Verteidiger fordern mehr Informationen aus Finnland

Bandido-Prozess in Münster

War in der Drei-Liter-Wodka-Flasche, mit der ein Bandido-Aussteiger zu seiner aktiven Zeit an einem finnischen Flughafen kontrolliert wurde, tatsächlich hochprozentiger Alkohol - oder etwa Amphetaminöl, wie er im Bandidos-Prozess angibt? Diese Frage wollte das Landgericht Münster am Freitag klären. Das Ziel: Herausfinden, ob der angeklagte Selmer Bandido in großem Stil mit Drogen gehandelt hat.

SELM/MÜNSTER

15.04.2016, 16:02 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wenn im Bandidos-Prozess am Landgericht Münster von Finnland die Rede ist, dann geht es um den Vorwurf des illegalen Amphetamin-Schmuggels. Und dann werden die Anwälte des 46-jährigen Selmer Rockers sofort aktiv. Denn der Kronzeuge der Anklage - ein Bandidos-Aussteiger, der sich an die Polizei gewandt hatte - hatte vor allem den Selmer als Lieferanten des Amphetaminöls und den ehemaligen Bandidoschef als Drahtzieher der Geschäfte belastet. 

Schnaps oder Amphetamin?

Darum ging es auch am Freitag wieder. Um die Aussagen des Kronzeugen zu überprüfen, verlas der Vorsitzende Richter die Vernehmungsprotokolle der beiden finnischen Zollbeamten, die den Kronzeugen bei einem Besuch am Flughafen in Tampere kontrolliert hatten. Gegenüber der finnischen Polizei hatte eine Zollbeamtin bestätigt, dass der Kronzeuge eine Drei-Liter-Wodkaflasche mit sich führte. Ob die klare Flüssigkeit tatsächlich Schnaps oder doch etwa Amphetamin gewesen sei, konnte die Beamtin nicht sagen. Damit wollten sich die Verteidiger nicht zufrieden geben. Sie verlangten vom Staatsanwalt, er solle in Finnland noch mal nachhaken. Die Zollbeamtin sollte erklären, ob die Flüssigkeit gelblich oder zähflüssig gewesen sei.

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Auch wollen die Rechtsanwälte mehr von den Bandidos erfahren, die in Tampere angeklagt waren. Da sie in Münster nicht aussagen wollen, möge der Staatsanwalt klären, ob sie in Finnland vernommen werden könnten. Möglicherweise könne man ihre Zeugenaussagen auch per Videokonferenz in den Saal des münsterschen Landgerichts schalten. Schließlich möchten die Verteidiger auch noch die Richterin des in Tampere abgeschlossenen Bandidos-Prozesses in Münster vernehmen. Von all dem versprechen sie sich Entlastung für ihre Mandanten. Die Strafkammer und der Staatsanwalt wollen sich bemühen, die Wünsche der Verteidiger zu erfüllen.

Parallel laufender Drogenprozess

Am nächsten Dienstag wird der Staatsanwalt aus dem parallel laufenden Drogenprozess vor der Strafkammer erscheinen. Auch in diesem Verfahren wird ein Selmer beschuldigt, in großem Stil mit Amphetamin gehandelt zu haben. Zwei seiner Mitangeklagten hatten von Rauschgiftgeschäften mit dem Selmer Rocker berichtet. Im Bandidos-Prozess machen sie aber von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch. Deshalb ruft nun der Staatsanwalt aus dem einen Verfahren seinen Kollegen aus dem anderen Verfahren in den Zeugenstand.

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