Fanz-Josef Rickers ist auch in seiner Kunst politisch. Hier bei einer Tafel mit besonderem Appell.

Fanz-Josef Rickers ist auch in seiner Kunst politisch. Hier bei einer mit besonderem Appell. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Die zwei Berufsleben des Franz-Josef Rickers: Grabsteine und Kunst

rnSteinmetz hört auf

Franz-Josef Rickers‘ (66) Plan ist aufgegangen: Pünktlich zum offiziellen Datum geht er in den Ruhestand und freut sich auf viele neue Möglichkeiten. Südlohn aber verliert den einzigen Steinmetz.

Südlohn

, 26.08.2022, 17:34 Uhr / Lesedauer: 3 min

Rund um das Haus Ant Kruse Bömken 3 sieht es eigentlich so aus wie seit vielen Jahren schon. Vor dem Laden des Steinmetzes Franz-Josef Rickers gibt eine kleine Ausstellung mit Grabsteinen einen Eindruck vom Aufgabenbereich des Hausherrn.

Im Laden-Inneren aber, wo Informationsmaterial und Grabzubehör angeboten werden, kündigen kleine gelbe Zettel auf den Tischen an, dass sich etwas verändern wird. Danke, Danke, Danke sagt Südlohns einziger selbstständiger Steinmetzmeister, der gleichzeitig auch Steinbildhauermeister ist, dort seinen Kunden.

So sah das Werzeug eines Steinmetzes auch vor Hunderten von Jahren schon aus.

So sah das Werzeug eines Steinmetzes auch vor Hunderten von Jahren schon aus. © Christiane Hildebrand-Stubbe

„Für Ihre Treue und die vielen guten Geschäftsbeziehungen in dieser langen Zeit.“ Die Rede ist von mehr als einem halben Jahrhundert, von 51 Berufsjahren, 42 davon als Meister und 35 in Selbstständigkeit in Südlohn.

Das aber ist nach dem 1. Oktober Vergangenheit. Dann schließt Franz-Josef Rickers die Ladentür ab. Endgültig. Seine Begründung: „Ich möchte noch etwas vom Leben haben, zusammen mit meiner Frau, die im kommenden Jahr pensioniert wird.“ Das heißt was genau?

Mehr Muße, mehr Zeit für die Hobbys

„Wir möchten mehr reisen und auch mehr Zeit für unsere Hobbys haben.“ Vor allem für das Hobby Nr. 1: als Teilnehmer der mittelalterlichen Heerlagergruppe „Die Steinbeißer“.

Aber auch für das Singen im Kirchenchor und das Engagement in den Arbeitskreisen „Gegen Rechtsextremismus und Gewalt, für Toleranz“ oder „Gegen das Vergessen“ soll mehr Raum im Leben des Ehepaares Rickers geschaffen werden.

Seine aktuelle Arbeit. Eine Auftragsarbeit für einen seiner Mittelalter-Freunde: die Chimäre, teils Engel, teils Drachen.

Seine aktuelle Arbeit. Eine Auftragsarbeit für einen seiner Mittelalter-Freunde: die Chimäre, teils Engel, teils Drachen. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Was aber lässt Franz-Josef Rickers zurück? Nach seiner Ausbildung bei der Steinmetz-Firma Kramer an seinem Geburtsort Münster, die im Bereich der Massivrestaurierung tätig war, führt ihn seine Gesellenzeit nach Havixbeck, wo sich die Firma Fark auf die Restaurierung von Kirchen spezialisiert hatte.

Ein Einsatz, der sogar in einer Metallhülle im Innern der Lamberti-Kirche dokumentiert ist – auf einem Schriftstück mit dem Namen der beteiligten Mitarbeiter. Als kleines Dankeschön des damaligen Pfarrers für ihre spontane Hilfsbereitsschaft bei der Fertigstellung des Altars.

Start als Steinmetz in Südlohn

1981 folgt die Meisterprüfung, danach fünf Jahre in Hamburg, wo er auch seine Frau Susanne kennenlernt, und schließlich die Rückkehr ins Münsterland. „Beim Verein für Soziale Dienste (VFS) der Stadt Ahaus habe ich eine Stelle angetreten“, erzählt er.

