Der Borker Kevin Marquardt leitet seit Oktober 2021 die Kita Konfetti in Selm. © Dennis Görlich

Kita Konfetti

Kita-Leiter Kevin Marquardt (32) aus Selm: „Ich hatte nie einen Traumberuf“

Seit einem halben Jahr leitet Kevin Marquardt (32) die Selmer Kita Konfetti. Mit Vorurteilen hat er deswegen aber nicht zu kämpfen. Seine Kita nennt er einen „schlafenden Riesen“.

Selm

, 22.04.2022 / Lesedauer: 4 min

Kevin Marquardt sieht sich als Erzieher, Hausmeister, Psychologe und Personalreferent – vor allem ist er aber ein Exot in seiner Funktion. Seit Oktober 2021 leitet er die Kita Konfetti in Selm – als einzige männliche Kita-Leitung in der Stadt. Die AWO-Kita wird bereits seit zwei Jahren während des laufenden Betriebes saniert. Aber nicht nur deswegen sagt der 32-Jährige: „Im neuen Kita-Jahr erstrahlen wir komplett in neuem Glanz.“

Erweiterung des Gebäudes, eine neue Außenfassade, sanierte Decken: Zum 30-jährigen Bestehen der Kita soll der Umbau der Einrichtung am Bockmühlenweg in den kommenden Monaten abgeschlossen werden. Dann soll sich auch die Außenwahrnehmung ändern. „Wir werden manchmal so ein bisschen vergessen“, hat Kevin Marquardt festgestellt. Das habe auch mit der etwas versteckten Lage mitten im Wohngebiet zu tun. „Ich habe bei den Anmeldungen zum neuen Kita-Jahr gemerkt: Viele wussten gar nicht, dass hier eine Kita ist.“

Neues Betreuungskonzept

Er selbst habe beim ersten Besuch der Einrichtung auch die Einfahrt verpasst, gesteht der Borker. Bevor Marquardt vergangenes Jahr – bereits als dritte Einrichtungsleitung im Jahr 2021 – seine Stelle antrat, leitete er eine Offene Ganztagsschule in Lünen. Nach fünf Jahren habe er einen Tapetenwechsel gebraucht: „Auf Zeit wird man unzufrieden, weil man das pädagogische Konzept und den Bildungsauftrag nicht umsetzen kann, da die Rahmenbedingungen nicht stimmen.“ Marquardt spricht von zu wenigen Fachkräften und unattraktiven Arbeitszeiten.

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„Der OGS-Bereich fällt ein bisschen hinten rüber. Das war in der Corona-Zeit noch einmal sehr ersichtlich“, so die Analyse des neuen Kita-Leiters. An seinem neuen Arbeitsplatz bietet sich ein ganz anderes Bild. Hier können sich 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die 95 Kinder kümmern. Marquardt löste die klassischen Gruppenstrukturen auf, in denen Kinder unter drei Jahren von denen über drei Jahren getrennt sind. „Da haben wir ganz tolle Erfahrungen mit gemacht. Die Kleinen lernen von den Großen und wir haben statt 18 Wickelkindern nur ein paar.“

Nie einen Traumberuf gehabt

Er habe viel Freiraum, eigene Ideen zu verwirklichen, sagt Marquardt. Das gefalle ihm auch an seinem neuen Job. Nach Abschluss seiner Ausbildung als Erzieher übernahm er direkt Führungsverantwortung: „Da wurde ich ins kalte Wasser geworfen und ich habe es bis heute nicht bereut.“ Warum nicht? „Mir hat das Organisieren immer gefallen. Mir hat immer gefallen, Sachen anpacken zu können und aktiv mitzugestalten.“

Der 32-Jährige gibt aber auch zu: „Ich hatte nie einen Traumberuf. So wie manch andere immer Pilot werden wollte, würde ich lügen, wenn ich sage: Ich wollte immer Erzieher werden. Ich habe mich aber auch einfach nicht damit auseinander gesetzt.“

In der Kita wird aktuell noch renoviert. In einem abgesperrten Bereich wird die Decke erneuert. © Dennis Görlich

Ein Freiwilliges Soziales Jahr nach dem Abitur habe ihm die Augen geöffnet. Dort betreute er als Integrationskraft ein behindertes Kind an einer Grundschule. Das sei die beste Entscheidung gewesen, die er treffen konnte. „Da habe ich gemerkt, was ich wirklich will.“

Als er mit der Erzieher-Ausbildung begann, habe sich bereits ein Wandel gezeigt: „Ich kam in eine Phase rein, wo immer mehr Männer in die Erzieher-Ausbildung gegangen sind.“ In dieser Zeit gab es auch von seinem heutigen Arbeitgeber eine Kampagne, die mehr Männer für den Beruf des Erziehers begeistern sollte. Heute sagt Marquardt: „Dieses typische Frauenklischee hat man hier nicht mehr. Es musste dafür damals einfach ein paar Pioniere geben.“

Kita ist ein „schlafender Riese“

Vorurteile gegenüber einem männlichen Erzieher musste Kevin Marquardt selbst noch nicht erfahren: „Den kritischen Blick von Eltern und Mitarbeitern habe ich persönlich noch nicht erlebt.“ Im Gegenteil, wie sich in seiner neuen Position zeigte: „Ich wurde mit offenen Armen empfangen. Von der Elternschaft und gerade auch von den Kindern.“

Marquardt wisse aber auch, dass es in der Vergangenheit Vorurteile gegenüber Erziehern gab. „Das ist mittlerweile überholt. Das ist altes Denken, was jetzt nicht mehr sein muss“, findet er.

Seine Pläne mit der Kita Konfetti sind klar: „Wir wollen uns nicht verstecken. Wir wollen zeigen, dass wir was tolles erschaffen.“ Seitdem er die Leitung vor einem halben Jahr übernommen hat, habe er festgestellt, dass die Anmeldezahlen und Anfragen an die Kita höher werden. Für das kommende Kita-Jahr sind alle zur Verfügung stehenden Plätze bereits vergeben. „Für mich ist die Kita ein schlafender Riese, den wir jetzt gerade ein bisschen wecken“, so Marquardt.

Fest mit der Nachbarschaft

Wichtig ist ihm dabei auch die Beteiligung der Eltern. Die neuen Wände der Kita sollen in einer Elternaktion gestrichen werden. Bereits beim vergangenen Elternabend habe sich gezeigt, dass in der Elternschaft ein Interesse an Mitarbeit festzustellen ist: „Einen Elternabend mit 25 Eltern kennt man so auch nicht immer.“

Zum 30-jährigen Jubiläum der Kita soll es dann – nach Abschluss der Baumaßnahmen – ein größeres Fest geben. Dazu wird auch die Nachbarschaft eingeladen: „Die müssen auch ganz schön viel mitmachen durch den ganzen Lkw-Verkehr hier“, merkt Marquardt mit Blick auf die Bauarbeiten an. Die werden nach zwei Jahren aber schon bald ein Ende haben.

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