Vorbescheid für neun Windräder erteilt Niederländer klagen gegen Entscheidung des Kreises

Neun neue Windräder genehmigt: Niederländer klagen gegen Entscheidung
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Dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden müssen, steht außer Frage. Weg von fossilen Energieträgern hin zu einer grünen Stromversorgung. Allein über das Wind-an-Land-Gesetz, das Bund und Bundesrat im Juli 2022 verabschiedet haben, gibt es viele neue Möglichkeiten für Windkraftanlagen (WKA). Das wird in Südlohn deutlich.

Über dieses Gesetz, das am 1. Februar 2023 in Kraft getreten ist, will die Bundesregierung die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien bis 2030 verdoppeln. Dafür sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt und die notwendigen Flächen bereitgestellt werden.

Übersichtsplan Windkraftanlagen Südlohn
Hier könnten in Zukunft neue Windkraftanlagen stehen. Den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid wurde nun vom Kreis Borken erteilt. © Gemeinde Südlohn

Für das Ausweisen der sogenannten „Konzentrationszonen“, in denen sich die WKA-Rotoren drehen dürfen, ist die jeweilige Kommune verantwortlich. Für die Genehmigung der Anlagen ist wiederum der Kreis Borken zuständig. Dabei brauchen Windkraftanlagen mit mehr als 50 Metern Gesamthöhe eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.

Vorbescheide erteilt

Eben diese hat der Kreis Borken Anfang des Jahres nun für neun Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Südlohn – entlang der niederländischen Grenze – Anfang des Jahres erteilt. „Wir haben die Mitteilung bekommen, dass der Kreis Borken mit Datum vom 6. Januar 2025 die immissionsschutzrechtliche Vorbescheide zur Errichtung von neun Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Südlohn erteilt hat“, erklärte der Bürgermeister der Gemeinde Südlohn Werner Stödtke auf der jüngsten Sitzung des Gemeinderates am 15. Januar.

Im Einzelnen erteilte der Kreis Borken für folgende WKA immissionsschutzrechtliche Vorbescheide:

  • Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von 6.000 kW und einer Nabenhöhe von 162 Metern. Antragssteller ist hier die Windenergie Venn GbR.
  • Errichtung und der Betrieb einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 160 Metern und einer Nennleistung von 4260 kW. Antragsteller ist die Windenergie Wellingbach GbR.
  • Errichtung und Betrieb von drei Windenergieanlagen mit der Nennleistung von 7.000 kW und einer Nabenhöhe von 164 Metern sowie einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 118 Metern. Antragsteller sind die Stadtwerke Münster GmbH.
  • Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen: eine mit einer Nabenhöhe von 162 Metern und einer Nennleistung von 6.000 kW; eine mit einer Nabenhöhe von 119,63 Metern und einer Nennleistung von 5.560 kW. Antragsteller ist die Windenergie Wellingbach GbR.

Mit diesem Vorbescheid ersetzte der Kreis Borken als Genehmigungsbehörde gemäß Paragraf 36 BauGB das versagte gemeindliche Einvernehmen des Rates der Gemeinde Südlohn.

Wie berichtet hatte dieser in mehreren Ratssitzungen das gemeindliche Einvernehmen für die neun Windkraftanlagen versagt. Die Gründe hierfür waren – abhängig von den Windrädern und ihrer Lage – die zu dünne Informationslage, der mögliche Bau innerhalb des durch den Landschaftsplan Südlohn festgesetzten Landschaftsschutzgebiets „Venn/ Vitiverter Mark/ Hessinghook“ sowie die räumliche Nähe zu den Niederlanden und hier insbesondere zum Nationalen Landschaftsschutzgebiet Winterswijk.

Niederländer klagen

Stieß die Information der Erteilung des immissionsrechtlichen Vorbescheids schon bei den Mitgliedern des Gemeinderates auf Unmut, so ist das Unverständnis auf Seiten der Niederländer noch größer.

„Ja, wir wurden informiert“, erklärt Chiel Stemerdink, Sprecher des Aktionskreises „Stoppt Windmühlen in Ratum / Kotten“ auf Nachfrage am Telefon. „Natürlich sind wir nicht zufrieden mit der Entscheidung der Genehmigungsbehörde. Aus diesem Grund werden wir auch gegen die Genehmigung durch den Kreis Borken klagen.“ Aus diesem Grunde habe sich das Aktionsbündnis mit den zwei Naturschutzvereinen ‚Natuur en Milieu Gelderland‘ und der Stiftung ‚Geldersch Landschap & Kasteelen‘ zusammengetan und sich einen Anwalt besorgt. „Wir werden also fristgemäß bis zum 3. Februar Klage erheben“, erklärte Chiel Stemerdink weiter.

Es sei im Übrigen nicht die einzige Klage, die erhoben werde. „Auch die Gemeinde Winterswijk und die Provinz Gelderland werden dieses tun“, ergänzte er.

Chiel Stemerdink und andere Männer und Frauen bei einer Demonstration in Oeding.
Chiel Stemerdink bei einer Protestaktion Ende 2023 in Oeding. Der Sprecher des Aktionskreises „Stoppt Windrändern Ratum / Kotten“ erklärte auf Nachfrage, dass das Bündnis gegen den Vorbescheid der Windkraftanlagen klagen werde. Die Gemeinde Winterswijk und die Provinz Gelderland wollen auch klagen. © Michael Schley

Auf Anfrage erklärte der Bürgermeister der Gemeinde Winterswijk, Joris Bengevoord, dass der Rat der Gemeinde Winterswijk zum Thema Errichtung von Windkraftanlagen entlang der niederländischen Grenze seine Besorgnis beim Kreis Borken und dem Regierungsbezirk Münster deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Er habe dabei deutlich mitgeteilt, dass die Interessen der niederländischen Einwohner ebenso wie die der Deutschen abgewogen werden müssten.

„Hierbei sollten natürlich die europäischen Vorschriften beachtet werden“, teilte er schriftlich mit und weiter: „Dies scheint nicht ausreichend geschehen zu sein.“ Aus diesem Grund habe man bereits Einspruch erhoben, um so die eigene Position – sprich die Möglichkeiten weiterer Klagen – nicht zu verlieren.

In der Textversion vom 23.01.2025 haben wir von einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch den Kreis Borken geschrieben. Leider hat sich dort der Fehlerteufel eingeschlossen. Richtig ist folgende Formulierung: „Der Kreis Borken hat mit Schreiben vom 6. Januar 2025 lediglich immissionsschutzrechtliche Vorbescheide für neun Windkraftanlagen erteilt.“ So hat es der Bürgermeister Werner Stödtke auch in der Ratssitzung vom 15. Januar vorgelesen. Das bitten wir hiermit zu entschuldigen.

Mit Vorbescheid bezeichnet man im öffentlichen Baurecht eine vor Einreichung eines Bauantrags beantragte verbindliche Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbständig beurteilt werden können. In diesem Fall wurde der Aspekt des Immissionsschutzrechts behandelt. Ab jetzt haben die Investoren die Möglichkeit, den Bauantrag für die jeweiligen Windkraftanlagen voranzutreiben.