Azubi mit 54: Andrea Kerkering findet ihr berufliches Glück

© Maximilian Konrad

Azubi mit 54: Andrea Kerkering findet ihr berufliches Glück

rnAusbildung in Vreden

Wie geht es weiter, wenn die Kinder groß sind und das Zuhause verlassen? Andrea Kerkering aus Wessum überlegte sich, nochmal eine Ausbildung anzufangen – und das mit großem Erfolg.

Vreden

, 23.10.2019, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wer an das Thema Ausbildung denkt, der denkt vermutlich an junge Menschen. Jugendliche, die gerade aus der Schule kommen und dann eine Lehre machen. Andrea Kerkering passt da nicht ganz in Bild: Im Alter von 54 Jahren schloss sie nun eine Ausbildung zur Altenpflegerin im Antoniusheim in Vreden ab – und das mit Bestnote. „Wir sind natürlich sehr stolz auf die Leistung von Frau Kerkering“, sagte Holger Schmidt, Leiter des Pflegeheims St. Antonius.

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Andrea Kerkering strahlt Herzlichkeit und natürliche Wärme aus – und diese möchte sie gerne an ihre Mitmenschen zurückgeben. „Mich interessiert die Lebensgeschichte von Menschen. Viele Schicksale hier sind sehr bewegend“, erklärte die 54-Jährige ihre Beweggründe, gerade diesen Ausbildungsberuf zu erlernen und warum das Antoniusheim für sie ein besonderer Ort ist. Gerade die Arbeit mit Wohnungslosen und Menschen aus sämtlichen Generationen empfindet sie als spannend und immer wieder ergreifend.

Die Liebe zog sie nach Wessum

Gebürtig stammt die nun ausgebildete Altenpflegerin aus Georgsmarienhütte, einer Gemeinde im Südwesten des Landkreises Osnabrück. Nach dem Schulabschluss absolvierte sie die Ausbildung zur Medizinisch Technischen Assistentin. In diesem Bereich arbeitete sie, bis ihre drei Kinder kamen. Der Liebe wegen zog Kerkering nach Wessum.

Nachdem ihre zwei Töchter und ihr Sohn groß genug waren, wollte die 54-Jährige eigentlich wieder in ihrem ursprünglichen Beschäftigungsfeld arbeiten. „Leider gelang das nicht. Gerade Frauen in meinem Alter, die nach langer Pause wieder zurück in ihren alten Beruf wollen, haben kaum Möglichkeiten dazu“, hat Andrea Kerkering auch in Gesprächen mit anderen Frauen festgestellt. Daher droht eine niedrige Rente, da nur eine geringe Anzahl an Erwerbsjahren zustande kommt.

Andrea Kerkering ist keine Exotin

Um wieder ins Berufsleben zurückzukehren, fing die dreifache Mutter eine Ausbildung zur Familienpflegerin an. Ihr Anerkennungsjahr zum Abschluss der Lehre absolvierte sie im Antoniusheim und lernte so die Menschen und die Umgebung kennen. „Wir sind dann durch ihre Umgangsweise mit den Bewohnern auf sie aufmerksam geworden und haben ihr mitgeteilt, dass wir uns sie sehr gut als Altenpflegerin vorstellen können“, berichtete Holger Schmidt.

Die Wessumerin begann dann die Ausbildung zur Altenpflegerin. Also lernte sie –zwischen vielen Jugendlichen, die größtenteils noch nicht volljährig waren – alles Wichtige über die Grundlagen der Rehabilitation, medizinische Zusammenhänge und Organisation und Dokumentation im Krankenhaus. Zudem machte sie noch eine weitere Beobachtung: Die Anzahl an Leuten, die noch im höheren Alter eine Ausbildung beginnen, nimmer mehr zu. „Ich war mit meinem Alter tatsächlich keine Ausnahme. Die Tendenz geht da hin, dass immer ältere Menschen noch eine Ausbildung machen.“

Besonderes Programm der Agentur für Arbeit

Gemeinsam war es Andrea Kerkering und Holger Schmidt wichtig, auch ältere Menschen für eine Ausbildung zu ermutigen. Die Agentur für Arbeit bietet dafür seit 2006 ein Programm unter dem Namen WeGebAU an. Der Titel steht für „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmer“. Damit werden kleine und mittlere Unternehmen finanziell unterstützt, die Arbeitnehmer ab 45 Jahren beschäftigen.

Leider erfuhr der Heimleiter zu spät von dem Projekt und Andrea Kerkering absolvierte eine „normale“ Ausbildung. Grundsätzlich hält er das Vorhaben für eine sehr gelungene Sache: „Das Programm bietet gerade Menschen im Alter nochmal die Gelegenheit, etwas Neues zu beginnen. Dazu werden die Arbeitgeber für ihren Mut belohnt, älteren Menschen eine Chance zu geben.“

Andrea Kerkering findet, sich hat sowohl mit ihrer Ausbildung zur Altenpflegerin als auch mit dem Antoniusheim als Arbeitsort alles richtig gemacht. „Ich fühle mich hier sehr wohl und die Menschen liegen mir sehr am Herzen.“