
Odysseus (r.) kreuzt mit seinem Schiff durch ein Meer an Zuschauern. Die Abschlussveranstaltung mit dem Theater Gadjes aus den Niederlanden bezog die Besucher mit ein. © Foto: Manuela Schwerte
Welttheater der Straße: Ein Meer aus Zuschauern für Odysseus
Straßentheater
Nach zwei Jahren ist das Welttheater der Straße zurück. Und der Zuschauerandrang am Samstag zeigte auch, dass die Schwerter auf ihr Festival gewartet hatten.
Am Samstagabend auf dem Rohrmeisterei-Plateau wurde es richtig voll. Zum Abschluss des ersten Festival-Tags wollten zahlreiche Zuschauer die Abschlussveranstaltung mit dem Theater Gajes sehen.
Und das war gut, denn die Zuschauer spielten bei der Odyssee der niederländischen Compagnie eine wichtige Rolle. Sie waren nämlich das Meer, durch das Odysseus und seine Mannschaft kreuzten. Mal mit einem Schiff, mal auf Stelzen oder mit bizarren Gefährten.
„Bleiben Sie zwischen den Leuchttürmen“
Gleich zu Beginn stimmten die Akteure ihr mitspielendes Publikum ein. „Bleiben Sie alle zwischen den vier Leuchttürmen, setzen Sie sich nicht hin und es ist schlecht mit Hund oder Kinderwagen“, hieß es mit charmantem niederländischen Akzent. Und dann gingen die Akteure probehalber auf Stelzen durch die Menge und „teilten das Meer“. Die Tatsache, dass immer wieder von einer anderen Seite etwas auf die Zuschauer zukam und das Stück von jeder Position aus anders aussah, war der größte Teil des Spaßes an dieser Aufführung. Die die beiden Festivaltage abschloss.
„Wir haben auf gutes Wetter gesetzt“
„Wir haben in diesem Jahr voll auf gutes Wetter gesetzt“, erklärte der technische Leiter des Festivals, Jörg Rost. Es gab keine Überdachungen, keine Innenveranstaltungen - und selbst Cocktailbar und einige Cateringstände mussten ohne Dach auskommen. „Wir wollen hier die Atmosphäre des Straßentheaters betonen und nicht eine schicke Stadt aus weißen Pagodenzelten aufbauen“, so Rost. Am Freitagabend bei der Auftakt-Gala war Rost für seine 30-jährige Tätigkeit als technischer Leiter des Festivals ausgezeichnet worden.
„Corona hat auch Kreativität frei gesetzt“
Seit fünf Jahren ist Holger Erich Leiter des Festivals. Doch coronabedingt ist es erst sein viertes Welttheater. Corona, so sagt er, habe sicherlich vielen Straßentheatern geschadet. „Es hat aber auch viel Kreativität frei gesetzt.“ So konnte man in diesem Jahr viele neue Stücke sehen, weil die Gruppen die Zwangspause für neue Ideen und Inszenierungen genutzt haben.

Shiva Grings begeisterte auf dem Wuckenhof. © Foto: Manuela Schwerte
Eine echte Premiere bescherte ein Regisseur aus Schwerte dem Welttheater: Dirk Harms gründete mit drei jungen Musikern das Kofferweltentheater. Eigentlich als Kinder- und Jugendtheater gegründet, bot man diesmal ein Stück für Menschen von 6 bis 106 Jahren an und zwar „Leo und Zoe oder die Suche nach einer gemeinsamen Welt“ nach dem gleichnamigen Bilderbuch von Dominique Falda.
Kleine Requisiten oder große Kulisse
Während das Kofferweltentheater nur mit den Requisiten aus einem Koffer auskommt, baute die Compagnie Les P´tits Bras auf dem Marktplatz eine große Kulisse für ihre Mischung aus Theater und Trapez-Artistik auf. Mit etwas weniger Kulisse, aber nicht weniger spektakulär, das Theater Omnivolant. Eine Artistin am Vertikalseil hält einen Monolog über die Angst, ihre am Seil und die in der Gesellschaft.

Der Minimal Circus zeigte an der Ruhrstraße seine Kunststücke. © Foto: Manuela Schwerte
Neuer Spielort wurde angenommen
Erstmals als Spielort war der Parkplatz der Stadtwerke erst kurz vor Beginn der Veranstaltung mit eingebunden worden. Eigentlich sollte das Theater Fragile im Innenhof des Gebäudes am Wilhelmsplatz ihr Stück zeigen. Dann scheiterte das aber, weil es hier keinen zweiten Fluchtweg gibt. So zog man zum Parkplatz an der Liethstraße um. Das Konzept ging auf: auch wenn der Platz etwas vom restlichen Festivalgelände abgeschnitten war, fand das Publikum hierhin.
Nach zwei Jahren Einschränkungen war das Welttheater der Straße 2022 zum einen ein Publikumserfolg, zum anderen aber auch eine Rückkehr zu alter Größe. Ein dichtes Programm und angenehme sommerliche Temperaturen sorgten für beste Stimmung und einen Hauch Normalität in diesen krisengeschüttelten Zeiten.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
