
© Stefan Grothues
Rollstuhlfahrer und Kinderwagen können jetzt ins Haus Hakenfort rollen
Barrierefreiheit
Hochzeitsort, Vereinstreff, Wahllokal – das Haus Hakenfort ist eine echte Begegnungsstätte. Nur: Frei zugänglich war es nicht für alle. Jetzt aber ist das älteste Haus der Stadt barrierefrei.
Fast 200 Jahre alt ist das Haus Hakenfort. Das älteste Bürgerhaus der Stadt ist seit fast 30 Jahren eine beliebte Begegnungsstätte für Vereine, Nachbarschaften oder Parteien, die die Räumlichkeiten für Vorträge, Ausstellungen oder Aufführungen kostenlos nutzen können. 376 Veranstaltungen fanden dort im vergangenen Jahr statt, davon 44 Trauungen. Auch das SMS-Stadtmarketing hat hier sein Büro.
Rollstuhlfahrer, Menschen mit Rollatoren, Eltern mit Kinderwagen aber hatten bislang ein Problem: Die zwei Stufen vor dem Haus waren für manche ohne Hilfe ein unüberwindbares Hindernis. Und auch auf dem Weg zum großen Veranstaltungsraum in der alten Scheune musste eine Stufe überwunden werden. Außerdem gab es dort bislang keine behindertengerechte Toilette.
Architektonische Gratwanderung
Jetzt sind die Barrieren ausgeräumt. In einer aufwendigen Baumaßnahme wurde im rückwärtigen Bereich des Hauses, der über die Dr.-Joseph-Vogtt-Gasse zu erreichen ist, ein barrierefreier Zugang geschaffen. Die Tür öffnet sich auf Knopfdruck. Eine sanft ansteigende Rampe erlaubt es Rollstuhlfahrern, komfortabel ins Gebäude zu rollen.
Zurzeit geben sich die Briefwähler im Haus Hakenfort die Klinke in die Hand. Auch einige Rollstuhlfahrer und Senioren mit Rollatoren haben schon ihre Stimme abgegeben. „Der neue Zugang kommt super an“, sagt Carolin Heisters, die die Wahlscheine an die Wählerinnen und Wähler ausgibt. Lob ernte dabei nicht nur der barrierefreie Zugang, sondern auch die Gestaltung mit viel Liebe zum Detail.

Der Teufel steckte im Detail: Bürgermeister Helmut Könning, Architekt Hermann Josef Steverding, Fachbereichsleiter Klaus-Dieter Weßing und Jörg Hölscher vom Fachbereich Planen und Bauen (von links) freuen sich über eine guten Kompromiss zwischen Denkmalschutz und Barrierefreiheit. © Stefan Grothues
Das hört Hermann Josef Steverding gerne. Der Architekt hatte eine gestalterische Gratwanderung zu bewältigen. Auf der einen Seite wachte die Denkmalbehörde mit Argusaugen über die historische Bausubstanz. Auf der anderen Seite gibt es genaue Anforderungen und Mindestmaße für barrierefreie Zugänge, über die die Baubehörde des Kreises wacht.
„Der Teufel steckt im Detail“
Mehrfach wurden seit 2018 die Umbaupläne verworfen, neu angepasst und wieder verändert. „Der Teufel steckt im Detail“, sagt Hermann Josef Steverding. Über die nun gefundene Lösung ist er genauso froh wie Bürgermeister Helmut Könning. „Ein lang gehegter Wunsch geht nun in Erfüllung“, freute sich der Bürgermeister am Freitag.
Der komplette WC-Bereich im Zwischentrakt wurde entkernt und umgebaut. Ein Fenster wurde versetzt, die Fugen des angepassten Mauerwerks mussten historisch getreu wieder mit Muschelkalk wieder verfugt werden. Eingriffe in das historische Holz- und Sandsteinmaterial wurden behutsamst ausgeführt. Eine spezielle Falttür im Toilettentrakt hilft, die nötigen Maße einzuhalten.
Umbau kostete inklusive neuer Heizung 250.000 Euro
Weil auch noch manche bauliche Altlast zu Tage trat, wurden die ursprünglich veranschlagten Kosten nicht eingehalten. 210.000 Euro statt der ursprünglich geschätzten 182.000 Euro habe der barrierefreie Umbau gekostet, so Jörg Hölscher vom Fachbereich Planen und Bauen. Hinzu kam noch der Einbau einer neuen Heizung. Kostenpunkt 40.000 Euro.

Das fast 200 Jahre alte Haus Hakenfort ist das älteste Bürgerhaus in Stadtlohn. Jetzt ist es über den rückwärtigen Bereich auch barrierefrei zugänglich. © Stefan Grothues
Das Haus Hakenfort wurde von dem Medizinalrat und Ortshistoriker Dr. Joseph Vogtt (1779 – 1829) erbaut und im Jahre 1808 erstmals bezogen. Dessen unverheirateter Sohn verschenkte das Haus an Carl Hecking. 1875 wurde die angrenzende Scheune zur Betreibung einer Stärkefabrik errichtet. Für eine kurze Zeit diente das Haus als Hotel. Wann das Haus an den Zahnarzt (Dentist) Antonius Hakenfort verkauft wurde, steht nicht eindeutig fest. Auf jeden Fall muss es in der Zeit zwischen 1917 und 1923 gewesen sein.
Seit 1989 Eigentum der Stadt Stadtlohn
Das Haus Hakenfort steht seit 1983 unter Denkmalschutz. Es ist von erheblichem kunsthistorischem und stadtgeschichtlichem Wert. Seit der Zerstörung der Stadt 1945 ist es das älteste Bürgerhaus Stadtlohns. Es stellt nach Einschätzung der Denkmalschützer ein hervorragendes Beispiel frühklassizistischer Häuser im Münsterland dar.
1989 erwarb die Stadt Stadtlohn das Anwesen von der Familie Hakenfort. Mit finanzieller Unterstützung des Landes NRW hat die Stadt Stadtlohn das Haus Hakenfort bis 1992 als Begegnungsstätte saniert und eingerichtet.