
Olaf Bachmann bietet Winnetou nicht mehr aktiv an, bestellt den Klassiker aber auf Nachfrage hin. © Laura Quellenberg
Schwerter Buchhändler Olaf Bachmann: „Ich bestelle Winnetou nur auf Nachfrage“
Winnetou-Debatte
Der Ravensburger Verlag hat die neue Auflage von „Winnetou“ aus dem Programm genommen. In einer Schwerter Buchhandlung steigt seitdem die Nachfrage. Die Debatte handhabt man unterschiedlich.
„Winnetou“ von Karl May gehört zu den Klassikern unter den Kinderbüchern. Am 11. August lief die Neuverfilmung „Der junge Häuptling Winnetou“ in den Kinos an. Noch am selben Tag nahm der Ravensburger Verlag zwei zum Film neu aufgelegte Jugendbücher aus seinem Programm.
Von vielen Seiten gab es Kritik an der Geschichte und ihrer Umsetzung. Doch wie gehen die lokalen Buchhandlungen in Schwerte und die Stadtbücherei mit der Winnetou-Debatte um?
„Der Verlag hat richtig entschieden“, sagt die Inhaberin der Ruhrtal-Buchhandlung, Eva Stapper, zu der Entscheidung des Ravensburger Verlages, Winnetou nicht mehr zu verkaufen. „Karl May hat sich die Geschichte vor 150 Jahren ausgedacht“, erklärt die Buchhändlerin. „Heute sehe man das kritischer.“
Kritik an Ravensburger über die sozialen Medien
Seit Erscheinen der neuen Winnetou-Bücher stehen Rassismus-Vorwürfe gegen den Ravensburger Verlag und die Filmproduktionsfirma im Raum. Veraltete Stereotype und Klischees werden vor allem von einigen Instagram-Nutzerinnen und -Nutzern kritisiert.
Häuptling Winnetou und sein Freund Old Shatterhand bestreiten in der Geschichte Abenteuer, die laut Kritik eine falsche Vorstellung der Wirklichkeit hervorrufen könnten. Es werde in Frage gestellt, ob die amerikanischen Ureinwohner und Ureinwohnerinnen tatsächlich so lebten, wie es Karl May beschrieb oder ob er sich Klischees für seine Geschichte aneignete.
Auch über die richtige Bezeichnung Indigener wurde in der Vergangenheit diskutiert. Von vielen werden die verwendeten Begriffe als nicht mehr zeitgemäß und verletzend angesehen.

Das Buch zum Film nahm der Ravensburger Verlag nach mehrfacher Kritik wieder aus seinem Programm. © picture alliance/dpa/Verlag Ravensburger
Aufgrund der Kritik strich der Ravensburger Verlag Winnetou aus seinem Programm. „Euer Feedback hat uns deutlich gezeigt, dass wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben“, so teilte Ravensburger seine Entscheidung auf Instagram mit.
Unter dem Post finden die einen die Entscheidung „genau richtig“, die anderen sprechen von „Zensur“. Doch es ziehen weitere Unternehmen nach. Auch die ARD hat bestätigt, dass sie die Verfilmung von Winnetou nicht mehr zeigen wird. Die Lizenzen dafür sollen schon im Jahr 2020 ausgelaufen sein.
Nachfrage steigt, seit Winnetou aus dem Programm genommen wurde
Gerade seit die Neuauflage des Ravensburger Verlages aus dem Programm genommen wurde, fragen die Kundinnen und Kunden der Ruhrtal-Buchhandlung indes vermehrt nach den Büchern, so Eva Stapper.
Sie erklärt das mit dem „Reiz des Verbotenen“. Die Menschen möchten gerade jetzt wissen, warum die Bücher nicht mehr vom Verlag vertrieben werden. „Das hat es immer gegeben. Bei allem, was kritisch war“, sagt Eva Stapper.

Die Inhaberin der Ruhrtal-Buchhandlung, Eva Stapper, sagt: „Der Ravensburger Verlag hat richtig gehandelt.“ © Laura Quellenberg
Weil sie das Buch des Ravensburger Verlages jedoch gar nicht mehr bestellen kann, spielt die Nachfrage für die Buchhändlerin aktuell keine Rolle mehr.
In der Stadtbücherei ist Winnetou gerade verliehen
Als öffentliche Einrichtung trage die Stadtbücherei von Schwerte zur Meinungsbildung bei, so deren Leiterin Anja Stock. Autoren, Autorinnen und Titel, die gesellschaftlich diskutiert werden, finden sich auch im Angebot der Bücherei, damit sich Interessierte mit Hilfe der verfügbaren Quellen ein eigenes Bild machen können, erklärt sie.
Die Bücherei richte sich nach den Vorgaben der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz. „Was dort indiziert wird, darf von uns nicht mehr entliehen werden.“
Karl Mays Winnetou stehe aktuell allerdings nicht auf dem Index. Das Buch wird also weiterhin angeboten und kann in der Stadtbücherei ausgeliehen werden. Derzeit sei das Exemplar in Schwerte auch verliehen, so Anja Stock. „Ob die aktuell vor allem in der Presse geführte Debatte Karl Mays Werke auf den Index bringt, ist fraglich“, schätzt die Büchereileiterin.
„Das ist keine Zensur“
Obwohl Buchhandlungen ihr Sortiment selbst bestimmen können, möchte auch Olaf Bachmann weiterhin zur Meinungsbildung beitragen. Wenn der Literaturbetrieb Klassiker genau auseinander nehmen würde, bestehe die Gefahr, dass man sich von klassischer Literatur verabschieden müsse, so der Buchhändler. Dann müsste er wohl gleich mehrere Romane aus dem Regal nehmen.
Trotzdem hat Bücher Bachmann die Winnetou-Serie aktuell nicht vorrätig und bestellt sie auch nicht aktiv nach. „Bei mir beginnt Zensur da, wo ich Bücher anbiete oder nicht anbiete. Sie endet aber dort, wo ich ein Buch nicht besorge.“
Deshalb achte der Buchhändler sorgfältig darauf, welche Bücher er anbietet und welche er nur auf Nachfrage hin bestellt. Die Nachfrage nach dem ursprünglichen Klassiker bekommt Olaf Bachmann hin und wieder, wenn Menschen ihre Winnetou-Reihe vervollständigen möchten.
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