
© Markus Gehring
Spekulatius bei Rave: Echte Handarbeit mit 100 Jahre alten Familienrezept (mit Video)
Café und Konditorei
2000 bis 3000 Spekulatius backt das Team der Konditorei Rave an einem Vormittag. Jedes einzelne Plätzchen ist echte Handarbeit. Die Maschine dafür stammt vom Großvater – genau wie das Rezept.
Es duftet nach Weihnachten in der Backstube der Konditorei Rave in der Vredener Innenstadt. An diesem Vormittag backen Hucky Rave, Wilma Höing und Kathrin Berendsen zum zweiten Mal in diesem Jahr Spekulatius. Die erste Fuhre war schnell weg, jetzt muss Nachschub her. Gebacken wird in reiner Handarbeit nach einem 100 Jahre alten Familienrezept.
Den Teig hat Hucky Rave bereits am Vortag vorbereitet. „Das ist ein guter Mürbeteig, und dazu kommt eine Gewürzmischung mit Nelken, Marzipanrohmasse, Kardamom, Zimt und Macisblüte“, sagt er. Die genaue Zusammensetzung ist geheim und stammt von Opa August Rave. 1911 hat der den Betrieb gegründet.
Der Teig muss über Nacht ruhen und wird dann noch einmal durchgeknetet. Wichtig ist, dass er die richtige Konsistenz hat. „Das ist Erfahrung“, sagt Hucky Rave. Wenn er zu klebrig oder zu trocken ist, gibt es nämlich beim nächsten Schritt Probleme.
Spekulatius-Maschine und Rezept vom Großvater
Die typische Form bekommen die Spekulatius mit der alten Spekulatius-Maschine, die schon August Rave vor knapp 100 Jahren benutzt hat. Mit gekonnten Handgriffen drückt Hucky Rave den Teig gegen eine Walze und kurbelt mit der anderen Hand. So füllen sich die Mulden im Metall.

Der Teig läuft über zwei Walzen, so bekommen die Plätzchen die typische Form. © Markus Gehring
Die Plätzchen haften auf einer zweiten Walze aus Gummi, werden dort mit einem Messer in der richtigen Dicke abgeschnitten und landen auf einem Förderband aus Leinen. Dieses Förderband ist das einzige Teil der Maschine, das regelmäßig ausgetauscht wird. „Ansonsten ist alles original“, sagt Hucky Rave stolz. Ihm liegt diese Handarbeit besonders am Herzen, mit industrieller Massenproduktion kann er wenig anfangen.
Mit Handarbeit geht es weiter. Wilma Höing und Kathrin Berendsen nehmen jedes einzelne Plätzchen in die Hand und legen es auf gefetteten Blechen aus. „Die Windmühlen mochte ich immer am liebsten“, sagt Kathrin Berendsen und lacht. Alle in der Backstube nicken zustimmend. Einen Grund für diese weitverbreitete Vorliebe kann aber niemand nennen.

Wilma Höing verteilt die Spekulatius auf gefetteten Blechen. © Markus Gehring
Aber woher kommen die typischen Formen für die Spekulatius eigentlich? „Genau weiß ich das auch nicht. Das ist ein holländisches Gebäck“, sagt Hucky Rave. Eine Internetrecherche ergibt, dass die Abbildungen auf dem Gebäck traditionell die Nikolausgeschichte darstellen sollen. Hinzu kommen klassisch niederländische Motive – wie die Windmühle.
Früher wurden Holzformen genutzt
August Rave hat in seinen Anfangszeiten die Spekulatius übrigens mit noch mehr Aufwand hergestellt. Die Holzformen, die er damals benutzt hat, hängen heute im Café Rave. In diese Formen wurde der Teig gedrückt und dann heraus geklopft. Wann genau der Großvater sich die Arbeit mit der Walze einfacher gemacht hat, kann Hucky Rave heute nicht mehr sagen.

Früher wurde der Spekulatius-Teig in solche Holz-Formen gedrückt. © Markus Gehring
In der Backstube landen die Spekulatius jetzt im Ofen: acht bis zehn Minuten bei 200 bis 220 Grad. Pro Blech legen die beiden Frauen rund 100 Plätzchen aus. 20 bis 30 Bleche können sie mit den knapp 30 Kilogramm Teig füllen. Macht also 2000 bis 3000 Spekulatius, die sie am Ende ebenfalls in Handarbeit in Tütchen füllen.

Kathrin Behrendsen holt die fertigen Spekulatius aus dem Ofen. © Markus Gehring
Verkauft werden die süßen Gewürzplätzchen im Café Rave am Klühnmarkt. Allerdings immer erst, wenn das Wetter mitspielt. „Bei 18 oder 20 Grad schmecken die einfach nicht, finde ich. Am besten schmecken sie bei unter 5 Grad“, sagt Hucky Rave. Deswegen backt er ganz bewusst erst im Winter Spekulatius und nicht schon im Frühherbst, wenn das Gebäck plötzlich in allen Supermärkten auftaucht.

Hucky und Anne Rave verkaufen die fertigen Spekulatius im Café am Klühnmarkt. © Markus Gehring
Nach einigen Stunden ist der gesamte Teig verarbeitet. Am nächsten Tag geht es weiter mit Stutenkerlen. Die sind nämlich auch schon wieder ausverkauft.
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.
