Selmer Bürgermeister Löhr gibt Ausblick auf 2016

Interview

Der Selmer Bürgermeister Mario Löhr wagt einen Ausblick auf das Jahr 2016. Wie wird sich die Flüchtlingssituation im nächsten Jahr entwickeln? Hat Selm auch 2016 einen ausgeglichenen Haushalt? Welche Projekte stehen im kommenden Jahr an? Bürgermeister Löhr nimmt im Interview Stellung.

SELM

, 01.01.2016, 05:35 Uhr / Lesedauer: 4 min
Mario Löhr, Bürgermeister

Mario Löhr, Bürgermeister

Wer über Selm spricht, kommt am Thema Flüchtlinge nicht vorbei. Geben Sie uns einen Überblick über das, worauf sich die Verwaltungsspitze in Sachen Notunterkunft und fest zugewiesene Flüchtlinge für 2016 logistisch, organisatorisch und finanziell einstellen muss?

Wir haben ja noch circa 170 fest zugewiesene Flüchtlinge. Da wird derzeit noch geregelt, ob sie noch einen Bleibestatus haben. Was die Zeltstadt betrifft, wird es von Woche zu Woche eine riesen Herausforderung sein. Anfang August hatten wir die Information bekommen, dass eine Notunterkunft nach Bork kommt. Jetzt gehören wir wieder zum Drehkreuz des Dortmunder Hauptbahnhofes, an dem die Flüchtlinge ankommen. Diese Situation kann sich aufgrund der aktuellen Lage jederzeit ändern. Das heißt, wenn die Städte nicht mehr in der Lage sind, Flüchtlinge aufzunehmen, dann kann es schon sein, dass wir die Flüchtlinge hier auch wieder dauerhaft bei uns in Bork haben werden.  Unsere Herausforderung wird sein, dass wir davon ausgehen können, Mitte/Ende nächsten Jahres, wenn alles ganz schlecht läuft, vermehrte Zuweisungen zu bekommen. Das heißt für uns, dass wir zusätzlichen Wohnraum zur Verfügung stellen müssen, dass aber auch das Thema Finanzen, Schulen, Kindergärten auf uns zukommt. Und darauf müssen wir uns jetzt einstellen, vielleicht auch jetzt schon die notwendigen Maßnahmen einleiten. Daher beabsichtigen wir, mit unserer Entwicklungsgesellschaft das ehemalige „Skylab“ zu erwerben, die ganze Fläche, ungefähr 20 000 Quadratmeter. Wir lassen derzeit auch prüfen, dass wir, wenn es wirklich so kommt, wie ich das gerade geschildert habe und wir in die Zuweisung kommen, die Diskothek als Wohnraum umbauen würden und den Menschen, soweit das möglich ist, auch zur Verfügung stellen. Das ist die Herausforderung, die im nächsten Jahr auf uns zukommt.

Das bedeutet aber auch, dass Selm Geld in die Hand nehmen muss. Es gibt viele Töpfe, die Land und Bund in Sachen Flüchtlinge für die Kommunen öffnen. Von welchen Finanzspritzen genau hat Selm profitiert und wird es noch?

Für unsere 170 Flüchtlinge haben wir Geld bekommen. Da gab es auch Einmalzahlungen. Die hatten für uns einen positiven Effekt, nachdem wir die Notunterkunft gekriegt haben. Dadurch konnten wir das im Haushalt auch positiv darstellen. Fürs nächste Jahr, wenn die Situation so eintritt wie geschildert, wird es schon schwieriger. Wir müssen jetzt parallel fahren. Das wird die spannende Aufgabe für den städtischen Haushalt sein. Wenn wir über Herausforderungen 2016 sprechen, dann ist der Haushalt mit der wichtigste Punkt. Wir müssen 2016 erstmals einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren. Nach den Zahlen, die wir haben, können wir das auch. Aber da ist das Thema zugewiesene Flüchtlinge noch nicht berücksichtigt. Das große Risiko dabei ist: Bund und Land haben zwar zugesichert, dass sie Geld zur Verfügung stellen. Man muss aber auch deutlich sagen: Der Bund hat die Flüchtlinge aufgenommen, aber wenn sie erst mal den Städten zugewiesen sind, fallen auch für die Städte Kosten an, die nicht vom Bund und Land übernommen werden. Das Land hat gesagt: Wir arbeiten mit Pauschalen. Es hat dann aber die Beträge so aufgestockt, dass es das Jahr 2015 als Berechnungszeitraum genommen hat, wo wir heute ja schon wissen, dass die Zahlen deutlich höher sind. Daran, dass die Pauschalen da wieder deutlich runtergehen, wenn das Land nicht bereit ist, aufzustocken, sieht man, dass die Kommunen im Regen stehen gelassen werden.

