
© Daniel Magalski
Fall fürs Nematoden-Team: Trauermücken bekommen von mir die rote Karte
Daniels grüner Daumen
Möhren und Zwiebeln sind in der Erde, das Gemüsebeet fast frei vom Unkraut. Das Gartenjahr nimmt Fahrt auf - doch schon ist Autor Daniel Magalski konfrontiert mit den Leiden des jungen Gärtners.
Farbblindheit gehört nicht zu diesen Gärtner-Leiden, soviel sei an dieser Stelle schon verraten: Warum ich aber eine gelbe Karte brauche, um den Trauermücken die rote Karte zu zeigen, erkläre ich weiter unten im Text.
Im Garten hat jede Jahreszeit ihren Reiz: Im Winter, wenn der Frost den Boden überzieht, kommen die Vögel zur Futterstelle. Im Herbst, wenn die Astern blühen, ernte ich Kohl. Im Sommer, wenn die Stauden den Garten in ein Farben- und Duftmeer verwandeln, genieße ich oft einfach die lauen Abende und beobachte die Fledermäuse bei ihrer Jagd nach Insekten.
Garten erwacht im Frühling zum Leben
Bärlauch für leckeren Frischkäse
Der Frühling im Garten strahlt für mich aber eine besondere Magie aus und ist meine liebsten Jahreszeit: Die Sonnenstrahlen, die uns wärmen und die wir so vermisst haben im Winter. Der Pflaumenbaum, der um die Wette blüht mit den Osterglocken. Bärlauch für leckeren Frischkäse kommt frisch aus dem Beet. Die Vögel, die auf der Suche sind nach einem freien Nistkasten. Das Leben in der Natur erwacht mit jedem neuen Tag ein Stück mehr und...
Erwachen - das ist so ein Stichwort. Im Pflanzen-Kindergarten in meinem Büro (Sie wissen schon, der mit dem so verboten aussehenden Licht), wo neben Chili Shakira nun auch über achtzig Tomatenpflanzen von Cocktail- bis Fleischtomate heranwachsen, ist auch etwas erwacht: Trauermücken.
Gärtner trauern um ihre Pflanzen
Die Tierchen, die in Größe und Aussehen kaum zu unterscheiden sind von den bekannten Fruchtfliegen, heißen so, weil sie einen dunklen Körper haben und dunkle Flügel. Gärtner finden den Namen aus einem anderen Grund überaus passend: Wo Trauermücken auftauchen, da trauert der Gärtner schnell um seine Pflanzen.
Die Mücken als solche sind dabei nicht das Problem, wohl aber ihre hungrigen Larven. Der Trauermücken-Nachwuchs macht sich nämlich an den Wurzeln zu schaffen und während erwachsene Pflanzen das meist verkraften, ist es für kleinen Keimlinge oft ein Todesurteil.
Gift kommt mir nicht in den Garten
Die Trauermücken müssen verschwinden, aber wie? Gift kommt mir nicht in den Garten. Pflanzenschutzmittel und Insektizide auf Obst und Gemüse - wenn auch meist deutlich unter den erlaubten Grenzwerten - bekomme ich im Laden schneller und sehr wahrscheinlich auch für kleineres Geld.

Die Shakiras, die Chilis, haben mittlerweile schon eine ordentliche Größe. Trauermücken aber, oder besser ihre Larven, bedrohen die zarten Pflänzchen. © Daniel Magalski
Wie Tomaten etwa im warmen Süden wachsen, ist selbst dann, wenn wir den Einsatz von Pflanzenschutz mal außen vor lassen, aus meiner Sicht eine eher zweifelhafte Geschichte. Der Anbau rund ums Jahr frisst enorme Mengen Wasser und Energie.
Weltall-Blick auf eine Plastikwüste
Was Satelliten aus dem All sehen und man im Google-Bild auf den ersten Blick für Schnee halten könnte, sind Gewächshäuser auf einer Fläche von vielen tausend Hektar. Andalusiens Plastikwüste. Europas und damit auch Deutschlands „Gemüse-Garten“.
Zurück zu den Mücken: Eine Geheimwaffe in meinem Garten bei unerwünschten Besuchern sind Nematoden. Okay, das Wort hört sich nun auch nicht viel schöner an als „Plastikwüste“ oder „Insektizide“, aber was können die armen kleinen Würmchen schon für ihren Namen.
Nematoden machen krumme Möhren
Nematoden sind winzig kleine, fast unsichtbare Fadenwürmer, weltweit gibt es von ihnen etwa zwanzigtausend - nützliche und schädliche - Arten. Nematoden sind Parasiten, finden sich unter anderem in Fisch und Fleisch und schaffen über die Nahrung nicht so selten den Sprung in uns Menschen.
Nematoden sind auch dafür verantwortlich, dass Möhren nicht schön gerade wachsen, wie der Gärtner sich das wünscht, sondern mit „Beinen“ oder auffälligen Wurzeln.

Der Pflaumenbaum steht in voller Blüte - nun darf kein Frost mehr kommen, denn das gefährdet die Ernte im Herbst. © Daniel Magalski
Würmer injizieren ein Bakterium
Im Gemüse-Anbau kommen die nützlichen und für den Menschen ungefährlichen Nematoden zum Einsatz. In Wasser gelöst, gieße ich sie einfach über die Erde. Nematoden der Art „Steinernema feltiae“ lieben Trauermücken-Larven nicht nur, sie haben zu ihnen ein im wahrsten Wortsinn „inniges“ Verhältnis.
Die Fadenwürmchen dringen über Körperöffnungen in die Larven ein, injizieren ihnen einen Bakterium. Das Bakterium verdaut die Larven von innen und dient der Nematode so als Futter. Der Kreislauf beginnt, solange im Boden Wirtskörper zu finden sind, immer wieder aufs Neue.
Im Boden kümmern sich die Nematoden um den Mücken-Nachwuchs, oberirdisch sind, seit Jahrzehnten in Gärtnerkreisen bekannten, Gelbtafeln mit Leim im Einsatz. Die Trauermücken-Eltern landen darauf und bleiben kleben - hier funktioniert die Schädlingsbekämpfung also ebenfalls ohne Gift.
“Drachen machen“ im Sonnenschein
Verbündete im giftfreien Anbau von Obst und Gemüse sind für mich auch die Marienkäfer. Eine Käfer-Population auf hohem Niveau ist deshalb im Interesse jedes Gärtners. Im Sonnenschein erwischte ich in dieser Woche immer wieder Herrn und Frau Marienkäfer beim Liebesspiel.
„Drachen machen“, um es mal salopp zu formulieren, denn der Nachwuchs der Marienkäfer sieht wirklich aus wie ein Mini-Monster. Monsterchen, die richtig Schmacht - aber das ist schon wieder eine andere, nicht weniger spannende Garten-Geschichte.
Der Kreis Unna ist meine Heimat, im Beruf wie im Privaten. Die Geschichten der Menschen in Lünen und Selm zu erzählen, das ist seit über zwanzig Jahren meine Leidenschaft - und für die Ruhr Nachrichten schaue ich auch gerne über die Grenzen nach Nordkirchen und Olfen.