Vom Stubentiger zur Baumbezwingerin Bei uns ist immer „Tag der Katze“

Vom Stubentiger zur Baumbezwingerin: Bei uns ist immer „Tag der Katze“
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Jemand hat einmal in wenigen Sätzen den Unterschied zwischen Hund und Katze erklärt. Der Hund sieht Herrchen oder Frauchen und denkt: „Die füttern mich. Sie müssen Götter sein.“ Die Katze sieht dasselbe und denkt: „Die füttern mich. Ich muss Gott sein.“

Wer immer das gesagt hat, ist ein weiser Mensch. Das weiß ich, seitdem wir vor acht Jahren eine scheue, ein wenig übergewichtige Wohnungskatze adoptiert haben. Acht Jahre – das sind 2.920 Tage. Und davon war bisher jeder Tag ein „Tag der Katze“. Zum Glück.

Haus-Katze

Dass Minnie zu uns kam, war ein Zufall. Sie gehörte dem älteren Herrn, der uns damals sein Haus verkaufen wollte. Bei den Besichtigungsterminen sahen wir sie unter der Bettkante oder hinter dem Sofa hervorlugen: Ein scheues Tierchen mit einer ordentlichen Wampe, das offenbar die meiste Zeit mit Fressen verbrachte. Warum auch nicht? In jeder Ecke der Wohnung standen gefüllte Futternäpfe.

„Das ist eine Drinnen-Katze, die ist vier Jahre alt und die hab ich aus dem Tierheim“, erklärte uns der Hausbesitzer. Um betrübt hinzuzufügen: „Wenn ich Ihnen das Haus verkaufe, muss sie wieder ins Heim.“ Also bekamen wir am Ende beides: ein Haus mit einer Katze drin. Einer Drinnen-Katze.

Katze
Wer früh aufsteht, muss viel schlafen. Es reicht ja, wenn man den Rest der Familie um fünf Uhr geweckt hat. © Martina Niehaus

Mein liebster Mann war anfangs noch etwas zögerlich – als Kind hatte er keine Haustiere gehabt. Doch er hatte keine Wahl: ohne Katze kein Haus! Heute ist es meist er, der um fünf Uhr morgens aufsteht, um Minnie zu füttern.

Denn ihr Appetit ist weiterhin prächtig. Spätestens um halb fünf beginnt sie, die Familie zu wecken. Dabei bedient sie sich mehrerer Taktiken:

  • Kratzen an der Tür / am Sofa / am Bett: Sobald die Katze ihre scharfen Krallen am Mobiliar wetzt, springt der Hausherr auf, um seinen Besitz zu retten. Und wenn er schon mal wach ist, kann er auch gleich das Futter öffnen. Tut er das nicht, wiederholt die Katze das Ritual. So wird auch das begriffsstutzigste Herrchen irgendwann erzogen.
  • Erheben der Stimme: Hören die Menschen ihr Kratzen nicht – oder ignorieren sie es – erhebt Minnie ihre Stimme. Und die kann sehr laut sein. An Schlaf ist erst wieder zu denken, wenn das Futter im Napf ist. Eine gute Form der gewaltfreien Erziehung.
  • Rohe Gewalt: Manchmal versagen alle friedlichen Mittel. Dann ist Kampfbereitschaft gefragt: Minnie springt aufs Bett und befühlt zunächst mit der Pfote die Augen der Familienmitglieder. Hilft das nicht, springt sie mit Anlauf in die Magengruben ihrer Ernährer. Beim Herrchen springt sie auch gern gezielt etwas tiefer. Eine höchst erfolgreiche Taktik.


Obwohl Minnie Frühaufsteherin ist, bekommt sie ihren Schönheitsschlaf. Denn sobald alle wach und in der Schule sind oder anfangen zu arbeiten, legt sie sich wieder hin. Mindestens 14 Stunden ihre Katzentage verpennt sie.

Katze klettert auf einen Baum
Klettern muss man üben. Gut, wenn die Gartenmöbel passend stehen. © Martina Niehaus

Auf dem Baum

Glücklicherweise hat Minnie im Laufe der Jahre etwas abgespeckt. Denn auch sie ist ins Trainingslager gegangen. Zum Haus gehört nämlich ein großer Garten mit Bäumen. Und kurz nach dem Hauskauf beschlossen wir, aus unserer Drinnen-Katze eine Draußen-Katze zu machen.

Was im Umkehrschluss bedeutet, dass ich sie anfangs mindestens einmal in der Woche von irgendeinem Baum herunterholen durfte. Man stelle sich das so vor: Abends um elf hören wir verzweifeltes Miauen aus der Konifere der älteren Nachbarin. Während ich (mit einer Ikea-Tasche über der Schulter) hinaufklettere und sie auf vier Metern Höhe irgendwann erreiche, steht mein Mann mit den Jungs und der Taschenlampe unten und schimpft auf das „Katzenvieh“. Die schwerhörige Nachbarin steht inzwischen auf ihrem Balkon und ruft: „Sie haben aber eine hübsche Pussy!“ Meine Familie bricht vor Lachen zusammen, ich stecke genervt die Katze in den Sack und klettere wieder hinunter.

Katze klettert
Vielleicht klappt es von der anderen Seite aus besser. © Martina Niehaus
Katze im Baum
Geschafft! Wie ging es noch mal runter? Zum Glück sind nicht alle Bäume so hoch wie Nachbar’s Konifere. © Martina Niehaus

Inzwischen hat sich der ehemalige Stubentiger zu einer gefährlichen Tigerin und Baumbezwingerin entwickelt. Als Zeichen der Zuneigung legt sie uns regelmäßig Mäuse unter den Tisch, feindliche Katzen verjagt sie mit Geschrei. Hört sie nachts ungewohnte Geräusche im Garten, warnt sie uns mit einem Grollen, bei dem das Bett vibriert. Kein Wachhund könnte das besser. Und wenn man ihr dabei zusieht, wie sie sich putzt – oder ihrem Schnurren lauscht – entspannt man sich sofort.

Das Schönste jedoch ist, dass unsere Fünf-Kilo-Göttin sofort merkt, wenn es jemandem in der Familie schlecht geht. Wenn einer meiner Männer krank, traurig oder einfach nur gestresst ist, weiß ich sofort, an wessen Fußende ich Minnie finde.

Heute ist Minnie zwölf Jahre alt. Meine Jungs fragen mich häufig, wie alt sie wohl wird. Und ich hoffe, dass wir noch hunderte, wenn nicht tausende „Tage der Katze“ mit ihr erleben werden.

Katze in der Zeitung
Gibt’s was Neues? Bei uns ist jeden Tag „Tag der Katze“. Und das ist auch gut so. © Martina Niehaus

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