
© Foto: Manuela Schwerte
Warum es keinem weh tut, wenn Schwerter Schüler an Schwerter Gymnasien abgewiesen werden
Klare Kante
Wer Holzener ist, bleibt draußen. Am Gymnasium sind Schwerter und Hennener unter sich. Unser Autor findet: Das ist kompletter Unsinn. Und in der Debatte bleiben viele Argumente außen vor.
Es ist ja immer eine Frage, wie man gerade argumentiert. Mal ist man Weltbürger, mal Deutscher, mal Borusse (oder meinetwegen auch Schalker), mal Ruhri und mal Westfale - wie es gerade so passt.
Wenn es um das Thema Schulpolitik geht, dann ist das anders: Da ist der Schwerter Schwerter und nichts anders. Da ist er auch nicht Grün oder Rot oder Gelb. Da schließt sich der Kreis von den Linken bis zur FDP. Man möchte nicht in der Zeitung lesen, dass ein Schwerter Kind an einem Schwerter Gymnasium abgewiesen wurde.
Und wenn Schwerte tatsächlich eine Insel im Stillen Ozean wäre, dann wäre das sicherlich der einzig richtige Weg. Nun ist Schwerte aber eine Stadt an der Ruhr im gleichnamigen Gebiet, das zu den dichtest besiedeltsten Regionen der Bundesrepublik gehört. Und wenn man mal ganz ehrlich ist, kann man kaum eine Grenze zwischen den Städten ausmachen.
Die gibt es freilich, durch Ortsschilder markiert. Und dieses Grenze bestimmt halt auch, ob mein Kind auf das relative nahe RTG oder FBG darf, oder nach Hörde fahren muss.
Was ändert sich denn wirklich?
Das ist für die meisten Lokalpolitiker gesetzt. Klar, die durch diese Regelung Benachteiligten sind ja die Wähler von Sierau und Co. - nicht von ihnen. Dass man sich in Dortmund ähnlich kindisch verhält, geschenkt.
Aber mal im Ernst: Angenommen die Stadt Schwerte zahlt die Beförderungskosten für die Schüler aus Höchsten und Holzen und trägt auch das Risiko, dass es tatsächlich mal zuviele Anmeldungen gibt, ist das ein Weltuntergang? Bricht mit der Schlagzeile, dass ein Schwerter Schüler keinen Platz an einem Schwerter Gymnasium bekommen hat und ein Holzener vielleicht doch, die Apokalypse über den Rat herein?
Aktuell wird ja da über die Beschulung an Gymnasien geredet. Wenn also ein Schwerter Kind keinen Platz an einem Schwerter Gymnasium bekäme, wären immer noch zwei Gesamtschulen, an denen man auch Abitur machen kann, in der Hinterhand.
Das wäre also nicht anders als bei Schwerter Kindern, die auf die Haupt- oder Realschule wollen: Die müssen auch auf die Gesamtschule oder in eine andere Stadt. Und wenn die Gymnasien wie beschlossen zu neun Schuljahren zurückkehren, hat auch das keinen Einfluss auf die Schulzeit. Außer man will aus ideologischen Gründen unbedingt den Nachwuchs auf einem Gymnasium sehen.
Real- und Hauptschüler haben auch keine Wahl
Betrachtet man die Angelegenheit mal von der anderen Seite: Da kämpft man in Rat und Stadtverwaltung mit viel Aufwand für die Innenstadt und die Geschäfte in Schwerte. Man bemüht sich um Klimaschutz und will unnötigen Straßenverkehr vermeiden. Dann schickt man aber Schüler aus Höchsten und Holzen, die vermutlich zum größten Teil zu Familien gehören, die sich eher nach Schwerte, denn nach Hörde oder Aplerbeck orientieren, mit Macht dorthin. Und nimmt damit für die meisten von ihnen längere Wege in Kauf, die sie vermutlich nicht klimaneutral zurücklegen werden.
Vielleicht wäre es das Beste, wenn die Kommunen und ihre Räte komplett vom Thema Schulen befreit würden. Das würde die Städte finanziell entlasten und vielleicht zu etwas sinnvolleren Entscheidungen führen. Und im Zweifelsfall könnten die Kommunalpolitiker dann ja nach Arnsberg oder Düsseldorf zeigen, wenn ihre schlimmste Befürchtung eintritt und ein Schwerter Kind in Schwerte nicht beschult werden kann.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
