Eine Person hinterlässt einen Kratzer an einem anderen Auto, verursacht teuren Sachschaden oder verletzt sogar einen anderen Menschen – und verschwindet einfach: Das passiert im Kreis Unna fünf bis sechs Mal täglich. Die Fälle von Unfallflucht sind auf ein Rekordhoch gestiegen. Die Stadt Unna belegt den traurigen Spitzenplatz. Und in den meisten Fällen bleiben die Geschädigten auf ihren Kosten sitzen, weil die Polizei keine Täter finden kann.
Über 2.000 Mal Unfallflucht im Kreis Unna
„Verkehrsunfallflucht hat sich wohl zu einem Kavaliersdelikt gemausert“, sagte Thomas Röwekamp, Leiter des Verkehrsdienstes der Polizei, bei der Vorstellung der Unfallstatistik 2024 für den Kreis Unna (ohne Lünen). Die Zahlen, die er präsentierte, belegen, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort an der Tagesordnung ist. 2.013 Fälle wurden 2024 angezeigt. Das sind rund 100 Fälle mehr als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Die Zahl war im Kreis Unna zuletzt 2017 (2.063 Fälle) höher gewesen und war danach Zug um Zug gesunken, um ab 2022 wieder anzusteigen.
32 Fälle mit Verletzten in Unna
Fast jede vierte dieser Straftaten wurde 2024 im Gebiet der Stadt Unna begangen. Besonders ins Auge fällt die relativ hohe Quote der Verletzten in dieser Statistik. Mit 32 Unfallfluchten mit Personenschaden liegt die Stadt Unna auf Platz 1, gefolgt von Werne (14) sowie Schwerte, Kamen und Bergkamen (jeweils 11 Fälle).
Unverständnis: Autos sind versichert
„Ich habe dafür überhaupt kein Verständnis“, sagt Röwekamp. Jeder habe eine Versicherung, die Schäden reguliert. Dies gilt allerdings nur für Schäden, die mit einem Auto begangen werden. Ohne eine Haftpflichtversicherung darf ein Auto nicht auf einer öffentlichen Straße fahren. Verursacht man hingegen als Fußgänger oder Radfahrer einen Schaden, greift gegebenenfalls die private Haftpflichtversicherung, die zwar jeder haben sollte, aber niemand haben muss.
Wer hingegen nun wie in den über 2.000 Fällen im Kreis Unna vom Unfallort flüchtet, verhindert, dass überhaupt eine Versicherung für Schäden aufkommt. „Es ist schändlich, einfach wegzufahren. Der Geschädigte bleibt auf seinem Schaden sitzen“, sagt Polizist Thomas Röwekamp.
Mehr als die Hälfte wird nicht gefasst
In den meisten Fällen kommen die Täter davon. Bei 1.272 Unfallfluchten im Jahr 2024 konnte die Polizei keine Verursacher ermitteln. Die Aufklärungsquote bei den besonders häufigen Sachschadensunfällen sinkt. Sie lag 2020 und 2021 noch bei 41 Prozent und zuletzt nur noch bei 36 Prozent. Also wird nur noch gut jeder dritte Fall aufgeklärt.
Wird jemand verletzt, ist die Wahrscheinlichkeit etwas höher, dass der Verursacher nach seiner Flucht erwischt wird: 2024 lag sie bei 52 Prozent. Das ist etwas mehr als im Vorjahr (49 Prozent), aber auch hier war die Aufklärungsquote schon höher. 2020, ‘21 und ‘22 fasste die Polizei noch rund zwei Drittel aller flüchtigen Verursacher von Unfällen mit Personenschäden.
Straftat, die teuer werden kann
Unfallflucht ist eine Straftat, auch wenn bei dem Unfall niemand verletzt wurde. Der Verursacher riskiert eine Geld- oder Freiheitsstrafe. Gleichzeitig drohen Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot. Wie der Autoclub ADAC außerdem informiert, bekommt ein gefasster Unfallflüchtiger Schwierigkeiten mit seiner eigenen Versicherung. Die Kfz-Haftpflicht zahle zwar den Schaden des Unfallgegners, hole sich das Geld aber vom Verursacher zurück – bis zu einer Höhe von 5.000 Euro, bis 10.000 Euro, wenn Alkohol im Spiel war. Auch seinen eigenen Schaden müsse der Unfallflüchtige selbst bezahlen, weil die Kasko-Versicherung meistens ihre Leistung streiche.
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