Mein Besuch beim Aschenbrödel Ausstellung in Moritzburg verrät Geheimnisse des Kultfilms

Besuch bei Aschenbrödel: Ausstellung verrät Geheimnisse des Kultfilms
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Kaum ist die Klinke der hohen weißen Tür heruntergedrückt, stehe ich im Zauberwald. Ein Meer aus Tannen, die Zweige über und über bepudert mit weißem Schnee, reckt sich dem Deckengewölbe des Barockschlosses entgegen. Keine zehn Schritte braucht man hineinzugehen, bis schon das Aschenbrödel in seinem Jägergewand aus dem Dickicht hervorkommt.

Der Prinz hoch zu Ross ist auch nicht weit. Eine märchenhafte Szenerie, die von irgendwoher die unvergessliche Filmmelodie „Küss mich, halt mich, lieb mich“ (natürlich klassisch rein instrumental) in Dauerschleife untermalt.

Am originalen Drehort

Von einem Moment auf den anderen bin ich mittendrin eingetaucht in die Kulisse von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Vor 50 Jahren (im Februar 1973) wurde der Kultfilm genau hier, am eingeschneiten Schloss Moritzburg bei Dresden, gedreht.

Vergessen ist die einstündige Anfahrt vom Quartier in der Sächsischen Schweiz, gequält von der Ungewissheit: Würde ich ohne Online-Reservierung noch eine Eintrittskarte für die Winterausstellung ergattern können, die zwischen November und Februar regelmäßig um die 100.000 Fans anlockt? Mit dunklen Fenstern enttäuschte die Ticketbude auf dem Schlosshof von Weitem zunächst. Von Nahem betrachtet, verwies dort aber ein Aushang auf den geöffneten Verkauf im Souvenirshop. Glück gehabt.

Winterausstellung "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"
Mit seinem Schimmel Nikolaus kommt das Aschenbrödel gleich im ersten Saal aus dem Winterwald hervor. Auf dem Pferderücken präsentiert die Ausstellung den originalen Sattel aus den Dreharbeiten. © Reinhard Schmitz

Die zehn Euro sind wirklich gut angelegt. Einfach erstaunlich, was die Ausstellungsmacher noch an Schätzen in den Archiven der Filmstudios in Babelsberg und Barrandov aufgestöbert haben, wo die deutsch-tschechische Koproduktion entstand.

Unter anderem den echten Reitsattel des Aschenbrödels und viele Kostüme – darunter als Highlight: das Outfit der bösen Schwiegermutter mit dem einmalig komischen Regenschirm-Hut. Auch der Schriftwechsel der Produzenten per Fernschreiber und sogar angegilbte Drehbuchseiten sind zu bestaunen. Getippt in feinster Schreibmaschinen-Pica-Schrift mit handschriftlichen Änderungen und Ergänzungen der Filmemacher.

Autor war in Ungnade gefallen

Viele haben schon zig-mal ihren Träumen vor dem Fernseher freien Lauf gelassen, wenn der Kultstreifen zu Weihnachten fast omnipräsent ist auf den öffentlich-rechtlichen Kanälen. Doch nachdem sie durch die Ausstellung gegangen sind, werden sie ihn mit noch tieferen Einblicken sehen. Beispielsweise lernen sie den eigentlichen Erfinder des Stoffs kennen, der die Vorlage unter dem Namen einer Freundin einreichen musste, weil er in der damaligen Tschechoslowakei politisch in Ungnade gefallen war.

Winterausstellung "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"
Ein Blick von der Empore in den Festsaal von Schloss Moritzburg; die Ballszenen des Films wurden aber im Studio gedreht. In der Glasröhre rechts ist das originale Kostüm der Schwiegermutter ausgestellt. © Reinhard Schmitz

In einem winzigen Kinosaal erklärt ein Sprecher im Zeremonienmeister-Kostüm sogar einige Tricks des Regisseurs. Wie brachte man Pferd Nikolaus dazu, so zu nicken, als ob er jedes Wort des Aschenbrödels verstehe? Von der Kamera unbemerkt, lockte ihn eine Assistentin mit einer Möhre an der Angel.

Überhaupt gibt es den Schimmel zweimal. Weil nach den ersten Drehtagen in der Tschechoslowakei die Maul- und Klauenseuche ausbrach, durften die Rösser nicht über die Grenze zu den weiteren Aufnahmen am Schloss Moritzburg gebracht werden. Die tierische Rolle musste mit einem Double neu besetzt werden.

Haselnüsse als Christbaumkugel

Für die Szenen in der damaligen Tschechoslowakei war als Spielort die Burg Svihov bei Pilsen ausgewählt. So wie sie war, entsprach sie aber nicht den Vorstellungen des Regisseurs. Die Kulissenbauer zauberten noch ein paar Mauern und Balkone dazu, wie ein fein gestaltetes Modell zeigt. Der Clou: Auf Knopfdruck versinken die „unechten“ Zutaten im Boden.

Winterausstellung "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"
Zur Filmmusik drehen sich das noch verschleierte Aschenbrödel und ihr Prinz vor dem Königspaar beim Tanz. © Reinhard Schmitz

Eigentlich wünschte man sich, dass der Rundgang gar nicht enden wolle. Nach der letzten Tür stehe ich im Café mit der (künstlichen) Hochzeitstorte, deren dritter Stock von einem Marzipan-Moritzburg gekrönt ist. Schnell noch drei Haselnüsse aus böhmischem Glas für den Christbaum gekauft. Dann stehe ich wieder draußen in der Winterskälte.

Den Außen-Rundgang ums Schloss, bei dem man durch die Eisblumen in den Ballsaal schauen kann, verhindert einsetzender Eisregen. Ich soll wohl nochmal wiederkommen. Doch zunächst einmal wird das Weihnachtsmärchen der Republik im Fernsehen eingeschaltet. Notfalls hätte ich noch eine DVD zum Einschieben.

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