Keine Frage: Dass bei Windenergie-Vorhaben in der Grenzregion „zwei Systeme“ aufeinanderprallen, diesen Eindruck kann auch Melanie Wilbrand nicht entkräftigen. Und dass die seitens der Stadtwerke Münster geplanten vier Windenergieanlagen (WEA) in Südlohn-West – oder „griffiger“ Südlohn-Venn – auch in den Niederlanden zu sehen sein werden, sei unbestritten. Umso wichtiger sei es, weiter zu informieren und zu beteiligen.
Zum Beispiel über ein Nachbarschaftsgeld, das an Anwohner nun „on top“ ausgeschüttet werde. Viel „Überzeugungsarbeit“ sei noch zu leisten – so geschehen auch bei einer Windwanderung, die die Stadtwerke mit direkten Anwohnern am Wochenende durchführten. Unterdessen formiert sich in den Niederlanden weiter Widerstand, für Mittwochabend ist ein Protest vor dem Oedinger Rathaus geplant.
Nochmal zum Hintergrund: Die Stadtwerke Münster planen im Bereich Venn vier Anlagen mit Gesamthöhen zwischen 200 und 250 Metern (wir berichteten). „Sollten die Windräder gebaut werden, könnten mit dem grünen Strom rund 17.000 Haushalte versorgt werden“, erklärt Melanie Wilbrand.
Wesentlicher Baustein sei eine „umfangreiche Bürgerbeteiligung der deutschen und niederländischen Nachbarinnen und Nachbarn“. Kritik war jüngst bekanntlich vor allem von niederländischer Seite gekommen, dort fühlten sich Anwohner in der Grenzregion zu wenig oder zu spät informiert.
Niederländer nehmen an Wanderung teil
Das hat Melanie Wilbrand auch bei der Windwanderung am Wochenende aufgenommen. An dieser nahmen im zweiten Teil auch Bürgerinnen und Bürger aus den Niederlanden teil. „In den Niederlanden gibt es bei diesem Thema viele Fragen und Widerstände, eine andere Einstellung, alles sehr emotional“, berichtet die Projektleiterin. Deshalb gehe man nun bewusst erst den Weg, „mit den Menschen zu sprechen“. Bevor etwaige Fristen zu laufen begännen. Das – und das Thema der Beteiligung – habe man nach der Vorstellung des Projektes auch als Auftrag seitens der Politik und Verwaltung mitgenommen.
Fakt sei: „Auch wenn wir nach nationalem Recht planen, bringen die Windenergieanlagen sichtbare Veränderungen sowohl für die deutschen als auch die niederländischen Nachbarinnen und Nachbarn mit sich“, betont auch Maximilian Wolf, Abteilungsleiter Erneuerbare Energien bei den Stadtwerken Münster. Bei der Windwanderung sei man an der Seite der Anwohner gar auf deren Grundstücke gegangen, um per Visualisierung am Laptop einen Eindruck von der künftigen Optik zu schaffen. „Das wurde gut angenommen, es wurden viele Fragen gestellt“, erklärt Melanie Wilbrand.
Neben der Information sei es eben auch wichtig, die Südlohner und Winterswijker finanziell am Projekt zu beteiligen. Das „Angebot“: Sollten die vier Windräder gebaut werden, ist für die Adressen, die sich im Umkreis von 750 Metern rund um die Anlagen befinden, ein Nachbarschaftsgeld in Höhe von 2.500 Euro geplant. Sprich auch für die betroffenen Adressen „jenseits der Grenze“.
Außerdem könnten sich bekanntlich bevorzugt die Südlohner, Stadtlohner und Winterswijker Bürgerinnen und Bürger in Form eines festverzinsten Nachrangdarlehens an dem Projekt beteiligen. Südlohn und Stadtlohn profitieren darüber hinaus über eine Gemeindebeteiligung von der Windernte. Südlohn erhält außerdem einen Großteil der Gewerbesteuereinnahmen, sollten die Windenergieanlagen in Betrieb gehen. Und: Das Angebot an die Lokalwerke zur Zusammenarbeit stehe.
Inbetriebnahme frühestens 2026
„Wir befinden uns noch im Planungsstadium“, betont Pressesprecherin Juliette Polenz. Derzeit würden die Unterlagen für das Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz zusammengestellt, so dass der Antrag voraussichtlich im Frühjahr 2024 bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Kreis Borken, eingereicht werden könne. „Läuft alles glatt, könnten die Anlagen frühestens Anfang 2026 in Betrieb gehen“, meint Melanie Wilbrand.
Zurück zum „Gegenwind“ aus den Niederlanden: Planerisch würden alle gleich behandelt. „Bei Schutz von Umwelt und Mensch ist die Grenze gleich“, betont Melanie Wilbrand. Auch wenn die Argumente noch nicht bei allen auf „offene Ohren“ stießen, so werde man weiter Überzeugungsarbeit leisten. Neben mangelnder Information hatten die niederländischen Anwohner bekanntlich vor allem die markanten Auswirkungen auf den Landschaftsschutz in den Mittelpunkt ihrer Kritik gestellt.
- Am Mittwoch (29.11.) findet zum Thema Windkraft ab 18 Uhr wie angekündigt die Sondersitzung des Rates im Rathaus statt. Auf der Tagesordnung (hier öffentlich) steht neben diesem auch das Projekt der Windenergie Wellingbach GbR (Stellungnahme der Gemeinde Südlohn im immissionsschutzrechtlichen Vorbescheidsverfahren).
- Die Arbeitsgruppe Winterswijk-Ratum/Kotten hat ihre Teilnahme angekündigt, ebenso ruft sie zu 17 Uhr ihre Mitglieder zu einem Protest auf. Gleichzeitig teilt sie per Brief an die Verwaltung und an den Kreis Borken mit, dass eine Petition gegen den Bau der Anlagen ins Leben gerufen worden sei.