
© Udo Hennes
Enkeltrick, Schockanrufe, falsche Polizei: Täter machen Millionenbeute im Kreis Unna
Kriminalität
Die Methoden sind nicht neu, aber inzwischen alarmierend erfolgreich: Mit Enkeltricks und Schockanrufen oder als falsche Polizisten haben Täter 2020 im Kreis Unna enorme Beträge erbeutet.
Es gab Zeiten, da mussten Langfinger ihren Opfern die Beute buchstäblich aus der Tasche ziehen. Heute setzen sie perfide Mittel ein, damit ihre Opfer ihr Geld selbst aus der Hand geben. Und damit sind die Täter inzwischen so erfolgreich, dass die Polizei ihre Schwerpunkte verlagert: Der Schutz älterer Menschen bekommt oberste Priorität.
Schaden im Kreis Unna fast eine Million Euro
Denn die sind es insbesondere, die die Täter mit Methoden wie Enkeltrick und Schockanruf sowie als falsche Polizeibeamte im Visier haben. In dem guten Glauben daran, damit in Not geratenen Angehörigen oder gar bei polizeilichen Ermittlungen zu helfen, lassen sich Opfer mitunter um ihr gesamtes Vermögen bringen. Der Schaden: Fast eine Million Euro – allein im Kreis Unna im Jahr 2020.
Dabei bleibt es fast immer beim Versuch – aber eben nur fast. In sieben von 100 Fällen schaffen die Täter es eben doch, ihre Opfer davon zu überzeugen, ihr Erspartes von der Bank zu holen und an vereinbarten Treffpunkten zu übergeben. 1248 solcher Fälle sind der Kreispolizeibehörde Unna im vergangenen Jahr bekannt geworden – die Dunkelziffer dürfte ungleich höher liegen. Und damit auch der entstandene Schaden, den die Polizei mit 954.394 Euro beziffert.
Die Polizei betont neben dem finanziellen Schaden die hohe Sozialschädlichkeit solcher Fälle. „Die Opfer werden teilweise um ihre Ersparnisse gebracht“, sagte der Leitende Polizeidirektor Peter Schwab anlässlich der Vorstellung der Kriminalstatistik. „Die Opfer schämen sich vor ihrer eigenen Familie und verlieren manchmal sogar ihren Lebensmut, weil sie um ihr Erspartes gebracht worden sind.“
Eher selten gelingen der Polizei Ermittlungserfolge wie im November in Holzwickede: Durch das beherzte Eingreifen eines 88-jährigen Holzwickeders konnte eine zur Tatzeit 30-jährige Frau festgenommen werden, der inzwischen der Prozess gemacht wird. Der mutmaßlichen Trickbetrügerin werden Fälle in Unna, Kamen, Fröndenberg und Holzwickede zur Last gelegt, in denen sie ältere Menschen um mehr als 50.000 Euro geprellt haben soll. Meist stecken hinter den Taten Täterbanden mit Callcentern im Ausland, nicht mal zwei von 100 Fällen (1,52 Prozent) werden aufgeklärt.
Kriminalität im Kreis Unna auf neuem Tiefstand
- Im Kreis Unna (ohne Lünen) war die Gesamtkriminalität 2020 weiter rückläufig: 16.610 Straftaten registrierte die Kreispolizeibehörde Unna 2020; das war das niedrigste Niveau der letzten 20 Jahre.
- Bedingt durch die Corona-Pandemie kam es zu Verlagerungen. So setzte sich die rückläufige Tendenz der Wohnungseinbrüche 2020 fort: 350 registrierte Fälle, das waren 82 weniger als im Vorjahr und sogar 834 weniger als im Spitzenjahr 2015 (1184).
- Deutlich rückläufig waren auch Einbruchskriminalität (-100 Fälle), Gewaltkriminalität (-64 Fälle) und Sachbeschädigungen an Kraftfahrzeugen (-46 Fälle). Straftaten, die sich üblicherweise im öffentlichen Raum abspielen – für die es pandemiebedingt und durch Lockdowns aber weniger Gelegenheiten gab.
Enkeltrick und Schockanrufe: Auflegen und 110 wählen
Die Polizei setzt deshalb auf Prävention und wird nicht müde zu betonen: Am besten gar nicht erst in Gespräche verwickeln lassen, auflegen und dann umgehend selbst die 110 wählen, um die Polizei zu informieren. Auch Angehörige sollten ältere Familienmitglieder immer wieder über derlei Betrugsmaschen aufklären und sensibilisieren: Niemals sollte man Geld an Unbekannte übergeben – auch dann nicht, wenn sie sich als enge Freunde von Verwandten oder gar als Polizeibeamte ausgeben.
Mit ihrer neuen Priorisierung will die Kreispolizeibehörde den finanziellen Schaden durch Enkeltricks, Schockanrufe und falsche Polizisten wieder verringern, der sich innerhalb von zwei Jahren beinahe verfünffacht hat. Polizeidirektor Schwab: „Wenn jeder bei solchen Anrufen auflegt, sind wir aus polizeilicher Sicht schon erfolgreich.“ Und wer dann die 110 wählt, soll umgehend Besuch von der echten Polizei bekommen, um bei eventuellen weiteren Anrufen nicht allein zu sein.