Und da die Anfahrt von Münster recht umständlich ist, mieten sie sich ein Haus in der Lohner Straße. Nachdem sich der VFS aufgelöst hat, meldet Franz-Josef Rickers im März 1987 ein Gewerbe als Steinmetz an: „Am Freitag, 13., mein Glückstag.“

Ein traditionelles Werkzeug: ein Vielzahn.

Ein traditionelles Werkzeug: ein Vielzahn. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Zwar ist er weiterhin im Restaurierungsbereich tätig, vor allem aber im Bau: Fensterbänke, Böden, Treppen in Naturstein zum Beispiel. Schließlich gilt es auch mit zum Unterhalt der Familie mit schließlich drei Söhnen, beizutragen.

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Grabsteine sind auch da schon ein Thema, aber das Haus an der Lohner Straße ist für diesen Geschäftszweig nicht unbedingt förderlich. Das ändert sich vor elf Jahren deutlich, als das Ehepaar sein jetziges Wohnhaus kaufen kann. Es liegt genau gegenüber dem Friedhof.

Die Kreativität des Steinbildhauers

Seitdem ist das eine Rickers’sche Berufsleben bestimmt durch die Gestaltung von Grabsteinen, bis hin zu deren Aufstellung auf dem Friedhof. Ein Bereich, der sich wie die Bestattungskultur, inzwischen deutlich verändert hat. Aufwendige Stelen oder Monumente aus Sandstein sind heute eher seltenere Aufträge.

Steine für die Mittelalter-Community.

Steine für die Mittelalter-Community. © Christiane Hildebranad-Stubbe

Praktisch und vor allem pflegeleicht sollen die Grabsteine sein. Meist bietet sich dafür Granit an. An die Kreativität des Steinmetzes werden da aber keine hohen Ansprüche gestellt. Er ist dann meist nur für das Beschriften und Ausgestalten der industriell hergestellten Steine zuständig.

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Die Kreativität lebt Franz-Josef Rickers deswegen auf einem anderen Feld aus – auf dem der Kunst, als Steinbildhauer – tatsächlich sein zweites Berufsleben. Im Ort kennt man seine Kunst. Ob die Stele am Platz der Synagoge, den Stein aus der Gräfte, in den er den Artikel 1 des Grundgesetzes gehauen hat, oder die Weltkugel auf dem Besinnungsweg – Franz-Josef Rickers bezieht auch mit seiner Kunst Stellung.

Wie auch bei der Sandstein-Skulptur „Der Schrei“ für den Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus, mit der er die dramatische Situation der Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer thematisiert hat.

Handwerker wie im Mittelalter

Sandstein, gerne der Baumberger („der ist feinkörniger“) ist Rickers bevorzugtes Material. Aktuell auch bei seiner aktuellen Arbeit, ein privater Auftrag aus der Mittelalter-Community. Nur in Umrissen wird erkennbar, was aus dem Sandsteinblock mal werden soll: eine Chimäre, halb Engel, halb Drachen - mit Widderhörnern und Schwanz. Auch bei der Gestaltung dieser Skulptur wird deutlich, dass Franz-Josef Rickers noch eine weitere Verbindung zur Mittelalterfanszene hat: „Ich arbeite mit den gleichen Werkzeugen wie vor 100 Jahren.“

Die kleine Grabstein-Ausstellung vor dem Haus Rickers. Die Kreativität des Steinmetzes wird hier allerdings nicht wirklich gefordert.

Die kleine Grabstein-Ausstellung vor dem Haus Rickers. Die Kreativität des Steinmetzes wird hier allerdings nicht wirklich gefordert. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Hauptsächlich mit Hammer und Meißel, aber auch mit Werkzeugen, deren Namen kurios klingen: Vielzahn oder Knüpfel zum Beispiel. Die werden auch nach dem 1. Oktober gebraucht werden: „Aber nur noch für die Hobbyarbeit.“