Sie haben ja immer unter der Voraussetzung der Haushaltskonsolidierung weitere Einsparungen angekündigt. Welche Posten werden denn konkret unter die Lupe genommen?

Das sind letztendlich alle Produkte in unserem Haushalt. Derzeitiger Stand ist: Wir haben nicht die Befürchtung, dass irgendetwas aus dem Ruder läuft. Die einzig Sorge, die wir haben, ist das Thema Flüchtlinge. Wenn wir da in die Zuweisung kommen, drohen uns Mehrkosten, die wir derzeit im Haushalt nicht eingeplant haben. Bei den anderen Bereichen verfahren wir weiterhin sehr sorgfältig, prüfen alles genau, dass wir da sehr zuversichtlich sind, dass wir das auch für das Jahr 2016 einhalten werden.

In Selm hat sich in den letzten Jahren einiges bewegt. Sind denn auch Projekte liegen geblieben?

Erstmal gilt mein Dank der Politik, die die Strategie, die wir seitens der Verwaltung gefahren sind, mitgetragen hat. Wenn Politik in großen Teilen nicht so geschlossen gewesen wäre, hätten wir vieles nicht umsetzen können. Liegen geblieben ist trotz der Thematik Flüchtlinge oder so eigentlich gar nichts. Wir haben eher das Problem, dass dort, wo wir mit anderen Behörden zusammenarbeiten , das eine oder andere Projekt nicht schnell genug umgesetzt werden kann.

Sie haben in anderem Zusammenhang das Thema Schulen angesprochen. Wenn weiter Flüchtlinge zugewiesen werden, gibt es ja eine Schulpflicht für die Kinder der zugewiesenen Flüchtlinge. Sind die Schulen baulich und energetisch auf Topniveau und zukunftsfähig?

Wenn wir Flüchtlinge zugewiesen bekommen, kann man ja nicht ausrechnen, wie viele Kinder dabei sind. Wir sind überzeugt, dass wir mit dem System, das wir derzeit haben, ausreichend Schulkapazitäten haben. Bei den Tageseinrichtungen könnte es schon ein Problem geben. Da werden wir dann den Bedarf ermitteln müssen und mit den Trägern die Gespräche führen.

Sie haben die Regionale-Projekte angesprochen. Sind die Regionale-Projekte alle zeitlich und finanziell zu schaffen? Was genau wird in Sachen Regionale in diesem Jahr abgeschlossen oder so weit fertig, dass es präsentiert werden kann?

Aufsichtsrat und Lenkungsausschuss haben sich darauf festgelegt, dass der Präsentationszeitraum 2016/2017 sein wird. Wir werden im Präsentationszeitraum sicherlich schon einige Baumaßnahmen präsentieren können. Das wird sicherlich die Burg Botzlar sein, wo es schon einige bauliche Veränderungen in 2016 gibt. Auch die Tennisplätze am Campus Nord werden wir präsentieren. Genauso das Umkleidegebäude. Eventuell schon Umbauarbeiten am Sunshine. Der Campusplatz wird in Vorbereitung sein. Da bin ich eigentlich schon sehr zufrieden. Wir werden im Präsentationszeitraum aber nicht ein fertiges Konzept präsentieren. Da wählen wir das Jahr 2018. Da soll es dann auch ein größeres Regionalefest geben. Da werden wir auch die neue Skulptur auf dem Kreisverkehr am Sandforter Weg präsentieren. Das wird sich also jetzt um ein Jahr verschieben.

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