicht neu für sie. Für ihren Mann war der Meistertitel hingegen nie ein Thema. Er ist offiziell angestellt im Unternehmen seiner Frau, genau wie der Sohn Nick Albersmann (27).

Obwohl beide Eltern als Maler arbeiten, hat ihn sein Weg nur über Umwege zu diesem Beruf geführt. Seine erste Ausbildung machte er als Verfahrensmechaniker. „Aber die Schichtarbeit war nichts für mich. Ich wollte den Kundenkontakt, die Baustelle, geregelte Arbeitszeiten“, erzählt er. Er schiebt die Ausbildung zum Maler und Lackierer hinterher.

Team besteht aus drei Frauen und drei Männern

Das Team des Malerbetriebes besteht aus Christel Albersmann und ihrem Mann, Sohn Nick Albersmann, einer Auszubildenden und zwei Aushilfen. Drei Frauen, drei Männer. Ein eher ungewöhnliches Verhältnis im Handwerk. „Tatsächlich lernen mehr Frauen als früher diesen Beruf“, sagt Christel Albersmann.

In einer Klasse in der Berufsschule sei das Verhältnis inzwischen oft halb und halb. „Aber dafür sind es insgesamt viel weniger Auszubildende und am Ende der Ausbildung bleiben nur vier oder fünf von 22 übrig“, sagt Nick Albersmann. Tatsächlich bricht laut Berufsbildungsbericht 2021 jeder dritte Jugendliche im Handwerk seine Ausbildung ab.

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Für Nick Albersmann ist klar, woran das liegt: „Viele bekommen in ihrer Ausbildung nur blöde Aufgabe und müssen zum Beispiel nur aufräumen. Bei uns ist das ganz anders.“ Vom ersten Tag an zeige die Familie den Auszubildenden alles. „Sogar ein Praktikant bekommt schon einen Pinsel in die Hand gedrückt“, sagt Christel Albersmann. Nur so können schließlich beide Seiten sehen, ob es für den Jugendlichen der richtige Beruf ist.

Sie sehen aber noch ein anderes Problem und zwar in der Arbeitseinstellung der meisten Jugendlichen. „Viele haben einfach keinen Bock“, sagt Christel Albersmann. Einmal zum Beispiel sei eine Praktikantin in extrem schicken Klamotten gekommen. „Die wollte nur gucken, die wollte gar nichts ausprobieren oder mithelfen.“

Mindestens drei Monate warten auf einen Termin

Dabei gibt es jede Menge zu tun: In den vergangenen zwei Jahren sogar noch mehr wegen der Corona-Pandemie. Die Zeit und das Geld, das durch ausgefallenen Urlaub gespart wurde, haben viele Menschen in die eigenen vier Wände investiert. Wer zurzeit anfragt, muss mindestens drei Monate auf einen Termin warten.

„Beim Renovieren legen viele Wert auf gute Arbeit, das merken wir immer wieder. Selber machen ist vor allem was für junge Leute. Aber spätestens beim Eigenheim oder im Alter wissen die Leute unsere Arbeit sehr zu schätzen“, sagt Christel Albersmann. Hinzu kommt, dass es kaum noch Schwarzarbeiter gebe, die nach Feierabend Maler- oder Tapezierarbeiten übernehmen.

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Das Unternehmen wird vor allem bei Renovierungen in Privathaushalten in Vreden und Umgebung tätig. Wände streichen oder tapezieren, Türzargen und Treppengeländer lackieren gehören zu den Standardaufgaben. Aber auch Holzfenster, Dachunterstände und verputzte Fassaden müssen alle zehn Jahre gestrichen werden. „Das macht niemand selber, dafür holt man sich die Profis“, sagt Christel Albersmann.

Zukunft des Familienunternehmens ist noch unklar

Trockenbau oder das Verputzen ganzer Häuser überlässt sie aber lieber anderen. Die Auftragslage ist so gut, dass sie das nicht braucht. „Gerade Verputzen ist so anstrengend, das muss ich nicht unbedingt haben“, sagt die 58-Jährige. Mehr Mitarbeiter anstellen möchte sie aber auch nicht. Ihr gefällt die kleine, familiäre Struktur so ganz gut und sie möchte als Chefin nicht nur im Büro den Papierkram erledigen.

Nick Albersmann plant, im nächsten Jahr seinen Meister anzufangen. Ob er den Malerbetrieb von seiner Mutter aber mal übernehmen wird, weiß er noch nicht. Die will ihm da auch keinen Druck machen: „Auch wenn es ein toller und abwechslungsreicher Beruf ist: Es ist nicht so einfach, selbstständig zu sein. Man gibt viel von seinem Leben auf, hat kaum Freizeit und viel Stress. Im Angestelltenverhältnis ist es auf jeden Fall ruhiger.“

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