Jens Röppenack kandidiert für Die Partei bei den Landtagswahlen 2022 im Wahlkreis Unna II. © Dennis Görlich
Landtagswahl 2022
Jens Röppenack (PARTEI) braucht das Ruhrgebiet und lügt lieber ehrlich
Jens Röppenack ist neu in der Politik und tritt direkt zur Landtagswahl in Lünen, Selm und Werne an. Der Sozialarbeiter will das Schulsystem reformieren – und nicht lange drum herumreden.
Mit einem E-Scooter kommt Jens Röppenack angerollt, muss den kleinen Hügel vom Parkplatz zum Pavillion auf dem Sportgelände an der Waltroper Straße in Bork dann aber zu Fuß nehmen. Es ist viel los auf der Anlage. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene spielen Fußball auf der Wiese und dem Kleinspielfeld nebenan. Dass der 40-Jährige bei der NRW-Landtagswahl antreten wird, dürfte hier niemand ahnen – sieht Röppenack doch nicht so aus, wie man sich einen typischen Politiker vorstellt.
Mit Tattoos an beiden Armen, einer auffälligen Frisur und einem himmelblauen T-Shirt, auf das eine rote Krawatte aufgedruckt ist wirkt der Borker eher wie das Mitglied einer Rockband. Das ist er auch, allerdings liegt sein Engagement als Sänger vorerst auf Eis „Das funktioniert nicht, das ist mir gerade zu viel“, gesteht Röppenack.
Sozialarbeiter und Deeskalationstrainer
Als Diplom-Sozialarbeiter ist er seit sechs Jahren am Förderzentrum Nord tätig, nicht weit von dem Sportgelände entfernt, den er als Treffpunkt für ein Gespräch auserkoren hat. Zusätzlich bietet er seine Dienste als Deeskalationstrainer an Schulen und Firmen an. Da bleibt nicht mehr viel Freizeit. Röppenack investiert die seit vergangenem Jahr in sein politisches Engagement bei der Partei „Die PARTEI“ – nun auch als Direktkandidat im Wahlkreis Unna II.
Sein weg in die Partei ist keine Überraschung: „Ich bin wie jeder andere irgendwann auf Martin Sonneborn aufmerksam geworden“, so Röppenack über den ehemaligen Chefredakteur des Satire-Magazins Titanic und PARTEI-Gründer.
„Ich finde, Satire ist ein unheimlich gutes Mittel, um aufzurütteln. Satire muss nicht immer lustig sein. Aber zu überspitzen und dadurch zu sensibilisieren ist eine Sache, die ich unglaublich gut finde“, begründet Jens Röppenack seine neue politische Heimat.
Die Mission: den Finger in die Wunde legen
Seine Rolle in der Politik scheint klar: Er will den Finger in die Wunde legen – und nicht lange drum herumreden. „Das passt vielleicht nicht allen. Das soll es aber auch nicht.“ Ihm gehe es darum, auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam zu machen, um ein Umdenken anzustoßen.
Das sei auch in den Schulen nötig, wie er als Schulsozialarbeiter am Förderzentrum festgestellt habe. „Wir können aufgrund der kleinen Klassen ganz anders auf Schüler und deren Bedürfnisse eingehen. Ich finde aber, das müssten wir überall tun“, glaubt Röppenack. Das Schulsystem sei schlicht veraltet. „Schüler sollen Spaß am Lernen haben und in Eigenverantwortung lernen. Da würde ich mir viel mehr Flexibilität wünschen.“
Für Wege in Bork nimmt Jens Röppenack gern seinen E-Scooter. © Dennis Görlich
Auch beim Thema Transparenz gibt es laut Röppenack Nachholbedarf: „Wir sind immer vorne mit dabei, wenn es darum geht, unseren Planeten noch etwas weiter kaputt zu machen.“ – weil die finanziellen Interessen von vielen großen Konzernen eben woanders lägen, diese aber viel Einfluss auf politische Prozesse nehmen würden.
Röppenack: „Ich will Leben mitkriegen“
Die Wahl des Treffpunktes für seine Worte kommt nicht von ungefähr. Obwohl die Voraussetzungen nicht die besten sind, wie der Borker sagt: „Ich habe Heuschnupfen und bin trotzdem unglaublich gern draußen.“ Für Röppenack steht das Sportareal an der Waltroper Straße symbolisch für etwas: „Das hier macht ganz viel NRW aus. Ich stehe hier im Grünen, kann aber auch ein paar Kilometer weiter fahren und bin in Selm, Lüdinghausen oder der Dortmunder Innenstadt.“ Und er ergänzt: „Es ist eine Qualität zu leben, die oftmals unterschätzt wird.“
Die Menschen würden hier zwar dicht an dicht leben, aber gerade das sei doch das Schöne. „Ich wohne erst seit zwei Jahren in Bork und wie viele Leute ich grüße, die dann auch zurückgrüßen, das ist total schön. Ich kann aber genauso gut in der Dortmunder Innenstadt in der absoluten Anonymität sein.“
Das will der 40-Jährige aber überhaupt nicht: „Als Sozialarbeiter fühle ich mich immer mehr da hingezogen, wo ein bisschen was los ist. Ich will Leben mitkriegen.“
Wieder zurück in das Ruhrgebiet gefunden
Da scheint es an diesem sonnigen Tag in Bork keinen besseren Ort zu geben als das Sportgelände, wo sich viele junge Menschen treffen. Beim Projekt zu den Graffiti, die die Banden des Soccerfeldes wenige Meter weiter zieren, sei er sogar beteiligt gewesen, sagt Röppenack.
Sein Weg nach Bork führte über Umwege: In Unna geboren, ist er der Liebe wegen zwischenzeitlich für zehn Jahre nach Ostwestfalen gezogen. Er arbeitete kurzzeitig mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und war in einem Jugendzentrum tätig. Als es ihm gesundheitlich nicht gut ging, folgte eine Erkenntnis: „Ich habe gemerkt, dass ich zurück ins Ruhrgebiet musste. Ich brauche diesen Schlag Menschen.“ Über eine Zwischenstation in Lünen kam er schließlich nach Bork.
Auch dort hängen mittlerweile Wahlplakate seiner Partei. Mit lustigen Sprüchen macht die Partei immer wieder auf sich aufmerksam. Auf einem der in Bork hängenden Exemplare steht der Spruch „Ihre Meinung interessiert uns nicht“. Röppenacks nicht ganz ernst gemeinter Kommentar dazu: „Wir lügen lieber ehrlich.“
Bei der kommenden Wahl ist er überzeugt: „100 Prozent meiner Wähler werden mich wählen.“ Und ergänzt schmunzelnd: „Es wäre aber ganz schön, wenn es dann mehr als zwei Stimmen sind.“ Sein Versprechen als Politiker: „Ich will das in einer gewissen Ernsthaftigkeit machen, bleibe aber nach wie vor dabei, dass ich ein Tempolimit für Panzer von 130 km/h auf der Autobahn fordere.“
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