Die Verwaltung wird mit der innerörtlichen Verkehrszählung der Verkehrsströme beauftragt. So lautete der gemeinsame Antrag der Ratsfraktionen von CDU, SPD und FDP für die jüngste Ratssitzung. „Die Stadt Selm hat derzeit keine verbindlichen Verkehrszahlen, um die Verkehrssituation in den unterschiedlichen Straßenbereiche objektiv bewerten zu können“, heißt es in der Begründung.
Ferner habe Selm in den vergangenen Jahren eine positive städtebauliche Entwicklung mit neuen Baugebieten und Gewerbeflächen genommen. Insbesondere werde die Gewerbeansiedlung im nördlichen Bereich der Werner Straße eine erhöhten Verkehrsbelastung sowie Durchgangsverkehre zur Folge haben. Mit Blick auf zu erwartende Verkehrsbelastungen auf den Hauptstraßen, der L810 und der B236, werde der Ampelbereich an der Einmündung Neue Werner Straße/Kreisstraße die entstehenden Verkehrsströme womöglich nicht entsprechend regeln können, fürchten die drei Fraktionen.
In der Bevölkerung sei eine Vielzahl von Stimmen laut geworden, die diese zu erwartenden Verkehrssituation mehr als kritisch ansehen. Denn es sei damit zu rechnen, dass sich der Verkehr auf andere Straßenbereiche ausweichen wird. Gemeint sind Straßen wie die Alte Werner Straße, die Straße Auf der Geist, die Römerstraße und der Beifanger Weg. Ein wesentlicher Grund der beabsichtigten Verkehrszählung sei, die Grundlage für weitere Maßnahmen eines Gesamtverkehrsentwicklungskonzeptes mit entsprechenden Verkehrslenkungen zu schaffen.
Frage nach dem Umfang
In der Ratssitzung bekamen die drei Fraktionen jedoch reichlich Gegenwind für ihren Antrag. Zunächst fragte Kämmerin Sylvia Engemann, welche Kosten dafür in den Haushaltsplan einzustellen seien. Zudem handele es sich um freiwillige Leistungen, die dem Haushaltsvorbehalt unterliegen.
Auch der zuständige Dezernent der Stadt Selm, Thomas Wirth, hatte Fragebedarf: „Um was für eine Verkehrszählung handelt es sich? In welchem Umfang soll sie laufen? Das hat dann auch Auswirkungen auf die Kosten.“ Eine Verkehrszählung könne eine Querschnittszählung sein, bei der man gewisse Streckenabschnitte betrachte, es könne eine Knotenpunktzählung sein, die sich dann aber aufwendiger gestalten würde. Es gebe 24-Stunden-Zählungen und es gebe Zählungen über einen größeren Zeitraum.
„Wir müssen schon wissen, was man damit bezweckt“, sagte Wirth. Es gebe die Möglichkeit, die Verwaltung zu beauftragen, um zu prüfen, wie man diese Verkehrszählung angehen soll, schlug der Dezernent vor. „Dann könnten wir auch einen Vorschlag machen und wüssten um die finanziellen Auswirkungen“, ergänzte Bürgermeister Thomas Orlowski.

Die Reaktionen der Kommunalpolitiker auf die Aussagen der Verwaltung blieben im Anschluss nicht aus. Er sei verwundert und verärgert, sagte SPD-Fraktionschef Hans-Jürgen Walter. Er habe im Vorfeld der Ratssitzung keinerlei Signale aus der Verwaltung bekommen. Walter bekräftigte die Notwendigkeit einer Verkehrszählung, mahnte aber, die Zählung nicht in Ferienzeiten durchzuführen. Über die Art und den Umfang der Verkehrszählung könne man reden
Für Bündnis 90/Die Grünen positionierte sich Marion Küpper: Eine Umwandlung des Antrags auf Verkehrszählung zu einem Prüfauftrag in Sachen Umfang und Art einer Verkehrszählung sei sinnvoll. „Die Verkehrszählung ist wichtig für ein Verkehrskonzept.“ Es sei aber auch sinnvoll, Zahlen, die bereits vorliegen, etwa im Vorfeld der Ausweisung von Baugebieten, zusammenzutragen und zu nutzen.
Die UWG werde dem Antrag der drei Fraktionen nicht zustimmen, erklärte Fraktionsvorsitzender Dr. Hubert Seier. Über einen Prüfauftrag könne man reden. Aber: Die Verkehrszählung müsse qualifiziert sein. „Reine Zahlen bringen gar nichts.“ Man müsse eigentlich die Autos anhalten, um zu fragen, wo die Autofahrer herkommen und wo sie hinwollen.
Universität mit ins Boot holen
Volker Meyer (UG) fragte indes nach der Zielsetzung des Antrags. Klaus Schmidtmann betonte für die FDP die Notwendigkeit von Verkehrszählungen: „Zahlen sind wichtig, um zu wissen, ob unsere Straßen den Verkehr fassen können.“ Vor allem, um auch reagieren zu können, wenn sich die Verkehrszahlen zum Beispiel durch neue Betriebe erhöhen sollten.
„Wir wollen jetzt in die Zukunft schauen, indem wir sehen, wie die Verkehre heute sind“, fasste CDU-Fraktionschefin Claudia Mors den Antrag kurz zusammen. Dafür fehle es an Daten. „Da würden wir gern ein bisschen schlauer werden.“ Und zwar für ganz Selm. „Ich finde es auch schade, dass wir im Vorfeld nicht einmal gesprochen haben, was wir alles hätten konkretisieren müssen.“
Natalie Stefanski (Grüne) schlug vor, die Technische Universität Dortmund mit ins Boot zu nehmen. „Da gibt es einen Bereich, der sich mit Verkehrswesen beschäftigt. Da sind Studierende, die Arbeiten schreiben: Hausarbeiten, Bachelorarbeiten, Abschlussarbeiten. Vielleicht hat ja jemand von denen Interesse an einer Kooperation.“
Letztendlich wurde der Antrag in die Ratssitzung am 16. November geschoben. Bis dahin soll die Verwaltung prüfen, welchen Umfang eine Verkehrszählung benötigt und welche Kosten hierfür entstehen.
Wohnprojekt für Suchtkranke mitten in Selm: Bauherr nennt Zeitplan
Günstiger auf Bus und Bahn umsteigen: Stadt Selm bezuschusst Jobticket für ihre Angestellten
Postfiliale und Schreibwarengeschäft Gerling geschlossen: Ende nach fast 40 Jahren in Selm