Stadtwerke übernehmen das Gasnetz in Selm

Von Gelsenwasser

Wann immer Selmer Licht anmachen oder die Gasheizung andrehen: Die Stadt verdient daran – zumindest indirekt. Zum 1. Juli übernimmt Selm Netz das Gasnetz vom bisherigen Eigentümer Gelsenwasser. Jetzt sind die Verträge unterzeichnet. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen.

SELM

, 26.06.2017, 15:13 Uhr / Lesedauer: 2 min
Die beiden Geschäftsführer von Selm Netz, Gerd Treczak und Maria Allnoch, und Bürgermeister Mario Löhr (v.l.).

Die beiden Geschäftsführer von Selm Netz, Gerd Treczak und Maria Allnoch, und Bürgermeister Mario Löhr (v.l.).

9,2 Millionen Euro kostet es die Selm Netz GmbH & Co. KG, das Gasnetz zu übernehmen. Damit baut die Stadt die Kommunalisierung noch weiter aus. Das Energienetz hatte das Tochterunternehmen der Stadt bereits im Juni 2015 vom Stromversorger RWE übernommen. 

War der Vertragsabschluss am Freitag eine Überraschung?

Nein. Der Rat der Stadt hatte am 14. April 2015 einstimmig die Kommunalisierung der Strom- und Gasnetze beschlossen. Eine Bedingung für die Zustimmung: Es darf nicht teurer werden für die Bürger. „Daran sind wir gebunden“, so Bürgermeister Mario Löhr. Für die Bürger werde sich gar nichts ändern.

Gehörte Gas-, Wasser- und Stromnetz in der Vergangenheit schon einmal der Stadt?

Nein, die Stadt war nie Eigentümer. Bislang gehörten die Netze den jeweiligen Betreibern: RWE (heute Innogy) das Stromnetz, Gelsenwasser Energienetze das Gasnetz und Gelsenwasser das Wassernetz.

Sind alle kommunalen Versorgungsnetze inzwischen in der Hand der Stadt beziehungsweise ihrem Tochterunternehmen?

Nein, nur das Strom- und ab Juli das Gasnetz. Mit dem Trinkwassernetz gestaltet es sich schwieriger.

Wird das Wassernetz auch Eigentum der Stadt oder einer ihrer Tochterunternehmen werden?

Wenn es nach dem Wunsch der Stadt Selm ginge, wäre das längst so. Bereits seit Jahren versucht Selm Gelsenwasser, deren Konzession zur Trinkwasserversorgung bereits 2009 ausgelaufen war, das Trinkwassernetz abzukaufen. Doch bislang konnte der derzeitige Konzessionsträger, die Wirtschaftsbetriebe Selm GmbH, die am 13. Juni 2010 zum Zweck der Trinkwasserversorgung gegründet wurden, sein Geschäft nicht aufnehmen.

Der Grund: Gelsenwasser stellt sich quer. Nach dem zwischenzeitlichen Scheitern der Verhandlungen hatte das Oberverwaltungsgericht Hamm zwar den Herausgabeanspruch der Stadt bestätigt, setzte allerdings keine Fristen, bis wann das Trinkwassernetz herausgegeben werden muss. „Wir sind aber weiter im Gespräch“, sagte am Freitag Bürgermeister Mario Löhr. Wann die erneuten Verhandlungen zu einem guten Ende führen könnten, wollte er aber nicht prophezeien.

Warum will die Stadt selbst Eigentümerin der Netze werden?

„Weil sich damit Geld verdienen lässt“, sagt Bürgermeister Mario Löhr. Gerd Treczak, einer der beiden Geschäftsführer von Selm Netz, ergänzt: „Die Kommune wird in Zukunft an den Netzeinnahmen partizipieren. Über die Beteiligung an der Selm Netz ist das positiv für den städtischen Haushalt.“ Treczak hatte die Verhandlungen in den vergangenen Jahren vorangetrieben. Vier Tage vor seinem letzten Arbeitstag, bevor er in den Ruhestand wechselt, kam es zum Vertragsabschluss. „Das freut mich sehr.“

Wer arbeitet außer Treczak noch bei Selm Netz?

Nur noch Maria Allnoch, allerdings nur ehrenamtlich. Sie ist die zweite Geschäftsführerin, hauptamtlich ist sie bei den RWE beziehungsweise bei Innogy beschäftigt. Kein Zufall: Die Stadt Selm war sich mit dem früheren Betreiber des Stromnetzes schnell einig geworden und als Mitgesellschafter in die Selm Netz GmbH eingestiegen – mit 25,1 Prozent der Anteile. Den Rest halten die Stadtwerke Selm.

Betreibt die Selm Netz GmbH denn jetzt auch das Gasnetz?

Nein, genauso wenig wie das Unternehmen das Stromnetz betreibt – bei zwei Mitarbeitern wohl auch kaum möglich. „Wir überlassen das denen, die sich darauf verstehen“, sagt der Bürgermeister. Als Kommune selbst in einem fremden Geschäftsbereich tätig werden zu wollen, hält er für ein Risiko. Innogy betreibt sowohl das Stromnetz als auch künftig das Gasnetz. Allerdings: Das Gasnetz ist noch einmal unterverpachtet worden an ein Unternehmen, das sich gut auskennt: Gelsenwasser Energienetze, der bisherige Eigentümer. Ein Dienstleistungsvertrag läuft bis Ende 2025, wie Vertreter von Gelsenwasser und Innogy am Freitag auf Anfrage bestätigten.