
© Aileen Kierstein
Stichprobe in Schwerte: Wie stark werden Toilettenpapier und Nudeln gehamstert?
Corona-Pandemie
Toilettenpapier, Mehl und Seife: Wie schon zu Beginn der Pandemie horten einige Schwerter wieder ihre Einkäufe. Märkte beschränken die Abgabemengen. Auch die ersten Regale sind wieder leer.
Die Frau an der Kasse des Discounters knallt selbstbewusst zwei XXL-Pakete Toilettenpapier aufs Band – extra soft und vierlagig. Wenn schon Pandemie, dann wenigstens komfortabel und mit Würde. Dass um sie herum die anderen Kunden tuscheln und die Augen verdrehen, stört sie nicht. Noch weniger der vielsagende Blick der Kassiererin. Alle gucken, aber niemand sagt was.
Der Mann hinter ihr blickt sich um, reckt den Hals in Richtung der Regale. „Ob ich noch schnell zurücklaufen sollte?“, könnte er vielleicht denken. Er lässt es und geht ohne Vorrat nach Hause.
Es ist wie ein Flashback zurück ins Frühjahr. Der Nachhall einer Zeit, in der die Deutschen kaum stolz auf sich gewesen sein können – aber die meisten unter Druck trotzdem mitmachten. In manchen Schwerter Läden sind offenbar wieder Hamsterkäufer unterwegs. Einige Supermärkte haben Konsequenzen gezogen und die Abgabemengen beschränkt.
Noch genügend Vorräte in den meisten Supermärkten
Zwei Pakete pro Einkauf: So viel Toilettenpapier darf im Aldi an der Margot-Röttger-Rath Straße im Einkaufswagen landen. Der Markt hat die Abgabemengen wieder limitiert – auch für Küchenrollen und Seife. So steht es auf den kleinen orangenen Schildern, die die Regale säumen.
Eigentlich ist im Discounter aber noch genug vorhanden. Auf den Paletten stapeln sich die Pakete in rund anderthalb Metern Höhe. Auch typische andere Hamsterkauf-Produkte wie Mehl, Hefe und Seife sind noch vorrätig.
Unsere Stichprobe fand am frühen Mittwochnachmittag in vier Supermärkten der Schwerter Innenstadt sowie in den Drogeriemärkten an der Hüsingstraße statt. Dabei ging es vor allem um die Beobachtung spezieller Warengruppe, die in den ersten Wochen der Corona-Pandemie im März kaum noch, oder gar nicht mehr zu bekommen waren. Im Speziellen sind das Toilettenpapier, Küchenrollen, Desinfektionsmittel und Seife, Mehl und Hefe, Nudeln sowie Alltagsmasken.
Während in anderen Städten schon wieder die Panikkäufer unterwegs sind, geht es in Schwerte augenscheinlich noch gesittet zu. Wer ganz genau hinsieht, dem könnte am Mittwoch aufgefallen sein, dass hier und da etwas weniger Mehl im Regal steht als üblich. Dass man nur noch aus fünf Varianten Küchenrolle aussuchen kann, statt aus sechs. So sah sie aus, die erste Bilanz unserer Stichprobe nach Besuchen im Lidl an der Schützenstraße, im Kaufland, im Aldi am Bahnhof.
Besuch im letzten Supermarkt soll das Gegenteil beweisen
Doch einmal quer über den Parkplatz an der Margot-Röttger-Rath-Straße ist die Welt schon eine andere. Im Rewe-Markt ist gleich ein halber Gang wie leergefegt. In den vier Regalböden, in denen normalerweise Toiletten- und Küchenpapier angeboten werden, liegt am Mittwoch kein einziges Paket mehr. „Es ist wieder soweit...“ steht groß auf den weißen Zetteln. Es käme „erneut zu temporären Knappheiten diverser Warengruppen“.
Deshalb gilt im Rewe ab sofort: Toilettenpapier, Seife, Küchenrolle und Desinfektionsmittel nur noch ein Mal pro Haushalt. Rewe schreibt weiter: „Bitte denken Sie an Solidarität und Mitgefühl, damit wir auch zu Pandemie-Zeiten eine erstrebenswerte Gesellschaft bleiben.“ Aus der Zentrale in Köln heißt es hierzu: „Wir sehen derzeit keinerlei Veränderungen des Einkaufsverhaltens unserer Kunden.“ Die Nachfrage in allen Märkten sei entspannt.
Auch in dm und Rossmann an der Hüsingstraße sind nur die Preisschilder der einzige Hinweis auf das, was eigentlich in den Regalen liegen sollte. Toilettenpapier: Fehlanzeige. Die Pressestelle der Drogeriemarkt-Kette dm konnte bereits eine erhöhten Nachfrage nach Toilettenpapier, Desinfektionsmitteln und Seife feststellen. Darauf sei man allerdings nach der ersten Welle im Frühjahr vorbereitet gewesen. Im Schwerter Rossmann heißt es hierzu auf einem Aushang: „Die Warenversorgung von Toilettenpapier in Deutschland ist nicht grundlegend gefährdet. Im Sinne aller Kunden bitten wir Sie, auf eine unnötige Bevorratung zu verzichten.“
Kommentar
Meine Güte, es ist genug für alle da!
Wenn jeder an sich selbst denkt, dann ist an alle gedacht? Falsch. Denke Sie doch statt an sich einmal über sich nach: Brauchen Sie dieses Paket Mehl wirklich? Was wollen Sie mit drei Paketen Toilettenpapier? Und wie oft benutzen Sie eigentlich Hefe? Der Inbegriff dieser Pandemie (und es ist für uns alle die erste) ist doch die gegenseitige Rücksichtnahme. Wir tragen Masken, halten Abstand, bleiben Zuhause, verzichten auf Umarmungen und Händeschütteln. Aus Nächstenliebe. Um die Menschen um uns herum zu schützen. Und dann wollen wir ihnen aus reinem „Futterneid“ die Lebensmittel vor der Nase wegkaufen? Die Versorgung ist sichergestellt. Selbst wenn ein Regal zeitweise leer sein sollte: Vielleicht wuselt das Marktteam gerade in einem anderen Gang herum. Oder der Lkw mit Nachschub steht noch im Stau. Gönnen Sie sich in diesen Zeiten doch selbst ein Stück Normalität – und kaufen sie einfach nur das ein, was auch wirklich gebraucht wird. Und wenn Sie unbedingt Einkäufe horten möchten: Warum dann nicht Rotwein und Bier? Schokolade. DVDs. Oder Brettspiele.Aus tiefster Liebe zum Ruhrgebiet bin ich gerne immer und überall auf der Suche nach Geschichten – für Kultur, Kindergärten und Schulen, Umwelt, Politik und alles, was Menschen sonst noch beschäftigt.
