Stadt Schwerte bietet Eltern Entgegenkommen an
Verseuchter Schulhof
Zahlreiche Eltern der Albert-Schweitzer-Grundschule in Schwerte sorgen sich derzeit um ihre Kinder. Denn die Schule soll 2018 in das bald leer stehende Gebäude einer Realschule umziehen, unter deren Schulhof sich giftige Altlasten befinden. Bei einem Gespräch am runden Tisch kam die Stadt den Eltern jetzt entgegen.

Der Boden unter dem Schulhof der Realschule am Stadtpark ist verseucht. Nun wurde eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.
Der Rat der Stadt Schwerte stimmt am 2. Dezember darüber ab, ob der Umzug über die Bühne geht. Heben die Politiker den Daumen, ziehen die Grundschüler der Albert-Schweitzer-Schule (ASS) 2018 in das Gebäude der Realschule am Stadtpark, die 2017 geschlossen wird. Ein Gebäude und ein Standort, der vielen Eltern der Schweitzer-Schüler ein Dorn im Auge ist. Das liegt vor allem am Schulhof.
Stadt weiß seit 2009 von PAK-Belastung
Denn 30 bis 60 Zentimeter unter der Asphaltdecke des vielleicht zukünftigen Pausenplatzes liegt Schotter, der mit krebserregenden Stoffen belastet ist, genauer gesagt polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, kurz PAK. Die Stadt weiß spätestens seit 2009 davon und verweist auf ein Gutachten aus dem selben Jahr, in dem die Nutzung als unbedenklich eingestuft wurde. Unbedenklich, „solange die Fläche mit einer Asphaltdecke bedeckt ist“, erklärt die Stadt auf Anfrage.
Annette Schäfer ist Schulpflegschaftsvorsitzende der Schweitzer-Schule und hat eine klare Vorstellung von der Entscheidung des Rates. „Unser Ziel ist es, dass die Schüler nicht umziehen und das aktuelle Gebäude der ASS saniert wird. Dazwischen gibt es nichts.“ Ursprünglich zog die hoch verschuldete Stadt es vor, nur die Asphaltschicht auszutauschen, ohne den belasteten Schotter an der Realschule zu entsorgen. Auf Anfrage heißt es nun, dass zurzeit beide Möglichkeiten geprüft werden. Eine abschließende Entscheidung liege noch nicht vor.
Sanierung teurer als Umbau
Schäfer und vielen anderen Eltern geht es um die Zahlen, mit denen die Stadt einen Umzug der Grundschule rechtfertigen will. Laut Verwaltung koste eine Sanierung der ASS 1,6 Millionen Euro, eine Aufbereitung der Realschule rund 600.000 Euro. Die Vertreter der Schulpflegschaft schätzen nach ersten eigenen Berechnungen jedoch, dass eine Sanierung der Realschule 1,1 Millionen Euro kosten würde, ein Umbau der ASS weniger.
An dieser Stelle bietet die Stadt nun ein Entgegenkommen an. Nachdem die Fronten zwischen beiden Parteien in den vergangenen Wochen verhärtet waren, deutet sich jetzt eine Entspannung des Verhältnisses an. Am Donnerstag trafen sich Vertreter der Stadt und der Schulpflegschaft in kleinem Kreis zu einem Gespräch – einem konstruktiven Gespräch, wie beide Seiten erklärten. Die Stadt sagte auf Anfrage, dass in den kommenden Wochen eine Kostenalternative erstellt werde. In der neuen Kalkulation werde errechnet, was eine Bewirtschaftung und Sanierung der Schweitzer-Schule kostet, wenn sie an ihrem aktuellen Standort verbleibt.
Keine Klarheit
Die Schulpflegschaftsvorsitzende zog ein positives Fazit der Diskussion. „Wir konnten Fragen einbringen und haben Antworten erhalten“, so Annette Schäfer. Auch das zuletzt zerrüttete Vertrauensverhältnis zur Stadt habe sich durch das Treffen wieder erholt.
Klarheit um den eigentlichen Zankapfel in dieser Geschichte herrscht nach wie vor nicht. Viele Eltern der Schweitzer-Schüler sorgen sich um die Gesundheit ihrer Kinder, die womöglich ab 2018 auf dem PAK-belasteten Schulhof spielen sollen. Denn sobald der Rat für den Umzug stimmt, gibt es kein Zurück. Die Bezirksregierung könnte die Entscheidung nicht rückgängig machen. „Wir sind da außen vor“, sagt ein Sprecher aus Arnsberg.
BUND empfiehlt Prüfung
Das PAK-Thema stand eigentlich auf der Tagesordnung für das Treffen am Donnerstag, blieb letztlich aber außen vor. Der Grund: Der in diesem Thema federführende Mitarbeiter der Stadt fehlte krankheitsbedingt. „Das wird aber nachgeholt, das ist von der Stadt zugesichert“, sagte Annette Schäfer im Gespräch mit dieser Redaktion.
Einen einfachen Asphalt-Austausch hält Frank Weißenberg vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland derweil für wenig nützlich. „Da darf man nicht naiv sein.“ PAK könne ausdünsten und über Haut und Lunge aufgenommen werden, was vor allem bei Kindern schnell gehe. Weißenberg empfiehlt eine behördliche Gefahreneinschätzung, unter anderem über einen Test der Raumluft im Realschulgebäude. Eine ähnliche Prüfung hat die Stadt 2008 ohne Auffälligkeiten durchgeführt, allerdings ging es damals nur um Schimmel und Keime.
Bis zum 2. Dezember wird vermutlich noch weitere Bewegung in die Geschichte kommen. Denn, und das ist auch nach dem jüngsten Treffen von Donnerstag klar, beide Parteien in diesem Streit haben ihre Grundpositionen nicht verändert. Heißt: Die Stadt favorisiert den Umzug, die Grundschul-Eltern den Status Quo.