Dunkle Wolken über den Plänen für mehr Windkraft im Lüntener Feld? Anwohner protestieren gegen den Standort der geplanten sechsten und siebten Windkraftanlage. Sie fürchten um ihre Gesundheit und den Wert ihrer Häuser.

© Stephan Teine

Anwohner stellen sich gegen zwei neue Windräder im Lüntener Feld

rnLüntener Feld

Zwei neue Windkraftanlagen sollen die bestehenden fünf Windräder im Lüntener Feld ergänzen. Die Politik in Vreden hat grünes Licht gegeben. Doch jetzt laufen Anwohner gegen die Planung Sturm.

Vreden

, 29.05.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Windpark im Lüntener Feld soll um zwei Anlagen erweitert werden. Doch einige Anwohner wollen das nicht hinnehmen. Sie fürchten, dass die Lärmbelästigung durch die neuen Anlagen weiter zunehmen wird.

Der Bauausschuss in Vreden hatte auf die Pläne Anfang März positiv reagiert und den Bebauungsplan entsprechend geändert. Auch weil laut Vorlage der Verwaltung mit den Anwohnern gesprochen wurde, und niemand etwas dagegen habe. Doch das ist nicht so.

Anwohner aus Wennewick protestieren vor allem gegen eine Anlage

Ortstermin: Auf einer Terrasse in Wennewick haben sich an einem Nachmittag zehn Anwohner versammelt. Ihre Namen wollen sie vorerst in der Öffentlichkeit nicht preisgeben. Schon bei der Planung für die bisherigen fünf Windräder sei es zu Repressionen gekommen. In der Nachbarschaft oder in der Gaststätte seien sie angegangen oder geschnitten worden. Das befürchten sie auch jetzt.

Die Standorte der beiden geplanten Windkraftanlagen, jeweils mit einem 800 Meter Radius. Blau markiert sind bewohnte Häuser in der direkten Umgebung.

Die Standorte der beiden geplanten Windkraftanlagen, jeweils mit einem 800 Meter Radius. Blau markiert sind bewohnte Häuser in der direkten Umgebung. © privat

„Ich hätte nie gedacht, dass wir so viel von den Anlagen merken“, sagt einer von ihnen. Doch je nach Windrichtung leiden sie ständig unter den Geräuschen der Anlagen. Bei etwas stärkerem Wind dröhne es im ganzen Haus. „Das fühlt sich an wie ein ständiger schneller Puls“, schildert einer am Tisch. Regelmäßig werde er mitten in der Nacht davon wach. Ein ständiges Problem: „Das ist bestimmt in sieben von zehn Nächten so“, schätzt eine Frau. Jetzt fürchten sie, dass die Probleme noch größer werden.

Keine generelle Ablehnung von neuen Windkraftanlagen

Sie wollen sich nicht generell gegen den Ausbau von Windkraftanlagen stellen. Den Standort der geplanten Windkraftanlage 7 wollen sie daher auch gar nicht kritisieren. Der sei in Ordnung. Oder zumindest könnten sie sich mit ihm arrangieren. Die Anlage 6 rückt ihnen aber zu nah an die Häuser.

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Sie soll in der nord-westlichen Spitze der Windvorrangzone gebaut werden. Und damit würde sie in den Augen der Anwohner die Belastung enorm verstärken. Weil sie den Winkel, aus denen Schall in die Häuser dringt, erweitern würde. „Dadurch würde uns der Wind aus noch mehr Richtungen beeinträchtigen“, erklären sie. Neben der gesundheitlichen Beeinträchtigung machen sie sich auch Sorgen um den Wertverfall ihrer Häuser und Grundstücke. „Wer möchte so nah an einem Windrad schon ein Grundstück kaufen“, sagt einer von ihnen. Er spricht dabei von einer kleinen Enteignung.

Bisher habe es weder von den Investoren noch von der Politik Gespräche mit ihnen gegeben, sagen sie.

