„Dann kann ich das Tier ja wieder abgeben" - Tierheim Schwerte in Sorge vor Abgabewelle

© Felix Mühlbauer (Archiv)

„Dann kann ich das Tier ja wieder abgeben" - Tierheim Schwerte in Sorge vor Abgabewelle

rnCorona-Lockdown

Tiere für den Lockdown? Das Tierheim in Schwerte hat im vergangenen Jahr sehr viele Anfragen bekommen. Doch die Sorge vor einer Abgabewelle nach Corona wird größer.

Schwerte

, 22.02.2021, 11:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Zahlen, die das Ordnungsamt der Stadt Schwerte der Redaktion auf Anfrage mitteilt, überraschen zunächst: Im Jahr 2020 wurden nur 20 Hunde mehr neu angemeldet als 2019. Insgesamt waren es 2020 376 Hunde, in 2019 waren es 356 Hunde.

Warum diese Zahlen überraschen? Tierschutzbund und Tierheime reden schon seit Längerem von einem Haustierboom in Corona-Zeiten. Doch wenn man hinter die nackten Zahlen blickt, dann wird schon am Beispiel des verhältnismäßig kleinen Tierheims in Schwerte deutlich: Es gibt eine größere Nachfrage nach Tieren im Lockdown.

„Extrem" gesteigerte Nachfrage

„Wir hatten im vergangenen Jahr eine extrem gesteigerte Nachfrage nach Tieren, insbesondere natürlich nach jungen Hunden und Katzen", resümiert Tierheim-Leiterin Catharina Seelig. Da habe das Telefon nicht still gestanden. „Seit Anfang diesen Jahres ist es ein bisschen weniger, aber die Nachfrage ist immer noch hoch", so Seelig.

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Die gesteigerte Nachfrage merke aber nicht nur sie im Tierheim. „Die Nachfrage ist so hoch, die Züchter können mittlerweile sehr hohe Preise aufrufen. Da gibt es unglaublich lange Wartelisten", erklärt die Tierheim-Leiterin.

Eine Entwicklung, die Sorgen bereitet

Es ist eine Entwicklung, die Catharina Seelig durchaus Sorgen bereitet. Sie rechnet damit, dass nach dem Corona-Lockdown eine Abgabewelle folgt. „Das wird auf jeden Fall auf uns zukommen. Nicht unbedingt bei den Tieren, die aus den Tierheimen vermittelt wurden, aber zum Beispiel bei Tieren, die über das Internet gekauft wurden."

Sie selbst habe auch entsprechende Fragen bekommen: „Da hieß es, man habe jetzt gerade Zeit, sich um ein Tier zu kümmern. Auf die Nachfrage, was nach dem Lockdown mit dem Tier passiert wurde nur geantwortet: 'Dann kann ich das Tier ja wieder abgeben.'"

Solche Menschen und diejenigen, die nicht sofort ein Tier im Tierheim oder beim Züchter bekämen, könnten dann im Internet fündig werden. Doch das sei nicht immer eine gute Alternative. „Der illegale Welpenhandel ist ein ganz großes Problem in Deutschland", erklärt Catharina Seelig. „Teilweise sind die Impfausweise gefälscht oder die Tiere haben ansteckende Krankheiten und sterben daran."

Vorher Gedanken machen

Jeder der sich ein Tier anschaffen möchte, sollte sich vorher Gedanken darüber machen - nicht nur darüber, woher die Tiere kommen. „Jeder, der sich ein Tier anschaffen möchte, sollte sich das genauso überlegen, wie bei einem Kind. Das Tier ist von uns sozial und finanziell komplett abhängig", mahnt Seelig. „Ein Tier ist ein Hobby und das kostet Geld. Deshalb sollte man sich fragen, ob man sich das Tier leisten kann."

Bei Familien sollte immer die komplette Familie hinter der Anschaffung des Tieres stehen.

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„Wir sehen das Problem insbesondere auch bei Kleintieren. Irgendwann kümmert sich die Mama darum, weil die Kinder keine Lust mehr darauf haben." Wenn man als Elternteil also selber kein Interesse an dem Tier hat, „dann wird das auch nichts."

Schwieriges Jahr für das Tierheim

Auch wenn man sich kaum vor Anfragen zu den Tieren im Tierheim retten konnte, war das vergangene Jahr finanziell eine Katastrophe für das vom Tierschutzverein Schwerte und Umgebung betriebene Tierheim. Das große Problem: Die Tierpension brachte kaum Einnahmen. „Das Geld aus der Pension fließt eigentlich in den Unterhalt des Tierheims. Das konnten wir finanziell auch nicht durch die Tiervermittlung auffangen", erklärt Catharina Seelig. An der Tiervermittlung verdiene man kein Geld. Durch den Wegfall der Einnahmen aus der Tierpension sei es ein „finanzielles Katastrophenjahr" gewesen.

Allerdings habe man viele Sachspenden erhalten und auch die Aktionen rund um Weihnachten hätten geholfen. „Sie konnten die finanziellen Verluste allerdings bei Weitem nicht auffangen", so Seelig.

Erzählen Sie und Ihre Geschichte:
Sie sind eine junge Familie und haben sich im Lockdown ein Tier angeschafft? Welche Gedanken haben Sie sich diesbezüglich vorher gemacht? Wie haben Sie das passende Familienmitglied gefunden? Erzählen Sie uns Ihre Geschichte. Melden Sie sich gerne unter carina.strauss@lensingmedia.de oder unter der Telefonnummer 0231/90594910 oder 02304/910247.
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