Oedinger erzählt von der Einführung der Mehrwertsteuer

Neuerung vor 50 Jahren

Auf dieses Jubiläum würde mancher gerne verzichten. Franz-Josef Böckenhoff, Futtermittelhersteller aus Oeding, weiß noch, was mit der Einführung der Mehrwertsteuer vor genau 50 Jahren verbunden war. Und das war nicht nur Gutes.

Oeding

, 19.01.2018, 18:28 Uhr / Lesedauer: 2 min
Frank (l.) und Franz-Josef Böckenhoff: Der Seniorchef kann sich noch gut an die Umstände erinnern, die die Einführung der Mehrwertsteuer zum Jahresbeginn 1968 auslöste.

Frank (l.) und Franz-Josef Böckenhoff: Der Seniorchef kann sich noch gut an die Umstände erinnern, die die Einführung der Mehrwertsteuer zum Jahresbeginn 1968 auslöste. © Foto: Thorsten Ohm

Sauer war der Bauer. Und zwar richtig. Mit einem Schlag sollte das Futter fünf Prozent teurer werden, das er an der Mühle Böckenhoff in Oeding kaufen wollte. „Der Mann wollte den Aufschlag nicht zahlen“, erinnert sich Franz-Josef Böckenhoff schmunzelnd an die Szene, die mittlerweile fünf Jahrzehnte zurückliegt. Die höheren Futterpreise waren einer Neuerung im deutschen Steuersystem geschuldet: Zum 1. Januar 1968 führte der Staat die Mehrwertsteuer ein.

Was dem Fiskus neue Einnahmen brachte, sorgte am Ende der Kette für gewaltigen Ärger. Denn die Steuerlast blieb am Ende der Kette hängen: Der Kunde kann eben nicht wie der Verkäufer einen Vorsteuerabzug geltend machen.

Umsatzsteuer schon vor 1968

Und das galt damals noch für viele kleinere landwirtschaftliche Betriebe, erinnert sich Franz-Josef Böckenhoff gut. Der heutige Seniorchef stand damals schon als junger Mann in den Zwanzigern mit in der Verantwortung für den Familienbetrieb. „Viele unserer Kunden hatten sich bis dahin noch gar nicht so sehr mit Fragen der Buchhaltung beschäftigt“, weiß Franz-Josef Böckenhoff noch gut. Was im Endergebnis dazu führte, dass sie auf der neuen Mehrwertsteuer sitzen blieben.

Eine Umsatzsteuer hatte es auch schon vor 1968 gegeben. Doch die EWG, wie der Vorläufer der Europäischen Union damals abgekürzt hieß, wollte ein einheitliches Vorgehen in allen Mitgliedsstaaten. So kam es in Deutschland dazu, dass 1968 die Mehrwertsteuer mit einem Regelsteuersatz von zehn Prozent an den Start ging. Ein ermäßigter Steuersatz von fünf Prozent galt für bestimmte Warengruppen, so auch für die Futtermittel, die der Landhandel Böckenhoff damals wie heute herstellt und verkauft, orientiert am individuellen Bedarf ihrer Abnehmer in der Landwirtschaft.

Sorgen um das Kaufverhalten

Umstellen mussten sich vor 50 Jahren viele Händler. So rechnete Böckenhoff damals für die Futtermittel fünf Prozent Aufschlag wegen der neuen Steuer ein, anders hingegen bei den Dienstleistungen. „Seinerzeit gab es viele Landwirte, die mit eigenem Getreide zu uns kamen und es zu Futter vermahlen ließen“, weiß Franz-Josef Böckenhoff noch gut. Für diesen Service galt aber nicht die ermäßigte, sondern die reguläre Umsatzsteuer – zehn Prozent kostete das mit einem mal mehr.

Franz-Josef Böckenhoff gibt zu, dass viele Handeltreibende sich damals Sorgen gemacht haben, wie sich die Einführung der Mehrwertsteuer auf das Kaufverhalten ihrer Kundschaft auswirken würde: „Das war ein wichtiges Thema.“ Doch die ganz große Delle blieb zum Glück aus.

Das Drehen an der Steuerschraube sollte übrigens bald einsetzen: Die reguläre Umsatzsteuer liegt heute bei 19 Prozent, die ermäßigte bei sieben Prozent. Und der Landwirt, der sich weigern wollte, den Steueranteil zu berappen? Franz-Josef Böckenhoff lacht: „Der hat sich umgehört und schnell bemerkt, dass auch die Konkurrenz die fünf Prozent aufgeschlagen hatte.“ Der Steuer entkommt eben doch keiner.