
Noch steht der Weizen auf Selmer Feldern gut im Korn. Wenn jetzt aber Temperaturen über 30 Grad kommen sollten, können die Körner nicht fertig ausreifen und brennen ein. © Günther Goldstein
Ernte: Selmer Landwirte blicken mit Sorge auf die kommenden Wochen
Getreideernte
Die Erntemaschinen fahren wieder über Selmer Felder: Die Getreide-Ernte hat begonnen. Bisher hat das Wetter in diesem Jahr gut mitgespielt, doch jetzt wird es kritisch.
Überall fahren die Erntemaschinen über Selmer Felder. Gerste wird bereits eingeholt. In diesem Jahr gut zehn Tage früher als sonst, sagt der Selmer Landwirt Markus Wiesmann. Gerste, Triticale, Weizen, Dinkel, die Ackerbohne und Mais baut er als Futtermittel für seine Schweine an. „Wir haben später als die meisten anderen mit der Gersten-Ernte angefangen“, sagt Wiesmann.
Am 1. Juli hatte ein Gewitter die Gerstenbestände verhagelt. 70 Prozent der Ernte sei dabei kaputt gegangen. Der Rest wird jetzt eingeholt. „Der Weizen hat zum Glück nur minimale Schäden abbekommen“, zeigt sich der Landwirt erleichtert, „und der Dinkel gar nichts.“
Landwirt blickt zuversichtlich auf die Ernte
Trotz des Hagelschadens blickt er zuversichtlich auf die diesjährige Erntesaison. „Wir haben hier viel Regen abbekommen. Aber in anderen Regionen gab es extreme Trockenheit. Im Osten von Deutschland gibt es in diesem Jahr zum Beispiel eine sehr schlechte Ernte.“

Markus Wiesmann mit seinen Duroc-Schweinen. Den Hof Wiesmann gibt es bereits seit mehreren Generationen. © Foto Wiesmann
Auf die Ernte der Triticale, des Weizens und des Dinkels blickt er entspannt. Nur der Mais bereitet ihm in Hinblick auf die angekündigte Hitzewelle Sorgen: Der könnte noch viel Wasser vertragen.
„Wenn es in den nächsten Wochen so trocken bleibt, wird es hier riesige Schäden und dann eben Mindererträge geben“, sagt Wiesmann. Gemeinsam mit seiner Frau hat er vor 15 Jahren den seit Generationen von der Familie geführten Betrieb übernommen.
Getreidepreise sehr hoch
Unruhig machen ihn auch die Getreidepreise. Die seien von Börsenspekulationen abhängig und wegen des Krieges in der Ukraine im Moment besonders hoch. Im Moment liegt Weizen bei etwa 30 Euro pro Dezitonne (= 100 kg), im vergangenen Jahr waren es noch 19 Euro. Bei der Gerste sind es 26 bis 28 Euro pro Dezitonne. 2021 waren es 17 Euro.
„Bei den aktuellen Schweinepreisen lohnt es sich kaum, die Ernte zu verfüttern“, gibt Wiesmann zu Bedenken. „Und durch den Hagelschaden müssen wir in diesem Jahr sogar Futtermittel dazu kaufen. Für Veredelungsbetriebe wie den unseren sind die hohen Getreidepreise schon besonders schlimm.“ Als Veredelungsbetriebe werden die Betriebe bezeichnet, die pflanzliche in tierische Agrarprodukte umsetzen.
Wetter der nächsten zwei Wochen entscheidend
Phillipp Witthoff, Vorsitzender des Ortsvereins Selm des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands, hört von seinen Kollegen allgemein in diesem Jahr von einer überdurchschnittlich guten Gersten-Ernte. „Wir hatten ein mildes Frühjahr und noch ausreichend Feuchtigkeit im Boden“, erklärt er. In den nächsten 14 Tagen stehe nun Roggen, Triticale und Weizen an.

Dieser Tage fahren die Mähdrescher über die Felder. © Günther Goldstein
Während Witthoff der Roggenernte zuversichtlich entgegenblickt - dieses Getreide kommt mit trockenen Böden gut zurecht - beunruhigt ihn aber die angekündigte Hitzewelle mit Blick auf Triticale und Weizen.
„Das meiste ist beim Getreide eigentlich schon gelaufen“, weiß er. Er selbst führt einen Ackerbaubetrieb mit Putenaufzucht. Er rechnet nicht damit, mit dieser Ernte die Verluste aus den vergangenen Dürrejahren ausgleichen zu können. „Was wir jetzt gar nicht gebrauchen können, ist trockene Hitze. Die brennt die Körner ein“, so der Landwirt. Der Regen der vergangenen Tage reiche auch nicht aus. Und: „Besser Starkregen als gar kein Regen“, sagt er. Bei Roggen, Weizen und Triticale rechnet er deshalb mit einer durchschnittlichen Ernte.
„Wir arbeiten eben mit der Natur“
Besonders große Sorge bereitet auch dem Ortsvereins-Vorsitzenden der Mais, dessen Ernte im Herbst ansteht. „Wenn es in den nächsten Wochen gar nicht regnet, kann es eine katastrophale Maisernte geben. Denn gerade jetzt ist die Phase, wo er nochmal richtig Wasser braucht.“ Fehlt Mais, fehlt vor allem den Milchviehbetrieben das Futtermittel.
Landwirt Wilhelm Witthoff zeigt sich hingegen ganz zufrieden. Das Wetter ist doch super“, sagt er. „Wir arbeiten eben mit der Natur. Das ist immer schwierig.“ Für die kommenden Wochen wünscht auch er sich - mit Blick auf Gerste und Weizen - trockenes und mittelwarmes Wetter.
In und um Stuttgart aufgewachsen, in Mittelhessen Studienjahre verbracht und schließlich im Ruhrgebiet gestrandet treibt Kristina Gerstenmaier vor allem eine ausgeprägte Neugier. Im Lokalen wird die am besten befriedigt, findet sie.
