Stadtparkszene nimmt Abschied von dem Mann, der tot auf der Rathaustreppe lag

© Heiko Mühlbauer

Stadtparkszene nimmt Abschied von dem Mann, der tot auf der Rathaustreppe lag

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Er war ein bunter Vogel, aber auch eine Drama-Queen. Am Ende reichte die Kraft nicht mehr. Die Stadtparkszene verabschiedete sich von jenem Mann, den man vor zweieinhalb Wochen tot aufgefunden hatte.

Schwerte

, 12.08.2021, 17:05 Uhr

So mancher Passant im Park schaute verwundert, als Musik erklang und gebetet wurde. Ein Klapptisch mit zwei Blumensträußen, eine Tafel mit einem Vornamen, Kerzen und einem Foto in einem Bilderrahmen.

Die Stadtparkszene traf sich am Donnerstagmittag zu einer Trauerfeier im Stadtpark, direkt an der Ecke zur Rathausfiliale in der ehemaligen Realschule. Dort, wo man am 26. Juli einen von ihnen tot aufgefunden hatte.

Ausgerichtet wurde die Feier vom Verein für Soziale Integrationshilfen, jenem Verein, der sich in Schwerte unter anderem um die Szene rund um den Stadtpark kümmert. Zum Abschuss der Trauerfeier im Stadtpark klang „Niemals geht man so ganz“ aus den Boxen des Transporters vom Verein VSI.


Einen würdigen Abschied bereiten

Einen würdigen Abschied habe man dem jungen Mann bereiten wollen, erklärte Peter Blaschke vom VSI. Und vor allem sollte die Szene von ihm Abschied nehmen. Und von denen waren einige gekommen. Es standen Bierflaschen auf dem Tisch, so wie eigentlich immer im Stadtpark. Und dennoch war es anders, als an normalen Tagen.

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Tino, der Verstorbene, war auch innerhalb der Gemeinschaft eher ein Außenseiter. „Er war ein herrlich bunter Vogel in unserer Stadt und konnte von liebenswert bis charmant sein, aber auch eine Drama-Queen, die alle aufmischte“, so Blaschke. Das Ende sei traurig, aber nicht überraschend gewesen.

Fünf Tote innerhalb eines Jahres

Dass der Sumpf aus Alkohol und Drogen zwangläufig zu keinem guten Ende führt, das machte Jutta Pentling vom VSI deutlich. Man habe sich um den jungen Mann gekümmert. Doch auf Erfolge folgten auch immer wieder Rückschläge. Am Ende nahm Tino keines der Angebote an, die ihm helfen sollten.

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Sie appellierte an alle Anwesenden, Hilfsangebote anzunehmen. Fünf Menschen aus diesem Kreis seien nun innerhalb eines Jahres gestorben. Das solle doch Warnung genug sein.

Für ihren Appell gab es zwar Applaus, doch ob tatsächlich mehr Leute die Hilfsangebote wahrnehmen? „Tino hat nach Freundschaft gesucht, die gibt es hier aber nicht“, erklärte Jutta Pentling. Abhängigkeit und Machtverhältnisse bestimmen die Beziehungen der meisten dort.

Ausgegrenzt unter den Ausgegrenzten

Sogar einen Pfarrer sprach bei der Trauerfeier, Dennis Bischoff von der freien Kirche der Adventisten. Er beschäftigte sich mit dem Thema Ausgrenzen. Denn zu den ausgegrenzten der Gesellschaft gehören die „Bewohner“ des Stadtparks sicherlich. Doch das Beispiel des Verstorbenen zeige, dass es innerhalb der Ausgegrenzten weitere Ausgrenzungen gibt.

Polizei schloss Fremdverschulden aus

Am 26. Juli war der Mann tot auf der Treppe des Rathauses 2, direkt am Stadtpark-Eingang gefunden worden. Ein Fremdverschulden schließt die Polizei aus. Für Insider sei der Tod nicht ganz überraschend gekommen, hatte Peter Blaschke damals erklärt. Irgendwann ist beim Menschen ein Punkt erreicht, wo der Körper nicht mehr mitspielt.

Auf dem Tischchen lag auch eine Kondolenzliste, in die sich die Gäste am Ende der halbstündigen Trauerfeiereintrugen. „Die übergeben wir der Familie“, erklärte Peter Blaschke und bedankte sich bei den Gästen.

Stadtparkszene ist keine homogene Gruppe

Die sogenannte Stadtparkszene, die von Sozialarbeitern des VSI betreut wird, umfasst rund 50 Personen. Es ist aber keine homogene Gruppe, sondern besteht aus verschiedenen Gruppen, die sich zum Teil untereinander austauschen, zum Teil aber auch für sich bleiben. So waren auch am Donnerstag während der Trauerfeier andere Bänke mit Grüppchen besetzt, die sich nicht um die Feier kümmerten.

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