Der Verkauf von Reibekuchen, wie hier auf dem Gemeindefest von St. Christophorus im vergangenen Jahr, müsste künftig theoretisch besteuert werden. © Foto: Björn Althoff

„Schwerter Modell“

So will die St.-Marien-Gemeinde die Umsatzsteuer umgehen

Durch eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes müssen Kirchen ihre Einnahmen aus gemeinnützigen Tätigkeiten künftig versteuern. Wie gehen die Gemeinden in Schwerte damit um?

Schwerte

, 20.03.2019 / Lesedauer: 3 min

Bislang war die Änderung des Umsatzsteuergesetzes in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Da die vom Bundestag genehmigte Schonfrist allerdings Ende des kommenden Jahres abläuft, müssen sich Kirchen, Vereine und gemeinnützige Organsiationen nun darauf vorbereiten, für ihre Einnahmen aus Veranstaltungen und Aktionen künftig Umsatzsteuern an den Fiskus abzuführen. Die Gesetzesänderung gilt für alle Gemeinden, deren steuerpflichtige Einnahmen bei mehr als 17.500 Euro im Jahr liegen. Dazu zählen alle der Kirche zugehörigen Gruppen - von den Messdienern über die Frauengemeinschaft bis hin zum Kirchenchor.

Durch „Schwerter Modell“ sollen Einnahmequellen ausgegliedert werden

Bei der katholischen Kirchengemeinde St. Marien ist man sich der Problematik schon seit längerem bewusst. „Da wir aus sieben Teilgemeinden bestehen, können Sie sich vorstellen, dass wir sehr schnell über diesen Betrag kommen“, erklärt Friedrich Kebekus, stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes.

Allerdings sieht der Steuerberater der anstehenden Reform relativ gelassen entgegen: „Ich hatte immer schon damit gerechnet, dass dieses Privileg für gemeinnützige Einrichtungen mal kippen wird“, berichtet Kebekus. Deshalb habe man in seiner Gemeinde schon vor mehr als zehn Jahren erste Schritte unternommen, um sich auf entsprechende Gesetzesänderungen vorzubereiten.

Friedrich Kebekus, stellvertetender Vorsitzender des St. Marien-Kirchenvorstandes. © Mühlbauer

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Grundlage dafür ist ein Konzept, das inoffiziell unter dem Namen „Schwerter Modell“ firmiert und bistumsweit umgesetzt werden soll. Die Idee: Durch die Ausgliederung der Einnahmequellen in Fördervereine oder andere Rechtskörper wie die Kolpingfamilie soll eine Abführung der Umsatzsteuer umgangen werden. Friedrich Kebekus betont, dass es sich dabei um einen komplett legalen Weg handele: „Wir wollen nichts unter dem Deckmantel der Ehrenamtlichkeit unter den Teppich kehren.“

Um das Konzept umzusetzen, gelte es für den Kirchenvorstand aktuell, eine Übersicht über alle Einnahmen der Gemeinde zu bekommen. Der Prozess dazu ist schon vor mehr als einem Jahr angestoßen worden. „Das sind ganz viele kleine Umsatzaktivitäten, die da zusammenkommen“, weiß der Vize-Chef des Kirchenvorstandes.

Nicht alle Einnahmen müssen versteuert werden

Anschließend muss bei den Einnahmen zwischen hoheitlichen und wirtschaftlichen Aktivitäten differenziert werden. Denn nur Einnahmen aus Veranstaltungen oder Aktionen, die auch ein privater Unternehmer hätte durchführen können, müssten versteuert werden. „Eine Wallfahrt, bei der das Gebet und der Glaube im Mittelpunkt steht und am Ende im Bus fünf Euro eingesammelt wird, gehört da nicht dazu. Eine längere Pilgerreise, zu der auch ein touristisches Programm gehört, hingegen schon“, veranschaulicht Kebekus die schwierige Rechtslage.

Er ist jedoch davon überzeugt, dass die gemeinnützigen Gemeindeaktivitäten durch die Ausgliederung der Einnahmequellen am Ende von der Umsatzsteuer verschont bleibe: „Ich gehe davon aus, dass wir das schaffen.“

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Trotz des bürokratischen Aufwands findet der Steuerexperte die ab Anfang 2021 geltende Gesetzesänderung richtig und fair: „Es kann nicht angehen, dass auf Straßenfesten steuerfrei Bier verkauft wird und der Wirt nebenan dafür bezahlen muss“, so Kebekus.

Skepsis bei der Evangelischen Kirche

Bei den Protestanten zeigt man sich bei dem Thema indes deutlich zurückhaltender und verweist auf einen laufenden Diskussionsprozess. So sei beim Evangelischen Kirchenkreis Iserlohn eine Stelle geschaffen worden, welche die Kirchengemeinden dazu beraten soll. „Das ist allerdings ein sehr komplexes Thema. Es gibt bei uns auch Finanzexperten, die nicht davon überzeugt sind, dass uns das wirklich betrifft“, erklärt Bernd Westerhoff, der im Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Ergste den Finanzbereich verantwortet.

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