Die Einsatzkräfte übten die Rettung verletzter Menschen aus den beiden Häusern an der Selmer Kreisstraße - und das unter verschärften Bedingungen.

Die Einsatzkräfte übten die Rettung verletzter Menschen aus den beiden Häusern an der Selmer Kreisstraße - und das unter verschärften Bedingungen. © Sylvia vom Hofe

Vermisste und Verschüttete: Großübung von Feuerwehr und THW an Kreisstraße in Selm

rnAbbruchhäuser

Sie konnten die Hand vor Augen nicht sehen. Dennoch sind Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Selm und des Technischen Hilfswerks Lünen am Freitag in zwei Häuser an der Kreisstraße gestürmt.

Selm

, 29.08.2022, 09:40 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wohin, wenn der Appetit auf Döner kommt? Jahrelang gab es in Selm darauf eine Antwort: zu Ali Baba, dem Imbiss an der Kreisstraße 78, der später Günes-Grill hieß. Seit November 2021 ist das kleine Lokal verwaist. Am Freitag (26. 8.) dampfte es dort aber trotzdem wieder mächtig - allerdings, ohne nach Fleisch vom Drehspieß zu duften. Die dicken Schwaden kamen auch nicht aus der Küche, sondern aus dem Keller - genauso wie beim Haus rechts nebenan. Ein Fall für die ehrenamtlichen Retter der Freiwilligen Feuerwehr Selm und des Technischen Hilfswerks Lünen.

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Ab 20 Uhr biegt ein rotes Einsatzfahrzeug nach dem anderen von der Kreisstraße auf die Zufahrt zum Hinterhof von Selms berühmtesten Gebäuderiegel. 2017 hatte die Stadt Selm für 4,2 Millionen Euro acht Häuser gekauft, die Anfang des 20- Jahrhunderts zu Beginn der Bergbau-Ära gebaut worden waren: 39 Wohnungen und 12 Ladenlokale.

Seit dem Jahreswechsel sind auch die letzten Mieter ausgezogen. Die Stadt hatte inzwischen einen Erbpachtvertrag mit dem Bauträger Ten Brinke abgeschlossen, der dort für dm und Netto - beide bereits ansässig in Selm - neu bauen will mit 20 Wohnungen in den Obergeschossen.

Ten Brinke plant Neubau für Netto und dm

Auch wenn offiziell keine Zahlen bekannt wurden, hatte die UWG kolportiert, dass die Stadt „2,5 Millionen Euro bei dem Geschäft vernichtet hat“: in jedem Fall eine Investition in den Städtebau, wie die Mehrheit der Befürworter dagegen hielten. Denn die alten Häuser seien schon lange Bruchbuden. Jetzt sind sie vor allem eines: Übungsobjekte.

Das gilt zurzeit vor allem für zwei der acht Häuser: den ehemaligen Günes-Gill und das Nachbarhaus rechts davon. Die Hofzufahrt dazwischen macht gerade diese beiden Gebäude so attraktiv. „Da können wir unsere Einsatzfahrzeuge leicht parken, ohne zu stören“, sagt Thomas Isermann, der Chef der Freiwilligen Feuerwehr in Selm. Nicht zum ersten Mal waren die Einsatzkräfte dort aktiv, um etwa den Transport von schweren Schläuchen in eng verwinkelten Altbauten zu üben, den Einsatz der Schleifkorbtrage - einer Trage, um Verletzte auch in Schräglage zu transportieren - oder die Nutzung der Wärmebildkamera. Am Freitag gibt es trotzdem eine Premiere.

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Die fast 30 Einsatzkräfte des Löschzugs Selm lassen nach einer Corona-Zwangspause die regelmäßigen Übungen mit dem THW Lünen wieder aufleben. Selm hat keinen eigenen THW-Ortsverband, deshalb sind dort auch Selmerinnen und Selmer aktiv. „Wir üben nicht so häufig wie die Feuerwehrleute Einsätze unter Atemschutz“, sagt THW-Leiter Thomas Wittmar aus Lünen. Auch den Funkverkehr von beiden Einsatzgruppen untereinander abzustimmen und sich einer gemeinsamen Einsatzleitung, die in diesem Fall bei der Feuerwehr liegt, unterzuordnen, sei eine Herausforderung: etwas, das an diesem Freitag alles klappt.

Verpuffung, Explosion und Flammen: ein Horroszenario

Inzwischen qualmt es nicht nur aus den Kellern, sondern auch aus den Fenstern: die Folgen einer Verpuffung, die in einem Haus auch noch ein Feuer ausgelöst hat. Ein Horrorszenario: Menschen sind ohnmächtig oder in Folge der Explosion verschüttet. Tatsächlich sind nur 75 Kilogramm schwere Dummys in den Gebäuden versteckt, und eine Nebelmaschine arbeitet auf Hochtouren. Die Dunkelheit und die verwinkelten Flure sind aber echt. Und das Gewicht der prall mit Wasser gefüllten Löschschläuche, die die Einsatzkräfte schleppen müssen, ebenfalls.

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Nicht zum letzten Mal werden die ehrenamtlichen Retter an der Kreisstraße geübt haben. Einen Termin für den Abriss der Häuser gibt es noch nicht. Vielleicht Ende des Jahres, vielleicht aber auch erst im Frühjahr.