Voller Energie geht Mike Joecks seiner Arbeit im Trainingszentrum Kämmerling nach. Das war in den vergangenen zwei Jahren nicht immer möglich.

© Johannes Staab

Mike Joecks (29): „Ich kann sagen, das verändert einen. Das verändert einen deutlich“

rn„Mensch, wie glücklich bist du?“

Mike Joecks (29) ist Physiotherapeut. Er sprüht vor positiver Energie. Doch es gab Phasen, da sperrte er sich zu Hause ein. Und es gab Kundengespräche, die er so nicht hätte führen wollen.

Schwerte

, 15.02.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Was haben zwei Jahre Corona mit uns gemacht? Wie geht es uns damit? Empfinden wir noch Glück? Wie hat sich unser Leben verändert? An unserer Umfrage „Mensch, wie glücklich bist du?“ haben auch Schwerter Leserinnen und Leser teilgenommen. Und wir haben Menschen getroffen, die uns erzählen, wie sie die letzten zwei Jahre erlebt haben.

Mike Joecks sprüht förmlich vor positiver Energie, als wir ihn treffen und mit ihm über seinen Job sprechen. Der 29-jährige Schwerter ist Physiotherapeut und Studioleiter im Trainingszentrum Kämmerling. „Ich liebe es, mit den Menschen zu trainieren und dafür zu sorgen, dass sie fit bleiben. Das ist meine Berufung“, sagt er.

Die Corona-Pandemie habe jedoch dafür gesorgt, dass er dieser Berufung nicht immer nachgehen konnte. Vielen Menschen ging es in den vergangenen zwei Jahren so. Und Mike Joecks ist anzumerken, dass diese vergangenen zwei Jahre nicht spurlos an ihm vorübergegangen sind.

Plötzlich nicht mehr arbeiten

Detailliert erinnert er sich an einzelne Ereignisse aus dem bisherigen Verlauf der Pandemie, inklusive Datum: „Vom 16. März bis zum 11. Mai 2020 durften wir nicht arbeiten. In der Anfangszeit ging alles Schlag auf Schlag und dann hieß es auf einmal: Wir machen erst mal alles dicht. Wir waren auch davon betroffen und dann stand man halt vor vollendeten Tatsachen.“

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Es sei ein merkwürdiges Gefühl gewesen, plötzlich nicht mehr arbeiten zu dürfen. Was für Joecks persönlich dazu kam: „Anfang 2020 wurde ich Studioleiter. Wenn man gerade erst in so eine Position reingerutscht ist, macht sich vielleicht auch ein wenig Überforderung breit, weil man noch nicht so gefestigt ist.“ Joecks sei besonders seinem Chef, Geschäftsführer Michael Kämmerling, dankbar. Er habe das gesamte Team zu jeder Zeit tatkräftig unterstützt.

Mike Joecks unterstützt seine Kunden beim Training.

Mike Joecks (r.) unterstützt seine Kunden beim Training. © Johannes Staab

Die Zeit des ersten Lockdowns habe Joecks mit dem Team zusammen unter anderem dafür genutzt, sich weiterzubilden. Dennoch sei es „das Schlimmste, wenn man eine Berufung für sich gefunden hat, man die aber nicht ausführen darf“. Im Sommer 2020, erzählt er, habe er in der Luft gehangen, weil er nicht wusste, wie es weitergeht. „Aber ich war erst mal froh, dass wir wieder arbeiten durften.“ Seine positive Energie behielt er bei. Vorerst.

„Das verändert einen deutlich“

Im November 2020 kam es dann zum zweiten großen Lockdown in Deutschland, der die Situation auch für Joecks maßgeblich veränderte: „Wir waren enttäuscht, dass wir wieder nicht arbeiten durften. Vier Wochen sollte das Studio geschlossen sein.“ Aus den vier Wochen wurden rund sieben Monate. Monate voller Hoffnung und Enttäuschung.

„Das Team und ich haben versucht, die Leute auf unserer positiven Schiene mitzunehmen“, erklärt der 29-Jährige. Viele Kunden, das Durchschnittsalter liegt bei Mitte 50, seien verängstigt gewesen und auch schon im Sommer deshalb nicht mehr zum Training gekommen. Joecks erklärt mit Blick auf das monatelange Arbeitsverbot: „Ich kann sagen: Das verändert einen. Das verändert einen deutlich, weil du keine Chance hast, das zu tun, was du tun möchtest. Den Menschen zu helfen.“

Nur noch wenig Hoffnung

Irgendwann sei er an einen Punkt gekommen, an dem er sich komplett zurückziehen musste: „Richtung März 2021 gab es auch mal eine Phase, in der ich mich zwei Wochen eingeschlossen habe und nur noch wenig Hoffnung hatte, dass das überhaupt noch mal was wird. Es war eine Mischung aus Müdigkeit, Wut und Leere, die man gar nicht richtig rüberbringen kann im Gespräch.“

Seiner Familie und seinem Team will er einen besonderen Dank für die Unterstützung aussprechen. Man merkt, wie wichtig ihm das ist. Und auch den Kundinnen und Kunden, die dem Trainingszentrum auch in dieser Zeit die Treue gehalten hätten: „Sie haben teilweise sogar angerufen und gefragt, wie es uns geht. Das hat wieder Kraft gegeben und diese Energie kann man dann auch wieder zurückgeben.“

Kunden-Gespräche, bei denen es „eiskalt den Rücken runterlief“

Doch es gab auch die anderen Kundengespräche am Telefon; die, bei denen es dem 29-Jährigen „eiskalt den Rücken runterlief“: Erst vor kurzem habe er ein Gespräch mit einem Kunden geführt, der über zehn Jahre Kunde bei Kämmerling gewesen sei.

„Bei ihm hat es sich leider so entwickelt, dass eine Autoimmunerkrankung festgestellt wurde. Er musste ins Krankenhaus und hat sich dort leider mit Corona infiziert“, erzählt Joecks sichtlich ergriffen und ergänzt: „Er war ja eh schon geschwächt, das hat ihn dann leider ein wenig umgehauen. Nach diesem Krankenhausaufenthalt ist sein Alltag an seinen Rollstuhl gebunden. Vorher war er absolut selbstständig und tip top gesund.“

Das sei eine Geschichte, bei der er erst mal zwei Minuten den Hörer beiseite legen musste.

Sein Lächeln hat Mike Joecks trotz langer und emotionaler Lockdown-Zeit nicht verloren

Sein Lächeln hat Mike Joecks trotz langer und emotionaler Lockdown-Zeit nicht verloren. © Johannes Staab

Aus dem „emotionalen Loch“ habe er sich mit aktiver Bewegung, Spaziergängen und Übungen zuhause rausgekämpft. Mittlerweile lasse er sich von negativen Gedanken nicht mehr runterziehen, sagt er, und habe aus der Pandemie zwei Erkenntnisse für sich gewonnen: „Wir hätten die Menschen mehr aufklären müssen, was einen gesunden Lebensstil ausmacht. Sich zuhause abzuschotten und nichts zu machen, ist auch nicht gesund, vor allem nicht für die Psyche.“

Die positive Erkenntnis für Joecks ist jedoch, dass „das Bewusstsein für die Gesundheit insgesamt deutlich gestiegen ist“. Denn, so fügt er an: „Gesundheit ist die erste Altersvorsorge, die wir betreiben sollten.“

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