Anwohner werfen Investoren Salamitaktik vor

Mehr noch: Sie gehen davon aus, dass die aktuelle Planung schon lange in der Schublade gelegen hat: „Warum sonst hätte man damals die Windzone so zuschneiden sollen?“ Tatsächlich ragt ein kleiner Zipfel an der nordwestlichen Ecke der Zone deutlich hervor. Genau dort soll die kritisierte Windkraftanlage 6 gebaut werden. Die Anwohner sprechen von Salamitaktik.

Fünf Windräder drehen sich aktuell im Lüntener Feld. Zwei neue sollen hinzukommen. Das Genehmigungsverfahren läuft, die Vredener Politik hatte der Idee zugestimmt.

Fünf Windräder drehen sich aktuell im Lüntener Feld. Zwei neue sollen hinzukommen. Das Genehmigungsverfahren läuft, die Vredener Politik hatte der Idee zugestimmt. © Stephan Teine

Einige von ihnen lassen sich aktuell durch Rechtsanwalt Hendrik Kaldewei aus Ibbenbüren vertreten. Auf Nachfrage erklärt auch er, dass es erst einmal nur um einen politischen Appell gehe. „Der Bebauungsplan, der damals erstellt wurde, sollte die Windkraftanlagen in dem Gebiet auf bestimmte Standorte und eine bestimmte Anzahl begrenzen, um die Anwohner zu schützen“, sagt er. Das werde nun aufgeweicht. Das Gleichgewicht zwischen Anwohnerinteressen und den Interessen der Investoren drohe nun zu kippen.

Rechtsanwalt appelliert an Politiker in Vreden

„Der eigentliche Schutzzweck fällt nun komplett hinten rüber“, sagt er. Offensichtlich sei eben nicht mit allen Anwohnern gesprochen worden. „Von einem Konsens unter den Anwohnern kann jedenfalls keine Rede sein“, sagt er. Und genau darauf müsse die Politik Rücksicht nehmen.

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Jan Huning ist einer der Geschäftsführer der Bürgerwind Ammeloe Verwaltungsgesellschaft, die den Antrag auf die beiden neuen Windkraftanlagen gestellt hat. Den Unmut der Anwohner kann er ein Stück weit nachvollziehen. „Ich kann verstehen, dass sie Bauchschmerzen haben“, sagt er. Dennoch würden alle Grenzwerte eingehalten. „Die Anlagen wurden von einem Gutachter eingemessen“, sagt er. Die geforderten 45 Dezibel würden nirgends überschritten. Diese Gutachten lägen beim Kreis vor und würden nun mit in die mögliche Genehmigung neuer Anlagen einfließen. Auch die Mindestabstände seien bei fast allen Anwohnern eingehalten.

Investoren haben sich mit direktem Nachbarn geeinigt

Ein Anwohner wohne nur rund 500 bis 550 Meter neben der kritisierten Anlage 6. Mit diesem direktesten Nachbarn habe die Gesellschaft aber gesprochen. „Der hat natürlich auch nicht ‚Hurra‘ geschrien“, erzählt Jan Huning. Dennoch habe man sich geeinigt. Die Häuser der übrigen Anwohner seien deutlich weiter entfernt.

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Die sechste Anlage zu verschieben, sei nur schwer möglich. „Da sind wir ja auch an den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan gebunden“, erklärt er.

Idee für weitere Anlagen entstand erst Ende 2019

Ganz eindeutig schließt er aus, dass die Planungen für die zwei zusätzlichen Anlagen schon lange in der Schublade lagen. Das Argument der Salamitaktik greife also nicht: „Wir hatten die Idee das erste Mal im Dezember 2019“, sagt er. Bis dahin sei die Gesellschaft noch mit Nacharbeiten an den bestehenden fünf Windkraftanlagen beschäftigt gewesen. „Erst danach haben erste Gespräche stattgefunden“, sagt er. Man prüfe eben, was man noch machen könne. „Und natürlich versuchen wir dann auch, die Genehmigung zu bekommen“, sagt er.

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Noch sei ja auch gar nichts in Stein gemeißelt. Das gesamte Planungsverfahren werde ja nun von vorne aufgerollt.