Hans Blum (100) aus Selm meistert das Leben mit Gelassenheit Torturen, Care-Pakete, Familienfreude

Borker Hans Blum wird 100: Er meistert das Leben mit Gelassenheit
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Hans Blum wird heute 100 Jahre alt. Er feiert ein Jahrhundert, in dem er viele Lebenssituationen gemeistert hat: einen frühen Schicksalsschlag, den Zweiten Weltkrieg, Gefangenschaft und eine lange Karriere. Dabei geholfen hat ihm seine Gelassenheit unter dem Lebensmotto „So wie es kommt, so nehme ich’s“.

Am 4. Mai 1923 kam Hans Blum in Bork auf die Welt - als ältestes von vier Geschwistern. Als er acht Jahre alt war, verunglückte der Vater, der bei der VEW beschäftigt war, an einem Hochspannungsmast in Lüdinghausen tödlich. Die Mutter zog die Kinder allein auf.

Mit elf Jahren besuchte er die Klosterschule der Maristen in Meppen. Als die Nazis die Schule schlossen, kam er zurück und machte mit 16 Jahren das Abitur auf einem Gymnasium in Dortmund. Es brach der Zweite Weltkrieg aus und Hans Blum wurde Soldat. Über Italien und Sizilien kam er nach Tunesien. Er kämpfte in der Sahara im Afrika-Korps unter Rommel und geriet 1942 in amerikanische Gefangenschaft.

Nur eine Schwimmweste als Kissen

In einem Konvoi von 100 Schiffen wurde er mit tausenden Soldaten nach Fort Robinson in Nebraska gebracht. Vier Wochen dauerte die Überfahrt. „Wir lagen im riesigen Frachtraum Mann an Mann. Wir hatten nur die Schwimmweste als Kopfkissen. Die Toilette war eine große Tonne in der Mitte“, erinnert er sich. Am Stand der Sonne erkannte er, wie das Schiff oft den Kurs wechselte, um U-Booten und Angriffen zu entgehen. Bei Wellengang rutschten alle Mann durcheinander. Nicht alle überlebten.

Als sie im Gefangenenlager antrafen, waren sie selig, dass sie nach dieser Tortur in Holzbaracken in eigenen Betten schlafen konnten. „Es ging uns gut dort“, erzählt Hans Blum weiter. Die Gefangenen besaßen ein eigenes Waschhaus und eine eigene Kantine. Manchmal habe der Koch nach den Wünschen der Gefangenen gekocht. Mit ihm zusammen kam auch der ehemalige Verteidiger von Schalke 04, Hans Bornemann, ins amerikanische Lager. Nach einiger Zeit hat dieser die Männer trainiert.

Familie Blum auf einem Foto von 1934
Hans Blum (r. neben der Mutter) mit den Brüdern Rudi und Erich und Schwester Mia auf einem Foto von 1934: Nachdem der Vater früh starb, musste die Mutter die Kinder allein großziehen. © Repro Pflips

Wegen seiner guten Englischkenntnis wurde Hans Blum schon bald als Dolmetscher eingesetzt. Er freundete sich mit dem Lagerkommandanten Buddy Elfert an. Weihnachten 1943 lud dieser Hans Blum zum Weihnachtsfest zu seiner Familie ein. Die Gefangenen waren verpflichtet, die Lagerkleidung mit dem Emblem „Pow“ (Prisoner of war: Kriegsgefangener) zu tragen. Diese trug Hans Blum auch bei dem Weihnachtsbesuch. „Wir hatten doch nichts anderes zum Anziehen“, fügt Blum noch hinzu. Doch Buddy Elferts Mutter konnte das nicht ertragen. Also gab Elfert Hans Blum für die Zeit bei der Familie einen seiner Anzüge - die Mutter war beruhigt.

Zwei Jahre später, zu Weihnachten 1945, schloss Hans Blum seine Familie zuhause in Bork wieder in die Arme. Seine guten Kontakte in Amerika halfen ihm in den Nachkriegszeiten. „Wir erhielten Care-Pakete, und eines Tages schickte mir Buddy den Anzug, den ich 1943 getragen hatte“.

Sechs Bürgermeister kommen sehen

Seine nun sehr guten Englischkenntnisse halfen Hans Blum sofort, eine Anstellung als Dolmetscher beim Kreis-Residenz-Offizier der Engländer in Lüdinghausen zu erhalten. Auch die Amtsverwaltung Bork konnte ihn zum Übersetzen gebrauchen und stellte ihn 1946 ein. „Ich habe mich von der Pike auf hochgearbeitet“, lacht Blum. Bei seiner Pensionierung in 1989 war er Amtsrat bei der Finanz- und Steueramtsverwaltung. In der Zeit hat er sechs Bürgermeister kommen und gehen gesehen.

Am 24. Mai 1947 heiratete er seine Frau Mathilde. Sie war die Nachbarstochter und ging zusammen mit Hans Blum in die Volksschule. Ein Jahr später wurde Tochter Mechthild geboren. „Wir haben noch vor der Währungsreform geheiratet. Das werde ich nie vergessen“, sagt Blum. Diese war am 20. Juni 1948. Die Reichsmark wurde ungültig. Blum selbst hat als Stadtmitarbeiter das Geld mit ausbezahlt.

Hans Blum als Kommunionkind 1931 mit seiner Schwester Mia.
Hans Blum als Kommunionkind 1931 mit seiner Schwester Mia. © Repro Pflips

Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte sich Hans Blum 45 Jahre lang ehrenamtlich als Rechnungsführer in der Kirchengemeinde St. Stephanus. Ebenso hatte er Vorstandsaufgaben im Männergesangsverein Union Bork und in der Bürgerschützengilde St. Stephanus Bork. In beiden Vereinen ist er immer noch passives Mitglied.

20 Jahre für den Martinszug

Mehr als 20 Jahre hat er zusammen mit seinem Freund Wilhelm Kortenbusch den Borker Martinsumzug organisiert. Wenn die Familie Blum in Urlaub fuhr, dann am liebsten auf die Insel Borkum - zum ersten Mal im August 1961. Noch heute führt seine Tochter diese Familien-Urlaubs-Tradition fort.

Inzwischen lebt der Borker seit fünf Jahren im Seniorenhaus Mauritius in Nordkirchen. Hier fühlt er sich wohl, erzählt er. Denn so ist er seiner Tochter Mechthild und Schwiegersohn Leo Geiser näher. Zum 100. Geburtstag wird groß mit Familie, Freunden und Vereinskollegen gefeiert. Heute bereits feiert Hans Blum mit seinen Mitbewohnern und allen, die ihn kennen und ihm gratulieren wollen, im Seniorenhaus.

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