UWG Selm argumentiert gegen neues Pflegeheim

Diskussion um Borker Marktplatz

Mangelnde Marktkenntnis, keine Sanierungsideen, fehlende wohnungswirtschaftliche Erfahrung: Die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) Selm kritisiert die Stadtverwaltung in deutlichen Worten. In einem Brief an unsere Redaktion nimmt Fraktionssprecherin Maria Lipke Stellung.

BORK

, 23.03.2016, 06:05 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Selmer UWG-Fraktionssprecherin Maria Lipke ist sauer. Für die Zukunft des Ortskerns in Bork muss aus ihrer Sicht dringend ein vielseitiges Konzept her - die Stadtverwaltung tue bisher aber nichts dafür. In einem Brief an die Redaktion nimmt sie zur aktuellen Situation Stellung.

Durch die Linie der Stadtverwaltung würden "bereits jetzt, sozusagen planlos, überall Fakten geschaffen", während "die Verantwortlichen im Stadtrat in Kauf nehmen, dass der Ortskern dabei draufgeht“. Damit meint Lipke vor allem die Fraktionen der SPD und der CDU, die sie gern als „GroKo“ – Große Koalition – bezeichnet.

Lieber Wohngebäude für Jung und Alt

Bezugnehmend auf unseren Bericht über ein geplantes Pflegeheim am Borker Marktplatz vom 9. März schreibt Lipke weiter: „Neues Beispiel Marktplatz: Die Stadt braucht Geld und im Kampf um die Betten gibt es anscheinend zahlungskräftige Betreibergesellschaften, die auf dem Marktplatz, der ‚guten Stube Borks‘, ein Pflegeheim errichten möchten.“

Der „Traum vom lichten Wohngebäude für Jung und Alt mit vielen Fenstern und Balkonen“ wäre für sie damit aus. Lipke wünscht sich, dass die Wohnbebauung an dieser Stelle sich zum Marktplatz hin öffnet und auch Außengastronomie wieder eine Chance hat.

"Intelligente Wohnungspolitik sieht anders aus"

Früher gab es das einmal. Im Erdgeschoss verkaufte zum Beispiel „Pommes Gerd“ über 40 Jahre seine Imbiss-Leckereien. Er wohnte auch im Komplex, an der Tür an der Rückseite des Gebäudes steht sein Name noch auf dem Klingelschild. Seinen Imbiss hat er in eine Bude im Industriegebiet verlegt. Eventuell sei ja der Umzug der örtlichen Eisdiele hierher denkbar, so Lipke.

 

Doch für solche Ideen ist bisher noch kein Platz: „Intelligente Wohnungspolitik, die sich auch um junge Familien kümmert, sieht anders aus. Es macht keinen Sinn, einseitig auf neue Baugebiete zu setzen, wenn gleichzeitig die Ortskerne veröden. Man muss sich auch um diesen Bestand kümmern“, schreibt Lipke weiter. „In unserer Stadt setzt man nach dem Motto ‚stationär vor ambulant‘ einseitig auf alte Menschen in sogenannten Seniorenresidenzen, dieses hat auch der Empfang der ‚Neubürger‘ eindrucksvoll bewiesen.“

Die Stadtverwaltung verfolgt mit dem „Integrierten Handlungskonzept“ den Plan der Bürgerbeteiligung, hat aber gleichzeitig – üblich in einem solchen Prozess – ein Experten-Büro mit der Planung beauftragt. Aus den Plänen wird eine Ausweitung des Ortskerns in Richtung Kreisstraße/Adenauerplatz/Neubau Rossmann und Lidl ersichtlich, in dem auch ein Neubau der Volksbank auf der Abrissfläche an der Hauptstraße eine Rolle spielt.

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Diese Pläne hat sie mehrfach mit der Politik, aber auch in Versammlungen mit interessierten Bürgern besprochen. Alle waren dort eingeladen, ihre Ideen einzubringen. Diese wurden an verschiedenen Tafeln zu verschiedenen Ortsteil-Bereichen in Bork im Feuerwehrgerätehaus zusammengetragen. Was daraus wird, ist noch unklar.

Wegweiser für neuen Ortskern

Maria Lipke glaubt, dass auch vernachlässigte Ortskerne zu retten sind: „Dafür gibt es zwar keine Patentrezepte, aber ein paar Wegweiser: sich auf die eigenen Stärken besinnen (Leben mittendrin), das Potenzial und die Wünsche der Bürger beachten. Nutzen, was da ist.“ Sie pocht dabei noch einmal auf den Einbezug der Anwohner: „Was sollen Bürgerversammlungen, wenn letztendlich die Bürger doch vor vollendete Tatsachen gestellt werden?“

Demnächst sollen 39 Altenpflegeplätze in Selm geschaffen werden. Einer der beiden Bewerber ist der Caritas-Verband. Hier gibt es aktuell aber nichts Neues: „Die Ausschreibung läuft und wir warten das Ergebnis ab“, so Vorstand Hans-Peter Benstein. Bürgermeister Mario Löhr sagte am Donnerstag auf Anfrage nur: „Wir sind an einer Vermarktung des Marktplatzes in Bork interessiert.“

Eine intensivere Nutzung ist im Sinne aller 

Wer sich zurzeit am Marktplatz aufhält, kann sich eigentlich nur freuen, dass sich hier bald etwas verändern soll. Das große Gebäude, inzwischen offensichtlich mehr als zur Hälfte leer, sieht schäbig aus. Im Lokal von „Pommes Gerd“ sind die Schaufensterscheiben zum Teil beschädigt und notdürftig zugeklebt. Auf der linken Seite des Gebäudes, wo früher eine Arztpraxis war, ist der Asylkreis Bork mit einer Kleiderkammer untergekommen, um von hier aus die Flüchtlingshilfe zu koordinieren. Im Trakt an der Seite, früher das Zuhause des Supermarkts „Coop“, ist heute die Kleiderkammer „Together Market“ untergebracht. Schön ist es hier, wenn der Markt am Donnerstag geöffnet hat. Ansonsten wirkt es eher trist.

Klar ist: Eine intensivere Nutzung ist im Sinne aller und absolut wünschenswert. Nur wie, da gehen die Meinungen weit auseinander. Am 5. April entscheidet der Kreis Unna, wer in Bork die Pflegeplätze bauen und betreiben kann. Der Rat soll in der vergangenen Woche im nichtöffentlichen Teil der Sitzung grundsätzlich die Absicht erklärt haben, einen Investor oder Betreiber eine Pflegeeinrichtung in Bork bauen zu lassen.