Meerschweinchen Banksy wird Weihnachten bei Catharina Seelig im Schwerter Tierheim verbringen.

© Irina Höfken

Weihnachtsbaum rein, Meerschweinchen raus: „Wir wollen einen Hund“

rnTierheim Schwerte

Catharina Seelig nennt sie die „Weihnachtsbaum-kommt-rein-Kleintier-muss-raus-Wochen“ und erinnert sich an eine besonders abgebrühte Familie. Erst in dieser Woche gab es wieder Neuankömmlinge im Tierheim.

Schwerte

, 25.12.2021, 13:00 Uhr

„Die wollen wir abgeben.“ Vor der Tür des Tierheims Schwerte stehen Mutter, Vater und zwei Kinder. In den Händen halten die Kinder einen Käfig, in dem ihre zwei Meerschweinchen sitzen und munter quieken. „Die Kinder haben beschlossen, dass wir sie weggeben. Sie wünschen sich einen Hund“, haben die Eltern gesagt. „Wir fahren jetzt nach Polen und kaufen einen.“

„Weihnachtsbaum-kommt-rein-Kleintier-muss-raus-Wochen“

Es sei am 23. Dezember passiert, nur einen Tag vor Heiligabend, erinnert sich Catharina Seelig rückblickend. Allerdings sei das schon ein paar Jahre her. Diese Szene wird der Leiterin des Tierheims aber immer in Erinnerung bleiben, sagt sie. „Am liebsten hätte ich ihnen den Käfig wieder in die Hände gedrückt. Aber wer so abgebrüht ist, der denkt sich bestimmt auch, ‚die werden es draußen schon schaffen‘“, sagt sie.

Dass Kleintiere kurz vor Weihnachten noch mal schnell im Tierheim abgegeben werden, ist keine Seltenheit. Im Schnitt werden laut Seelig fünf bis sechs Kleintiere in den Wochen vor Heiligabend abgegeben. In dieser Woche gab es schon vier Neuankömmlinge: ein Meerschweinchen, eine Rennmaus und zwei Kaninchen.

Meerschweinchen Banksy sucht ein neues Zuhause.

Meerschweinchen Banksy sucht ein neues Zuhause. © Irina Höfken

Catharina Seelig nennt es die „Weihnachtsbaum-kommt-rein-Kleintier-muss-raus-Wochen“. Warum das so ist? „Mein Eindruck ist, dass die Menschen vor und an Weihnachten mehr aufeinander sitzen und feststellen, dass sich das Kind eigentlich gar nicht mehr richtig kümmert. Kann also mal weg“, sagt sie.

Vier Voraussetzungen, die beim Kauf von Kaninchen und Co. wichtig sind

Das große Problem sei, dass Meerschweinchen, Hamster und Co. selbst in Tierfachgeschäften immer noch zu wenig kosten. Außerdem gelten sie als Einsteigertiere, seien schnell angeschafft und dann erst falle auf, dass ein Kleintier doch viel Arbeit macht. Der häufigste Grund, warum sie dann im Tierheim landen, sei mangelnde Zeit.

Catharina Seelig nennt vier Voraussetzungen, die interessierte Käufer bedenken sollten:

  • Ein Käfig ist keine artgerechte Haltung: Kleintiere brauchen viel Platz, viel Auslauf
  • Viel Zeit: Der Käfig muss sehr regelmäßig sauber gemacht werden
  • Kostenfaktor: Die Kosten sind bei der Anschaffung zwar minimal, für Kaninchen kommt die Kastration eines Böckchens (männliches Kaninchen) mit etwa 70 Euro on top und auch eine Impfung wird fällig. Treten Magen-Darm-Probleme auf, kann der Besuch auch mal dreistellig werden.
  • Alter: Das Kaninchen kann zehn Jahre alt werden. Ist das Kind bei der Anschaffung zehn Jahre alt, nimmt es das Kaninchen zum Studieren mit? Die Lebensphase muss überlegt werden.

Auch die kuschligen Zwergkaninchen Mama (r.) und Tochter (l.) freuen sich, wenn eine Familie sie im neuen Jahr adoptiert.

Auch die kuschligen Zwergkaninchen Mama (r.) und Tochter (l.) freuen sich, wenn eine Familie sie im neuen Jahr adoptiert. © Höfken, Irina



„Man schenkt sich ja auch kein Kind zu Weihnachten!“

Ganz klar lautet ihr Appell: „Ein Tier ist kein Weihnachtsgeschenk. Man schenkt sich ja auch kein Kind zu Weihnachten! Verantwortung bietet sich nicht als Geschenk an.“ Für Ersttierhalter ist beim Tierheim Schwerte deshalb auch eine Woche vor Weihnachten Vermittlungsstopp. Im neuen Jahr, am 3. Januar, können Interessierte wieder einen Termin im Tierheim unter der Telefonnummer (02304) 61249 ausmachen.

Catharina Seelig betont aber auch, dass die Zahl der kurz nach Weihnachten abgegebenen Tiere in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sind. „Vor zehn Jahren gab es an den Festtagen eigentlich immer den klassisch ausgesetzten Hund. Das ist nicht mehr so.“ Die Leiterin des Tierheims hat die Hoffnung, dass die Aufklärung bei den meisten doch fruchtet. Aber: „Unvernünftige gibt es immer.“

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