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Dramatische Trinkwasser-Not: Dreht SVS in zwei Tagen den Hahn ab?
Wasserknappheit
Die Lage spitzt sich immer mehr zu. In Stadtlohn, Vreden und Südlohn könnte schon in zwei Tagen kein Trinkwasser mehr fließen. Die Bürgermeister appellieren dringend an die Bevölkerung.
Krisenstimmung in Vreden, Südlohn und Stadtlohn. Die anhaltende Hitze und der ausbleibende Regen haben dafür gesorgt, dass die Wasserknappheit bedrohliche Maße angenommen hat. Vor allem die enorme Bewässerung der Gärten sorgt dafür, dass in den Abendstunden der Wasserverbrauch explodiert. Der Pegel im Trinkwasserspeicher sinkt aktuell täglich um einen halben Meter. Nur noch 1,5 Meter betrug der Pegelstand am Dienstagabend.

Ernste Gesichter beim Krisengespräch (v.l.) Günter Wewers, Erster Beigeordneter der Stadt Stadtlohn, Bürgermeister Dr. Christoph Holtwisch (Vreden), Bürgermeister Christian Vedder (Südlohn) und SVS-Geschäftsführer Thomas Spieß. © Johannes Schmittmann
„Wenn es so weitergeht, müssen wir in zwei Tagen das Wasser abstellen. Es handelt sich hier nicht mehr um Prävention“, erklärt Thomas Spieß, Geschäftsführer der SVS-Versorgungsbetriebe, mit ernster Miene. Der erste Appell an die Bevölkerung, das Rasensprengen einzustellen, hat anders als im vergangenen Jahr nicht gefruchtet. „Uns stehen 500 Kubikmeter zur Verfügung, aber 1000 Kubikmeter werden verbraucht. Da kann man sich vorstellen, was passiert, wenn das Delta sich potenziert“, so Thomas Spieß. Am Mittwochnachmittag lud er deshalb zur Krisensitzung ins Wasserwerk in Stadtlohn-Hundewick.
„Stehen vor einem Szenario, das sich keiner ausmalen kann“
Die Stimmung ist ernst, die Köpfe qualmen nicht nur wegen der Hitze. „Wir stehen vor einem massiven Szenario, das sich weder die Bevölkerung noch wir uns ausmalen können – und auch nicht wollen“, sagt Dr. Christoph Holtwisch, Bürgermeister der Stadt Vreden. Er setzt auf die Vernunft der Bürger. „Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass der freiwillige Weg der richtige ist.“
Von ordnungsbehördlichen Maßnahmen will auch sein Südlohner Amtskollege Christian Vedder nichts wissen: „Das halte ich für den völlig falschen Weg. Es geht ja nicht darum, auf das Glas Wasser oder die morgendliche Dusche zu verzichten. Aber wir müssen abwägen, ob wir weiter Trinkwasser haben möchten oder unsere Pflanzen vielleicht mal ihre Köpfe hängen lassen.“ Brauner Rasen erhole sich zum Beispiel schnell.
Fehlender Niederschlag als Hauptproblem
Günther Wewers, Erster Beigeordneter der Stadt Stadtlohn, vertritt seine Kommune bei der Krisensitzung. Er glaubt zu wissen, warum der Ernst der Lage in diesem Jahr noch nicht bei den Bürgern angekommen ist: „Viele Leute denken, dass es ja erst seit vier Tagen wirklich heiß sei. Sie verkennen aber die Situation.“ Der Unterschied zum Vorjahr ist der zurückliegende Winter. „Der Niederschlag ist ausgeblieben. Dadurch fehlen die Reserven“, erklärt Thomas Spieß.

Mit dieser Grafik verdeutlichte SVS-Geschäftsführer Thomas Spieß die dramatische Entwicklung. Die Trendkurve des Trinkwasserbrunnes läuft gegen Null. © SVS
Er nimmt die Bürger in die Pflicht. „Wir können das Problem nur lösen, wenn sich das Nutzungsverhalten ändert. Das betrifft nicht nur das Rasensprengen, sondern auch das Thema Pool. Das sind riesige Mengen an Wasser, die dort versenkt werden. Dabei sind die Freibäder offen und wunderschön.“ Er wiederholt sein Credo der vergangenen Jahre: „Wasser ist das Grundnahrungsmittel von Mensch und Tier. So sollten wir auch damit haushalten.“
Im Ernstfall wird nur das Krankenhaus versorgt
Doch was passiert, wenn der Ernstfall eintritt? „Dann müssen wir das Wasser abstellen und in den Notbetrieb wechseln. Vorrang haben dann natürlich die Krankenhäuser“, so der SVS-Geschäftsführer. Man müsse damit rechnen, dass es dann für mehrere Stunden aus dem Wasserhahn nur noch tropfe. Denn auf die Reserven der Nachbarkommunen kann nicht so einfach zugegriffen werden. „Wir haben eine Anbindung an Borken, aber die Situation ist ja auch in den anderen Kommunen nicht so rosig“, sagt Christian Vedder. Auch mit den Landwirten wurde bereits über das drohende Szenario gesprochen.
Am Wochenende freier Eintritt in die Freibäder
Bei der Suche nach Lösungen für das Problem, präsentiert sich der Krisenstab kreativ. Der Vorschlag, die Freibäder am Wochenende kostenlos zu öffnen, damit die Leute das Interesse an ihrem Pool verlieren, findet bei allen Anwesenden Zustimmung. „Wir versuchen, damit ein positives Signal zu senden und hoffen, dass die Bevölkerung das Angebot gut annimmt“, erklärt Christoph Holtwisch. Mit der Hoffnung ist er dieser Tage nicht alleine.
1991 in Ahaus geboren, in Münster studiert, seit April 2016 bei Lensing Media. Mag es, Menschen in den Fokus zu rücken, die sonst im Verborgenen agieren.
