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Geplantes Frauenhaus in Selm: Frauenhausleiterin aus Unna hat Bedenken
Frauenhaus Selm
Heinz Knocks möchte in Selm mit seiner Stiftung ein Frauenhaus schaffen. Wir haben beim Frauenhaus in Unna nachgefragt, wie das dort ankommt. Die Antworten überraschen.
Ein Frauenhaus für Selm, das möchte der Unternehmer Heinz Knocks mit seiner gemeinnützigen Heinz-Knocks-Stiftung aufbauen. Es soll in Zentrumsnähe entstehen und nach seiner Frau benannt werden: Angela Knocks.
In Unna ist man beim Frauenhaus des Kreises Unna nicht überschwänglich erfreut über die Pläne des Selmers. Zwar möchte die Leiterin des Frauenhauses Unna, Birgit Unger, den schönen Grundgedanken von Heinz Knocks nicht schmälern, „denn es ist ihm hoch anzurechnen, dass er Gutes tun möchte und sagt, er braucht selbst nichts mehr“, aber man müsse auch darüber reden, wie die Umsetzung laufen soll.
„Es braucht ein Konzept“
Dass es mehr Frauenhäuser braucht in Deutschland sei klar. Dabei ist es laut Birgit Unger überhaupt nicht wichtig wo sie entstehen, sondern dass sie entstehen. Die Frage sei eher, wie sinnvoll es ist, dass ein Privatmensch ein Frauenhaus baut. „Wer ein Frauenhaus mit öffentlichen Mitteln betreibt, muss nach Richtlinien handeln“, sagt Birgit Unger. „Es braucht ein Konzept mit Fachpersonal, technischen, digitalen und personellen Sicherheitskonzepten“, so Unger weiter. „Wir sind an Richtlinien des Kreises Unna und des Landes gebunden, eine Initiative nicht. Sie sollte sich aber dennoch danach ausrichten.“ Es reiche eben nicht ein Haus zu bauen und zu sagen man wolle jetzt Gutes tun.
Etwa ein Drittel der Frauen, die ins Unnaer Frauenhaus kommen, sind auch aus dem Kreis Unna. Ein weiteres Drittel kommt aus der umliegendes Region „bis ins Rheinische“. Das letzte Drittel kommt sogar aus dem gesamten Bundesgebiet.
Im Frauenhaus in Unna mit bekannter Adresse kommen nur befugte Personen ins Haus. Die Frauen, die dort sind, „sind nicht in akuter Lebensgefahr“, sagt Birgit Unger im Gespräch mit der Redaktion. In Unna geht es für die Frauen darum, Unterstützung auf ihrem Weg in eine Lebensperspektive ohne häusliche Gewalt zu erhalten.
Frauenhaus in Selm soll sich nicht von der Norm abheben
Dafür braucht es Konzepte, das fängt bei der Planung von Gebäuden an, denn auch dafür gibt es ein Sicherheitskonzept. In Unna wurden laut Unger über Jahrzehnte Konzepte von Fachfrauen entwickelt. Und diesen Anspruch hat Birgit Unger an das geplante Frauenhaus in Selm auch. Ihre Bitte ist: „Unser Anliegen ist, ihr müsst ein Konzept haben und euch mit dem Thema Gewalt beschäftigen.“ Dazu gehören auch die Themen Emotionen, Pädagogik, Psychologie, Kindeswohlgefährdung und Trauma.
Außerdem hat Birgit Unger Bedenken, wenn es um das Stichwort Personal geht. Heinz Knocks könne als Privatperson ja zwei Vollerzieher einstellen, statt wie sie nur einen. Das störe das Gesamtniveau in gewisser Weise. „Ich würde mir wünschen, dass Heinz Knocks sich mit seinem Frauenhaus nicht total von der Norm und den notwendigen Standards der Arbeit abhebt“, sagt Birgt Unger.
Heinz Knocks-Stiftung braucht Expertise von Fachleuten
Das hat Heinz Knocks aber gar nicht vor. Ihm ist durchaus bewusst, dass er auf die Expertise von Fachleuten angewiesen ist. Im Gespräch mit der Redaktion sagt er: „Wir brauchen Frau Unger als beratende Person.“
Wann der Bau losgeht, das steht noch gar nicht fest. Derzeit sei man noch im Vorstadium und habe bisher lediglich Grundideen. „Ob ich das Grundstück nehme, das aktuell im Gespräch ist, das steht noch gar nicht fest. Erstmal müssen Fragen über mögliche Schadstoffe im Boden geklärt werden“, so Knocks.
„Wir sind Neulinge“
„Zu den Sorgen von Frau Unger kann ich nur sagen, dass wir auf jeden Fall psychologische Betreuung, einen Arzt und so weiter brauchen werden“, sagt Heinz Knocks. Am liebsten würde er zwei junge Mitarbeiterinnen von Frau Unger übernehmen, „weil sie eben so gut sind“. Es gehe nur miteinander und man brauche eben Leute mit entsprechender Ausbildung. Die Kosten für eben diese schätzt Knocks auf rund 500.000 Euro im Jahr. „Dafür gibt es die Heinz Knocks- Stiftung“, sagt er. Die Stiftungsbeiräte sind ehrenamtlich. Anträge für Zuschüsse werden von Fachpersonal und der Stadt Selm vorgenommen. Der Betreiber wird auch die Stiftung sein, nicht ich“, stellt Heinz Knocks klar.
„Ich möchte mit Frau Unger ein gutes Verhältnis haben, ich möchte ihren Rat“, betont der Selmer Unternehmer noch einmal. Er sei überzeugt von ihrer Kompetenz und ihrer Erfahrung. „Wir sind ja Neulinge“, sagt er selbst. Er sei jederzeit bereit mit Birgit Unger zu sprechen, als beratende Person sei sie unverzichtbar.
Laura Schulz-Gahmen, aus Werne, ist Redakteurin bei Lensing Media. Vorher hat sie in Soest Agrarwirtschaft studiert, sich aber aufgrund ihrer Freude am Schreiben für eine Laufbahn im Journalismus entschieden. Ihr Lieblingsthema ist und bleibt natürlich: Landwirtschaft.
