Kriminaldirektor Christoph Strickmann (rechts), Leiter der Kriminalpolizei bei der Kreispolizeibehörde Unna, stellte am Montag mit Landrat Mario Löhr (links) und dem Leitenden Polizeidirektor Peter Schwab die Kriminalstatistik 2020 vor.

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Corona-Effekt: Wie sich die Pandemie auf die Kriminalität im Kreis Unna auswirkte

rnKriminalstatistik

So wenig Kriminalität wie seit mindestens 20 Jahren nicht – das Coronavirus hat der Polizei in die Karten gespielt. Teilweise hat sich Kriminalität aber auch nur verschoben.

von Alexander Heine

Kreis Unn

, 09.03.2021, 16:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Gelegenheit macht bekanntlich Diebe – und letztlich gilt das ja auch für Kriminelle insgesamt. Im Corona-Jahr 2020 war das Leben ein anderes: Kontaktbeschränkungen, Lockdown, Homeoffice und Co. haben viele Gelegenheiten zunichtegemacht. Mit positiven Effekten auf die Kriminalität im Kreis Unna.

Kriminalstatistik: Fallzahl auf neuem Tiefstand

Die Gesamtkriminalität ist mit 16.610 Fällen auf den tiefsten Stand seit mindestens 20 Jahren gesunken. Und das „wider Erwarten“, wie Christoph Strickmann als Leiter der Kriminalpolizei bei der Kreispolizeibehörde Unna bei der Präsentation der Kriminalstatistik einräumte: Schon 2019 war aus polizeilicher Sicht ein insgesamt erfolgreiches Jahr – 2020 habe Corona der Polizei „faktisch in die Karten gespielt“, so Strickmann.

Im öffentlichen Raum boten sich für Täter ab März immer weniger Gelegenheiten. Die Folge: Straßen-, Gewalt- und Diebstahlkriminalität – Deliktsfelder mit hohem Einfluss auf das subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen – nahmen insgesamt ab.

„Corona hat der Polizei faktisch in die Karten gespielt.“
Christoph Strickmann, Kreispolizeibehörde Unna

Deutlich zeigte sich der Corona-Effekt etwa auf dem Feld der Raubkriminalität: 113 Fälle (2019: 153) registrierte die Kreispolizeibehörde Unna im Jahr 2020, das waren nur noch 37 Fälle je 100.000 Einwohner (2019: 50). Deutlich auch der Effekt bei den Wohnungseinbrüchen: Täter scheuen den Opferkontakt – weil Menschen bedingt durch die Pandemie 2020 vor allem Zuhause waren, registrierte die Polizei nicht mal mehr jeden Tag einen Einbruch (2020: 350 / 2019: 432). Auch schien die Präventionsarbeit zu fruchten: Mehr als jeder zweite Einbruchsversuch (52,29 Prozent) scheiterte.

Kriminalität hat sich in den digitalen Raum verlagert

Allerdings hat sich Kriminalität mitunter verlagert – vom öffentlichen in den digitalen Raum, was letztlich ebenfalls ein Corona-Effekt gewesen ist.

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Auf dem Feld des Waren- und Warenkreditbetrugs etwa bilanzierte die Kreispolizeibehörde im vergangenen Jahr 108 Fälle mehr als noch 2019. Das spielte sich klassischerweise im Internet ab, weil Käufer bestellte Ware nicht bezahlt oder Händler Ware verkauft, aber nicht verschickt haben. Dazu die alarmierende Entwicklung beim Betrug zum Nachteil älterer Menschen mit einem Gesamtschaden von fast einer Million Euro allein im Jahr 2020 im Kreis Unna – Gelegenheit macht eben weiter Diebe, nur eben vermehrt im Internet und am Telefon.

Missbrauch in Lüdge: Ermittlungserfolge bis in den Kreis Unna

Ein relativ deutliches Plus weist die Kriminalstatistik der Kreispolizeibehörde übrigens auch für Sexualstraftaten aus: 238 Fälle im Jahr 2020 nach 200 Fällen im Vorjahr. Da spielen auch Ermittlungserfolge nach Missbrauchsfällen in Lüdge, Münster und Köln eine Rolle, verwies Christoph Strickmann auf verwickelte Tatverdächtige aus dem Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Unna.

Fast 100 der 2020 registrierten Sexualstraftaten waren Verbreitungen pornografischer Schriften. „Das ist auch das brisante Bild, das über WhatsApp verschickt wird“, so der Kriminaldirektor. Sexualstraftaten wurden in mehr als acht von zehn Fällen aufgeklärt (83,19 Prozent): „Weil sich derlei Taten üblicherweise im sozialen Nahraum abspielen“, so Strickmann.