Vor kurzem sind 90 Nutrias im Selmer Auenpark gefangen und getötet worden. Viele Sympathisanten der auf den ersten Blick putzigen Tiere äußerten im Netz ihren Ärger über das Vorgehen der Stadt. Diese verwies allerdings darauf, dass Nutrias zu den sogenannten invasiven Arten zählen. Alle Arten, die nicht einheimisch sind, bezeichnen Fachleute als sogenannte Neobiota. Etwa zehn Prozent der etablierten Neobiota gefährden laut Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Deutschland die biologische Vielfalt und werden daher als „invasiv“ bezeichnet. Zusätzlich gibt es auch unter den unbeständig auftretenden Neobiota eine größere Anzahl von invasiven Arten, deren vollständige Beseitigung noch möglich erscheint.
Doch auch in Selm sind die Nutrias weder die einzigen Neobiota noch die einzigen invasiven Arten. „Es gibt auffällige Arten wie eben die Nutrias, deren Erscheinen direkt für Aufmerksamkeit sorgt. Aber genauso kann eine kleine Art wie der asiatische Marienkäfer, den auf den ersten Blick niemand wahrnimmt, die heimische Flora und Fauna gefährden“, ordnet Stefan Kauwling von der Biologischen Station im Kreis Unna ein.
Als weitere unauffällige, aber gefährliche Insekten nennt er die Amerikanische Kiefernwanze und die Marmorierte Baumwanze. Aber auch die Nutrias seien bereits seit Jahrzehnten an der Lippe heimisch, nur nicht immer an so zentralen Stellen wie jetzt im Auenpark anzutreffen.
Sechs Arten gemeldet
Die Ausbreitung von Neobiota sei eine Folge der Globalisierung und habe sich gerade seit der Entdeckung Amerikas 1492 verstärkt. Die Tiere sind teilweise im biologischen Pflanzenbau oder auf Frachtschiffen nach Europa gelangt. Auch die klimatischen Veränderungen tragen dazu bei, dass sich neue Arten in der Region heimisch fühlen. „Zu den bekanntesten invasiven Arten zählen der Waschbär (gelangte ähnlich wie Nutrias oder Bisam zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Pelztierzüchter nach Deutschland) und der Ochsenfrosch (wurde in den 1980er und 1990er Jahren vielfach in Gartenbauzentren zum Verkauf angeboten).
Das NRW-Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz bietet eine Karte an, in der man regional sehen kann, welche invasiven Arten belegt sind. In Selm sind demnach bislang sechs Arten entdeckt worden, dazu zählen allerdings keine Wirbeltiere, sondern verschiedene Fische und Pflanzen.
Folgende invasive Arten wurden in der Stadt Selm gemeldet:
- Japanischer Staudenknöterich
- Drüsiges Springkraut
- Süßwasser-Röhrenkrebs
- Kamberkrebs
- Schwarzmaul-Grundel
- Blaubandbärbling
Invasive Arten nicht nur hier
„Wir beobachten vor der Haustür, welche Folgen invasive Arten für die Natur haben können. Aber auch Tiere von hier gefährden in anderen Teilen der Welt die heimischen Arten, etwa die Beuteltiere in Australien“, schildert Stefan Kauwling. Bei Fragen zu invasiven Arten im Kreis Unna werde die Biologische Station immer wieder mal um Rat gefragt. Aber für den Umgang mit diesen gebe es aufgrund der Unterschiedlichkeit natürlich keine Patentlösung. So müssen die Biologen diese Tiere und Pflanzen weiterhin genau beobachten.
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