Der Schlachthof Prott ist seit Mitte März geschlossen. Ende Juli wurde der nächsten Tierschutzskandal im Kreis Unna bekannt. © Günther Goldstein
Tierschutz-Skandal
Tierschutz-Skandale im Kreis Unna: Parallelen zwischen Mecke und Prott
Im März geriet das Veterinäramt des Kreises Unna in Beschuss. Damals deckte die Soko Tierschutz Schächtungen im Betrieb Prott in Selm auf - nun Tierquälereien in Werne.
Der Skandal um die Metzgerei Mecke in Werne zieht immer weitere Kreise. Anlass für uns, auf die Zusammenhänge mit dem ersten Fleischskandal dieses Jahres zurückzublicken: die verbotenen Schächtungen bei Prott in Selm. Der folgende Artikel ist erstmals am 28. Juli erschienen.
Es ist der nächste große Tierschutz-Skandal im Kreis Unna. In einer Tiersammel-Stelle der Fleischerei Mecke in Werne wurden Schlachttiere systematisch misshandelt. Rinder, die kaum noch laufen konnten, wurden geschlagen und mit Seilwinden bei vollem Bewusstsein umher geschleift. Das zeigen jedenfalls Aufnahmen, die die Tierschutzorganisation „Soko Tierschutz“ öffentlich gemacht hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, die Sammelstelle wurde vorläufig geschlossen. Der Betreiber sagt über seinen Anwalt, es handele sich nur um eine Aktion einzelner Mitarbeiter.
Anzeige auch gegen den Kreis Unna
Die Aufnahmen sind schwer zu ertragen. Wieder einmal. Erst im März hatte die Tierschutzorganisation Soko Tierschutz einen Schächtskandal im großen Ausmaß in Selm publik gemacht. Über drei Wochen hatten Tierschützer im Schlachthof Prott gefilmt, wie fast 200 Schafe und Rinder ohne Betäubung und mit großer Brutalität geschächtet worden waren.
Auch hier laufen die Ermittlungen noch. Auch hier war der Betrieb sofort geschlossen worden. Die Soko Tierschutz hatte aber nicht nur Anzeige gegen Mitarbeiter des Betriebes Prott gestellt, sondern auch gegen Mitarbeiter des Veterinäramtes in Unna.
Auffälligkeiten gab es schon früher, sagt Soko Tierschutz
Friedrich Mülln, der Gründer der Soko Tierschutz sieht durchaus Parallelen. „Ich denke, dass der Fall Mecke genauso eine Kontinuität hat wie Prott“, sagt Mülln. Damit meint er: Dass es Auffälligkeiten in den Betrieben gibt, sei nicht neu gewesen. Nachdem der Skandal im Selmer Schlachtbetrieb aufgedeckt worden war, kam heraus, dass der Kreis schon 2002 Hinweise auf Schächtungen in dem Betrieb hatte. Ein Verfahren sei aber damals ohne Zustimmung des Kreises mit einem Vergleich eingestellt worden, hatte der Kreis gesagt.
Hier gibt es die Parallele zu Mecke. Auch Mecke war offenbar schon zuvor auffällig geworden. Hinweise von Mitarbeitern legten nahe, dass es die Tierquälerei in der jetzigen Form schon seit zehn Jahren gegeben habe, sagt Friedrich Mülln. Auch die Soko Tierschutz selbst habe schon 2018 Hinweise erhalten. Damals hatte der Informant allerdings die Sammelstelle nicht erwähnt, wo die schockierenden Aufnahmen entstanden sind und die Hinweise ließen sich nicht erhärten.
Personelle Konsequenzen gefordert
Friedrich Mülln spricht von einem erneuten Versagen der Veterinärbehörden im Kreis Unna. „Da mangelt es an Interesse, Ernsthaftigkeit und Professionalität“, sagt er. Aus dem Fall Prott habe man nichts gelernt, sonst hätte man „die üblichen Verdächtigen“ stärker kontrolliert, meint Mülln.
Weiterhin fordert der Soko-Gründer personelle Konsequenzen beim Kreis, unter anderem solle der zuständige Kreisveterinär seines Postens enthoben werden. Mülln sagt, es habe noch weitere Hinweise gegeben, auch noch aus anderen Orten im Kreis Unna. „Wir können unsere Arbeit aber nicht komplett nach Unna verlegen, wir sind in ganz Deutschland im Einsatz.“
Kreissprecher Volker Meier bestätigt noch einmal, dass es sich bei der Schließung lediglich um eine Schließung der EU-Sammelstelle handele. Die anderen Stellen des weit verzweigten Unternehmens betrifft das nicht. Schließlich habe der Kreis nur die Kenntnisse aus dem Videomaterial, das die Sammelstelle zeigt. „Im Bereich der Fleischverarbeitung liegt uns kein Material vor“, sagt Meier.
Kreis äußert sich nicht konkret
Zu konkreten Fragen im Fall Mecke - sowie auch im Bereich Prott - äußert sich der Kreissprecher nicht. Wann, wie, wo, von wem kontrolliert wurde, legt der Kreis in keinem der Fälle offen. Auch nicht, welche Erkenntnisse der Kreis schon früher zu Mecke hatte. Wie zwei so große Skandale der Veterinärbehörde innerhalb kurzer Zeit passieren können und ob personelle Konsequenzen nötig sein: Auch dazu sagt Meier nichts.
Er schweigt mit Verweis auf die noch laufenden Verfahren. Nur so viel: „Wir machen uns Gedanken, wie wir mehr tun können, aber die Verfahren laufen noch“, so der Sprecher. Nach wie vor sagt Meier, was er auch schon beim Fall Prott sagte: Mittel, wie die verdeckte Ermittlung stünden den Behörden eben nicht offen. „Das Material hilft uns, tätig zu werden“, sagt er über die Aufnahmen der Soko Tierschutz.
Und was ist mit dem Verbraucher? Kann der sicher sein, dass das nicht Fleisch, das für Tierfutter gedacht war, plötzlich in der Metzgerei nebenan landet? Das werde eigentlich durch die Fleischbeschau und einen amtlichen Stempel verhindert, sagt Meier. Ohne sich konkret auf diesen Fall zu beziehen, sagt er: „Wenn solches Fleisch in den Handel gelangt, wäre das eine Straftat.“ Der Kreis arbeite mit der Staatsanwaltschaft Dortmund zusammen, helfe bei der Auswertung des sieben Terrabyte umfassenden Materials und auch in diesem Punkt würden die Prozesse überprüft.
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