Was kann man gegen leere Läden in Schwerte tun?
Von Bahnhofsstraße bis Hüsingstraße
Was sind die großen Themen der Stadt? Bei den Leserfragen an die Bürgermeister-Kandidaten ergaben sich drei Themen-Schwerpunkte. Einer davon sind die leeren Ladenlokale in der Stadt. Kann man die verhindern?

Auch an der Hagener Straße gibt es Leerstände, wie hier das ehemalige Ladenlokal von Blickfang. Foto Paulitschke © Bernd Paulitschke
Auf Hussel folgt Unity-Media, die verschwinden dafür aber an der Bahnhofstraße. Dort, wo einst Betten Kirchner war, ist seit Jahren eine Mini-Fotoausstellung, und im Möbelhaus auf der Bahnhofstraße geben sich Künstler und ein Bürgermeisterkandidat derzeit ein Stelldichein. Insgesamt 15 Leerstände weist Schwertes opulente Einkaufsmeile (ohne die Hagener Straße und das City-Centrum) auf. Die misst nämlich, wenn die Bahnhofstraße erst ausgebaut ist, inklusive der Fußgängerzone mit Hüsing-, Teich- und Mährstraße satte 750 Meter. Genausolang wie der Westenhellweg in Dortmund von seinem Beginn am Wall bis zur Reinoldikirche.
Ganz schön viel Raum für den schrumpfenden Einzelhandel. Das findet auch Ulf Wollrath, Geschäftsführer der Industrie und Handelskammer und dort Experte für den Einzelhandel. Die Steuerung sei aber für Städte nicht so einfach. Denn schließlich gehören die Immobilien Privatleuten. Mit denen könne man reden, sie aber nicht zwingen. Schwerte sei mit seinem Problem nicht alleine, und eigentlich auch noch ganz gut aufgestellt.
Beispiel Hörde
Dennoch, die Zeiten der Einkaufsstadt mit Herz, als man noch viele Kunden auch aus dem Dortmunder Raum anzog, sind vorbei. Dortmunder Vororte wie Hörde, die lange nichts zu bieten hatten, haben aufgeholt. Un der Onlinehandel macht nicht nur den Klein- und Mittelzentren wie Schwerte zu schaffen. „Wenn sie in Dortmund etwas abseits vom Hellweg sind, treffen sie auch auf Leerstände“, betont Wollrath.
Wenn man übrigens vom Fall Hörde lernen will, dann das: Als der Phönix-See und damit der Aufwärtstrend des Vororts in greifbarer Nähe war, haben die Hörder sich ein Büro vor Ort geleistet, in dem man potenzielle Investoren und Einzelhändler beraten hat. Doch die Beratung ist immer nur so viel Wert, wie Immobilienbesitzer bereit sind, sich zusammenschließen und Entscheidungen abzugeben.
Beispiel Bingen am Rhein
In Bingen am Rhein, so Wollrath, da habe das mal gut geklappt. Dort waren aber die Mieten in der Zwischenzeit derart verfallen, dass man einen Immobilienpool gegründet hat, der zentral vermarktet wurde. Das habe nicht nur Leerstände beseitigt, sondern auch geholfen, einen guten Mix an Sortimenten zu bekommen.
Denn nicht nur die Online-Konkurrenz bedroht die Innenstädte. Auch der Handel auf der grünen Wiese bleibt ein Thema. Vor allem, weil Innenstädte wie Schwerte überhaupt keine Flächen für Geschäfte, die von allein viele Kunden anlocken, die sogenannten Frequenzbringer, haben. „Ich wüsste da allenfalls das City-Centrum“, so Wollrath. Aber das müsse sehr aufwendig saniert werden, bevor da jemand mit Lebensmitteln oder ein anderer Frequenzbringer einziehe.
Überhaupt liege die Zukunft des stationären Einzelhandels in einer Kombination mit dem Internet. Doch beide Welten zu verzahnen sei teuer. Um einen mittelgroßen Laden zu einem Anbieter zu machen, bei dem man zum Beispiel im Netz bestellt, die Waren kurzfristig dort dann abholt oder auch probiert, bei dem man auch online sehen kann, was im Laden vorrätig ist, koste einen mittleren sechsstelligen Betrag. Denn neben der Technik sei auch eine ganz andere Lagerhaltung notwendig. In der Autobranche ist das schon üblich.
Letztlich glaubt aber auch IHK-Experte Wollrath, dass es für die Städte besser wäre, wenn man in manchen Bereichen über Umnutzungen von Einzelhandelflächen nachdenken würde.
Beispiel Alt Schwerte
Was die Leerstände betrifft, sei die Situation in Schwerte zwar ernst, aber noch im Rahmen, findet Peter Rienhöfer, Vorsitzender der Werbegemeinschaft. Schwierig sei es immer dort, wo Immobilienbesitzer keine Investitionen mehr machen und ihre Gebäude über Jahre als Abschreibungsobjekt behalten. Ein Beispiel dafür sei das Haus mit den Schaufenstern vom Herrenhaus Fischer und der Gaststätte Alt-Schwerte. Die verwahrloste Immobilie habe einen Flächenbrand an der unteren Hüsingstraße nach sich gezogen.
Beispiel Hüsingstraße
„Mittlerweile gibt es einen Bruch auf Höhe Bijou Brigitte“, so Rienhöfer. Südlich davon gebe es relativ viele Leerstände. Ähnlich sieht es an der nördlichen Bahnhofstraße rund um die ehemalige Netto-Filiale aus. Insgesamt habe Schwerte aber eine gute Kaufkraft und ausreichende Besucherströme, glaubt Rienhöfer. Und zumindest für seine Branche, das Augenoptiker-Geschäft, sieht er eine Trendwende, was Online-handel betrifft. Der Online-Optiker Mr. Spex setze zum Beispiel wieder auf Filialen.
Auch wenn es in Schwerte von Handy-Geschäften wimmelt, die allgemein für einen Abwärtstrend einer Einkaufsmeile gelten, will Rienhöfer das so nicht stehen lassen. Denn für Existenzgründer sei Schwerte immer noch ein gutes Pflaster. Wer in Oberzentren wie am Westenhellweg in Dortmund bestehen will, müsse auf das Produkt und die Preise setzen. In Schwerte könne man auch noch mit dem Geschäft an sich punkten. „Und zuletzt haben es die Einkäufer selbst in der Hand, ob sie eine schöne und funktionierende Innenstadt haben“, so Rienhöfer.
Sonja Pusceddu hat seit 12 Jahren das Geschäft Vielerlei am Ende der Mährstraße. Sie meint, dass die Situation der Leerstände derzeit dort gar nicht so schlimm sei. „Wir hatten schon Zeiten, wo hier der Hund verfroren war, aber im Moment finde ich das nicht“, sagt sie. Ganz im Gegenteil, der Branchenmix in der Mährstraße sei gut und die Kundenfrequenz auch.