Pauline und ihre Mutter sind zum letzten möglichen Impftermin in die Impfstelle nach Selm gekommen.

© Mahad Theurer

Selmer Impfleiter: „Schließung ist wie ein zweites Mal in Rente gehen“

rnImpfstelle in Selm

Am Samstag (29.1.) öffnete das Impfzentrum im Selmer Bürgerhaus zum letzten Mal. Impfleiter Dr. Detlev Bolle beantwortet die Frage, ob der Zeitpunkt der Schließung gut gewählt ist.

29.01.2022, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Am Samstag zwischen 10 und 16 Uhr wird im Selmer Bürgerhaus das letzte Mal geimpft. Die Altersklasse der Fünf- bis Elfjährigen ist heute dran. Pauline ist mit ihrer Mutter gekommen, um sich die zweite Impfung abzuholen. Tapfer nimmt sie den Einstich hin und wird im Anschluss von Dr. Wladimir Kreimann mit einem Piratenpflaster verarztet. Dieser ist eigentlich Selmer Hausarzt, doch macht die Impftermine zusätzlich neben seiner Praxisarbeit. „Je schneller wir durchimpfen, desto schneller gewinnen alle ihre Freiheit zurück“, sagt er.


Auch Sara (11) ist mit ihrer Mutter gekommen, um die zweite Impfung in Empfang zu nehmen. Eigentlich kämen sie aus Bergkamen erklärt Sabine Birk. Sie hätten einfach auf der Seite des Kreises Unna geschaut, wo es den nächsten freien Termin gäbe und sei so nach Selm gekommen. Sara solle vor dem Urlaub ein zweites Mal geimpft werden, damit sie nach der Rückkehr nicht in Quarantäne müsse, so die Mutter. Dass heute die letzte Möglichkeit ist, sich in Selm impfen zu lassen, hätte sie gar nicht gewusst.

Einbruch der Nachfrage

Für Impfleiter Dr. Detlev Bolle ist die Schließung des Impfzentrums wie ein zweites Mal in Rente gehen. „Seit letztem Februar war ich fast täglich draußen“, so der ehemalige Kinderarzt, der eigentlich bereits vor 6 Jahren in den Ruhestand gegangen ist. Mit der Schließung hört auch seine Tätigkeit als Impfarzt auf.
Den Zeitpunkt der Auflösung des Selmer Zentrums findet er angemessen.

„Wir erleben hier zur Zeit einen Einbruch der Nachfrage. Teilweise müssen größere Mengen an abgelaufenem Impfstoff verworfen werden. Das tut in der Seele weh. Irgendwann muss das da auch wirtschaftlich gedacht werden“, sagt er.
Dass heute die Fünf- bis Elfjährigen dran sind findet er wichtig.

„Die höchste Inzidenz haben wir aktuell in der Altersgruppe der 14 bis 19-Jährigen. Danach folgt direkt die Gruppe der Fünf- bis Elfjährigen. Natürlich sind bei den jungen Menschen die Krankheitsverläufe nicht so schwer, aber man muss zum Beispiel auch an die Großeltern denken. Da überwiegt der gesellschaftliche Schutzgedanke.“

132 Impfdosen werden an diesem letzten Impftag in Selm für die Kinderimpfungen gezogen. An einem normalen Tag für Erwachsene seien es im Schnitt 450, so der organisatorische Leiter, Stephan Schwager.

132 Impfdosen werden an diesem letzten Impftag in Selm für die Kinderimpfungen gezogen. An einem normalen Tag für Erwachsene seien es im Schnitt 450, so der organisatorische Leiter, Stephan Schwager. © Mahad Theurer


Daran, dass nicht alle gelieferten Dosen verimpft werden konnten, hätte man wenig ändern können, sagt er. „Das war im 19. Jhr mit den Pocken schon so, im 20. Jhr. mit der Polioimpfung, manche Leute sind halt skeptisch und können sich nicht den entsprechenden Ruck geben“, erklärt er.

„Zwischen sechs- und siebentausend Impfdosen“

Trotzdem wurde in Selm einiges geleistet. Stephan Schwager ist Organisatorischer Leiter des Zentrums und rechnet vor, dass in den 2 Monaten in denen das Impfzentrum in Selm besteht zwischen sechs- und siebentausend Impfdosen verimpft worden sind. Trotzdem empfindet Schwager die Schließung des Zentrums als gerechtfertigt. „ Warum sollte ein riesen Aufwand betrieben werden, wenn die Nachfrage nicht mehr vorhanden ist.“

Man hätte alles versucht, hätte über die Kanäle des Kreises, Facebook, die Medien und Mund-zu-Mund-Propaganda für die Impfaktion geworben, so Schwager. Natürlich gehe die Ortsnähe verloren, aber viele der zu impfenden Personen kämen gar nicht aus Selm, sondern von überall her aus der Region, teilweise sogar aus Münster oder Iserlohn. Außerdem gäbe es noch die Impfstellen in Unna und in Lünen.

In Lünen wird weiterhin in der Kantine der Stadtwerke, in der Borkerstraße 56-58 nach Terminvergabe täglich zwischen 12 und 19 Uhr geimpft. In Unna wird in der Kreissporthalle in der Platanenalle 20a von Montag bis Freitag geimpft.