
© Christin Lesker
Schiedsfrau Margret Wensing: Schlichten, bevor es vors Gericht geht
Neue erste Schiedsfrau
Wenn Kleinigkeiten zu einem großen Problem werden, versucht die Stadtlohner Schiedsfrau Margret Wensing zu schlichten. Im Ehrenamt gibt sie alles, damit ein Streit nicht vor Gericht landet.
Ein überhängender Ast, eine unüberlegte Beleidigung oder Drohung. Es gibt scheinbare Kleinigkeiten, die in einen Streit ausarten und dann nicht mehr leicht zu lösen sind. In solchen Fällen helfen Schiedsfrauen und -männer. Margret Wensing ist eine davon. Seit drei Jahren steht sie als stellvertretende Schiedsfrau dem ersten Schiedsmann Gerhard Otte zur Seite.
„Herr Otte hat oft sehr gute Ideen“, findet Margret Wensing. Von ihm hat sie in den vergangenen drei Jahren viel gelernt. Um in ihr Ehrenamt zu finden, hat sie den erfahrenen Streitschlichter zunächst begleitet. Bald wird sie sein Amt wahrscheinlich übernehmen. Das Schiedsamt ist kein gewöhnliches Ehrenamt, aber Margret Wensing macht es gerne. „Es ist interessant. Man muss mit und um Ecken denken und dann Lösungen finden.“
Brave Stadtlohner
„Eigentlich sind die Stadtlohner ganz brav“, meint Margret Wensing und muss schmunzeln. Meistens gehe es um Streitigkeiten über harmlose Dinge, wie die zu hohe Hecke des Nachbarn, herumliegenden Strauchmüll oder auch eine Schlägerei zwischen Jugendlichen. Darin besteht für die hauptberufliche Physiotherapeutin der Reiz. „Ich freue mich über die Chance, kleine Probleme, die für die Betroffenen oft ganz groß sind, zu lösen.“
Und wenn das Problem doch nicht so leicht zu schlichten ist, saß er vorher schon tiefer, meint die Schiedsfrau. Gibt es einen kleinen Streit, wendet sich jemand an die Margret Wensing und stellt den Antrag auf ein Schiedsverfahren. Dann kommt die 55-Jährige vorbei, schaut und hört sich alles an und versucht auch mit der anderen Seite zu reden. „Manchmal sind es Tür-und-Angel-Fälle, die lassen sich ohne Verfahren klären.“
Wenn nicht, treffen sich alle Beteiligten zu einem Verfahren im Rathaus, wo Margret Wensing oder Gerhard Otte versuchen den Streit zu klären. Klappt das nicht, können die Antragsteller weiter vors Gericht gehen. Manchmal wundert sich die Schiedsfrau. „Ich hätte nicht gedacht, dass man so viel Respekt vor mir hat. Und man lernt auch sehr viel fürs eigene Leben“, meint sie.
Drohung, Diebstahl und Schlägerei
Um Schiedsfrau zu werden, waren rund zwei Lehrgänge im Jahr nötig. „Das ist immer schön, man lernt tolle Leute kennen und sitzt abends gemütlich zusammen.“ Nur der Lehrgang über Strafrecht hat Margret Wensing nicht so gut gefallen. „Diese ganzen Paragrafen“, seufzt sie und lacht.
Bei den Lehrgängen kommt die 55-Jährige auch ins Gespräch mit anderen Schiedsfrauen und -männern. Dabei fällt ihr auf, dass es in anderen Regionen mehr zu tun gibt. „Im Ruhrgebiet zum Beispiel ist mehr los“, erklärt sie. Dort gehe es auch um Drohungen, Diebstähle oder schwerere Schlägereien. „So etwas haben wir hier nicht.“
In Stadtlohn gibt es meist nur zwei bis vier Fälle im Jahr. Aber Margret Wensing gefällt, wie es läuft. „Es ist eben ein bisschen wie auf dem Dorf hier. Viele kennen sich und wir haben auch Zeit, die Antragsteller richtig kennenzulernen.“
Neue erste Schiedsfrau
Gerhard Ottes fünfjährige Amtszeit ist am 1. Mai vorbei. Bis dahin ist die Margret Wensing noch stellvertretende Schiedsfrau. Danach wird sie vermutlich das Amt der ersten Schiedsfrau von Gerhard Otte übernehmen. Deshalb sucht die Stadt nun nach jemandem, der als neuer Stellvertreter gemeinsam mit ihr die Streitigkeiten in Stadtlohn schlichtet. Aus Erfahrung weiß sie: Eine Schiedsfrau oder -mann sollte auf Menschen zugehen und ihnen zuhören können. „Man sollte offen für jeden Blickwinkel sein und darf keine Partei ergreifen“, macht sie klar. „Und dann ist es gar nicht so wild“, ergänzt sie und lacht.