Stadt Selm soll Gesamtschule prüfen „Eine Schule wird dabei draufgehen“

Stadt Selm soll Gesamtschule prüfen: „Eine Schule wird dabei draufgehen“
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Diskussionen gab es in den vergangenen Jahren viele. Vor allem im Schulausschuss wurde über das Für und Wider einer Gesamtschule in der Stadt immer wieder debattiert. Zu Ergebnissen kam es dabei allerdings nie. Ein Vorstoß der UWG im vergangenen Jahr, die Einführung einer Gesamtschule von der Stadtverwaltung prüfen zu lassen, fand keine Mehrheit. Nun gab es Unterstützung durch die SPD.

Dem Rat legten die beiden Parteien einen gemeinsamen Antrag vor. Darin forderten sie die Beauftragung der Stadtverwaltung, „alle notwendigen Maßnahmen sowie die rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen, um die jetzige Selma-Lagerlöf-Sekundarschule zu einer Gesamtschule weiterzuentwickeln“.

In ihrem dreiseitigen Antrag begründeten die Fraktionsvorsitzenden Jürgen Walter (SPD) und Hubert Seier (UWG) ihre Forderung unter anderem mit dem Wunsch vieler Selmer Eltern, ihre Kinder auf eine Gesamtschule zu schicken. Den vielen Anmeldungen von Selmer Kindern an Gesamtschulen in benachbarten Städten stehe eine sinkende Anmeldezahl an der Sekundarschule gegenüber. „Dieser landesweite Trend ist dem Elternverhalten zuzuordnen, die bei der Schulwahl immer mehr die Gesamtschule favorisieren“, so die Antragssteller.

Beste Schulformen für Selm

Dem Wunsch wollen UWG und SPD nachkommen. „Kinder, die in Selm eine Gesamtschule besuchen wollen, sollen das auch in Selm können“, richtete SPD-Fraktionschef Jürgen Walter sein Wort vor allem in Richtung CDU, die den Plänen in der Vergangenheit ablehnend gegenüberstand. Daran hat sich auch nichts geändert.

„So eine Schule passt nach Olfen oder Nordkirchen, aber nicht nach Selm, wo wir ein bestehendes Schulsystem haben“, ist Michael Merten überzeugt. In der Stellungnahme der CDU stellte der Vorsitzende des Schulausschusses nicht in Abrede, dass eine Gesamtschule im Einzelfall als bessere Schulform gesehen werden kann. „Wir als CDU Selm möchten keine Diskussion über die bessere Schulform, sondern um die besten Schulformen für Selm! Das ist ein großer Unterschied“, so Merten.

Den Antragsstellern warf er vor: „Sie drehen sich die Zahlen, wie es Ihnen gefällt.“ Dass Schülerinnen und Schüler in anderen Städten zur Schule gehen, habe immer auch individuelle Gründe wie Wohnortnähe oder Erfahrungen von Geschwisterkindern.

Gute Lernergebnisse

Als „anrüchig“ bezeichnete Michael Merten den Hinweis im Antrag, dass 80 Prozent der Gesamtschüler ihr Abitur schaffen, obwohl sie in der Grundschule keine Empfehlung für ein Gymnasium erhielten. „Mit dieser Zahl möchten sie doch suggerieren, dass man nur auf der Gesamtschule noch ‚die Kurve‘ kriegen kann“, so Merten. Auf Gymnasium und Sekundarschule würden aber ebenfalls gute Lernergebnisse erzielt.

UWG-Fraktionschef Hubert Seier fordert schon viele Jahre eine Gesamtschule für Selm.
UWG-Fraktionschef Hubert Seier fordert schon viele Jahre eine Gesamtschule für Selm. © Foto: Tobias Weckenbrock

Er habe mit allen fünf Schulleitungen in der Stadt gesprochen, berichtet Merten. Die hätten ihm bestätigt, dass eine Gesamtschule nicht in die bestehende Schullandschaft passe.

UWG-Fraktionschef Hubert Seier habe dagegen in Gesprächen mit den Schulleitungen von Sekundarschule und Gymnasium keine ablehnende Haltung gegenüber einer Gesamtschule festgestellt. Sekundarschulleiterin Karin Vogel habe geäußert, dass ihre Einrichtung ohnehin als Gesamtschule ohne gymnasiale Oberstufe betrachtet werden könne.

Konkurrenzkampf um Schüler

Das brachte die CDU zum nächsten Grund einer Ablehnung der Gesamtschule. Die Christdemokraten befürchten einen Konkurrenzkampf um die Schülerzahlen – vor allem in der Oberstufe, wenn diese von zwei Schulen in Selm angeboten wird. „Jeder, der Abitur gemacht hat, weiß, dass die Schüleranzahl ein wesentlicher Gesichtspunkt der Fächervielfalt in Grund- und Leistungskursen ist. Wenn sich also zwei Schulen vor Ort gegenseitig die Oberstufenschüler wegnehmen, bleibt nicht viel mehr, als die Pflichtkurse abzubilden“, ist Michael Merten überzeugt. Er prognostiziert: „Eine Schule wird dabei draufgehen.“

Hubert Seier kommentiert das so: „Das ist vollkommen albern. Die größte Konkurrenz für ein Gymnasium ist ein anderes Gymnasium.“ Durch eine Kooperation im Bereich der Leistungskurse könne nicht nur das Angebot der Kurse erweitert, sondern auch das Gymnasium gestärkt werden, sind SPD und UWG überzeugt.

Mehrheit unterstützt Antrag

Michael Merten und seine Partei bleiben allerdings dabei: Sie lehnen die Prüfung einer Gesamtschule ab – und stellen die Sinnhaftigkeit infrage. „Somit wird außer Kosten und Personal-Ressourcen nichts weiter herauskommen. Geld und Personalstunden sind im städtischen Haushalt ein Luxusgut und wir müssen deswegen hierauf ein besonderes Augenmerk legen“, so Merten.

Mit Stimmen von SPD, UWG und Grünen erhielt der Prüfauftrag im Rat dennoch eine Mehrheit. „Wenn alle Seiten später sagen, dass es das beste System ist, dann ist es wohl das beste. Ich glaube da aber nicht dran“, kommentiert Michael Merten die Abstimmung.

Hubert Seier kündigt an, bei den nächsten Sitzungen des Schulausschusses nachzuhaken, wie weit die Prüfungen einer Gesamtschule fortgeschritten sind. So wird die Debatte auch künftig auf der Tagesordnung der politischen Gremien stehen.

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