
In Stadtlohn hatte ein Ahauser mit Drogen gedealt, in Ahaus war er mit diesen erwischt worden: Dafür musste sich ein heute 20-Jähriger vor Gericht verantworten. © Montage: Klose
Wegen Schulden: Ahauser (20) dealt, um die „schnelle Mark“ zu machen
Drogenhandel
Fast 100 Mal hat ein heute 20-Jähriger Drogen verkauft. Der Ahauser hatte bei Online-Geschäften Schulden gemacht. Letztendlich überzeugte vor allem sein aktuell positiver Lebenswandel.
An die 100 Mal hatte ein Ahauser in Stadtlohn Drogen verkauft – das teils als Heranwachsender und über einen längeren Zeitraum. Dazu war er im Ahauser Schlossgarten auch noch mit selbigen erwischt worden. Der heute 20-Jährige wollte auch gar nichts beschönigen.
Diese Offenheit und der Wille, die Kurve zu kriegen im Leben, kamen auch bei Staatsanwältin und Jugendschöffengericht an. Und so gab es noch einmal eine verhältnismäßig milde Strafe. „Selten war ich mir so sicher, dass ein Junge keine schädlichen Neigungen verfolgt hat“, brachte es der Richter auf den Punkt.
Die Verlesung der Anklagepunkte dauerte an diesem Donnerstagmorgen allerdings ein wenig länger: Ursprünglich in 134 Fällen soll der damals 18- und 19-Jährige in Stadtlohn unter anderem an gesondert verfolgte Kundinnen und Kunden Drogen verkauft haben. Meist kleine Mengen Marihuana, aber auch Ecstasy. Die Kontaktaufnahme sei über Whatsapp erfolgt, über viele Monate bis Januar 2021, hieß es. Zudem war der Ahauser im Februar 2021 im Ahauser Schlossgarten bei einer Polizeikontrolle mit etwas Marihuana und Haschisch auffällig geworden.
Anklagepunkte werden korrigiert
Das wolle er auch gar nicht bestreiten, gab der 20-Jährige umgehend zu. Allerdings passe bei einem Kunden der Zeitraum nicht: „Ich habe erst im Oktober, November 2020 angefangen zu verkaufen“, sagte er. Am Ende standen noch 94 Fälle zur Debatte, insgesamt 1670 Euro erlangte der Dealer dadurch. Das Verfahren bezüglich der 40 weiteren Handlungen wurde vorläufig eingestellt.
Warum er das getan habe, fragte der Richter. „Ich war jung, hab‘ viel im Internet bestellt. Und dabei Schulden gemacht“, antwortete der Ahauser. Als Azubi hätte das Geld nicht gereicht, da habe er gehört, dass es „so schnell Geld zu verdienen“ gebe. „Sie geben also zu, dass Sie gehandelt haben, um Geld zu verdienen, weil Sie auf zu großem Fuß gelebt haben“, stellte der Richter fest. Der Angeklagte ergänzte, dass er seinerzeit selbst auch konsumiert habe: „So zwei Gramm am Tag.“
Aus dem Bericht der Jugendgerichtshilfe ging hervor, dass der 22-Jährige vorübergehend wegen Streitereien zuhause ausgezogen und bei einer Bekannten untergebracht gewesen sei. Der Ahauser sei trotz seines jungen Alters in der Lage, sein Unrecht einzusehen. Vorschlag: Jugendarrest.
Im Zuge des Berichts kam auch heraus, dass der Angeklagte noch 80 Sozialstunden aus einem Vergehen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und unerlaubten Entfernens vom Unfallort abzuleisten hat. „Das wollte ich in eine Geldstrafe umwandeln lassen“, meinte er dazu. Weil er wegen der Arbeit die Zeit dazu nicht habe.
Der Richter hielt dem eine „mangelnde Motivation“ entgegen: „Sie hatten mehrfach die Chance, die notwendigen Gehaltsabrechnungen vorzulegen. Die Bereitschaft war da, passiert ist nichts.“ Und so hielt es die Staatsanwältin auch für angebracht, diese Auflage stehen zu lassen als „erzieherische Maßnahme“.
Ahauser lebt wieder in stabilen Verhältnissen
Der 22-Jährige betonte, dass er sich mit seinem Vater wieder versöhnt habe und wieder zuhause eingezogen sei: „Er greift mir bei den Schulden unter die Arme, ich zahle bei ihm ab“, so der Angeklagte. Selbst bestellen dürfe er im Internet auch nicht mehr. Zudem habe er eine neue Arbeitsstelle angetreten.
Allerdings konsumiere er immer noch am Wochenende, um „runterzukommen“. „Aufhören wäre eine geniale Idee“, erklärte der Richter. Das falle ihm noch schwer, entgegnete der Ahauser. Das sollte sich im Urteil widerspiegeln.
Sechs Gespräche in der Drogenberatung, ein Drogenscreening im Anschluss, den Wertersatz von 1670 Euro in Raten sowie Freizeitarrest – dieses Paket schnürte das Jugendschöffengericht. „Das wird sicher ein mieses Wochenende, aber das soll es auch“, bezog sich der Richter auf den Arrest.
Ansonsten hielt er dem Angeklagten einiges zugute: „Sie hatten Schulden, wollten die schnelle Mark machen. Ich glaube, dass es Ihnen leidtut“, so der Richter. Auch die persönlichen Verhältnisse entwickelten sich positiv. „Sie haben überwiegend auch ‚nur‘ mit Gras gehandelt.“ Aber: In der Summe habe er „schon einiges auf den Markt gebracht“. Er habe zudem ein Stadium erreicht, wo allein „schimpfen nicht mehr ausreicht“: „Deshalb die Drogenberatung.“
Richter: „Hören Sie auf zu kiffen“
In der Summe folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft weitgehend, der Verteidiger hielt diesen für angemessen. „Das war sicher keine Glanztat. Ich denke aber, das Jugendstrafrecht passt noch. Man sollte meinem Mandanten bei der guten Prognose keine Steine in den Weg legen. Er versucht, sein Leben in den Griff zu bekommen“, erklärte der Verteidiger.
„Ich glaube, dass dies bei ihm reicht“, meinte auch der Richter. Und er gab dem 22-Jährigen noch einen letzten Tipp mit: „Verdienen Sie ihr Geld legal und geben Sie nur das aus, was Sie haben. Und hören Sie auf zu kiffen.“ Der Freizeitarrest biete die Gelegenheit, mal „reinzuschnuppern“: „Folgen weitere 100 Fälle, dann muss ich doch von schädlichen Neigungen ausgehen.“ Dann sähen die Folgen gewiss anders aus.