
© Laura Schulz-Gahmen
Schwerter Computerexperte: „iPads haben in Schulen nichts verloren“
Digitaler Wandel
Die Schulen haben den digitalen Wandel verschlafen, aber mit der Anschaffung von iPads kann man das nicht ausgleichen. Das sagt der aus Schwerte stammende Medienexperte Daniel Schlep.
Das Interview führt Daniel Schlep natürlich über Jitsi Meet, einer Videokonferenz-Software, die nicht aus den großen, internationalen Softwareschmieden stammt. Es ist ein Open-Source-Programm, das jeder nutzen und verändern darf. In diesem Fall läuft es über einen Server der Schwerter Stadtwerke, die das eingerichtet haben. Das Thema: der digitale Wandel an Schulen.
Schlep ist Musiker aber auch Experte für digitalen Wandel und überzeugter Kämpfer für das Upycling von Computern. Und er hat eine deutliche Meinung zu der neuen Hysterie, die derzeit an Schulen herrscht. Seine harte These: „Ein iPad gehört nicht in die Schule.“ Und er hat dafür gute Argumente.
Schulen geben unfassbar viel Geld für Geräte aus
„Aktuell geben die Schulen unfassbar viel Geld speziell für iPads aus“, so Schlep. Dabei seien das iPhone und das iPad eigentlich Konsumenten-Geräte. Das System und die Programme sind unfrei und geschlossen, man muss sie nicht verstehen und die Geräte besitzen eine sehr begrenzte Lebenszeit. „Was ist, wenn Apple in ungefähr fünf Jahren, die aktuelle iPad-Generation nicht mehr unterstützt oder die Geräte turnusmäßig kaputt gehen?
Haben die Schulen dann das Geld, diese wieder neu anzuschaffen oder die Akkus auszutauschen?“ Das werde schwer in einer Zeit nach Corona, wenn die großen Programme und Zuschüsse wieder versiegt und neue Schulden entstanden sind. Ganz abgesehen von dem vielen Elektroschrott, der dadurch entsteht.
Ein iPad schult keine Medienkompetenz
Zudem schule man gerade mit dem iPad keine Medienkompetenz. „Sie verkümmert dadurch eher“, so Schlep. Denn die Nutzung des iPads sei in erster Linie Medienkonsum. Niemand verstehe dadurch im Ansatz, wie das Gerät funktioniert. „Ich habe viele Schüler kennengelernt, die Musik oder andere Inhalte nach dem Herunterladen nicht mehr wiederfinden konnten. Die hatten keine Ahnung was ein Download-Ordner ist.“
Um den Vergleich mit dem Auto zu bemühen: Niemand müsse wissen, wie man einen Motor auseinander nimmt, aber einen Führerschein solle man doch haben, so der Digital-Experte.
Doch Schlep hat auch Verständnis für die Schulen. So gebe es Beispiele, die sehr kompetent vorgehen. Andere hätten einfach jahrelang den digitalen Wandel in Bezug auf Material und Wissen verschlafen, doch wenn sie sich jetzt vorsichtig und mit Bedacht dem Thema nähern, haben sie gleich die Eltern im Nacken.
„Um es deutlich zu sagen: Da gibt es Leute, die glauben mit ihrem Smartphone oder Tablet die Welt zu beherrschen und verlangen lautstark von Schulen das gleiche Konsumverhalten“, so Schlep. Und das obwohl die Schulpolitik längst den Schulen empfehle, nicht mehr Lösungen wie Teams, Zoom oder Skype zu nutzen, sondern freie und datenschutzkonforme Software.
Was man privat nutze, sei die eigene Sache, aber gerade die Schulen seien bezüglich Gerätewahl und Datenschutz ein ganz anderes Feld.
Alternative gebrauchte Rechner und Open-Source-Programme
Doch was sind die Alternativen? Schlep wirbt für das Upcycling alter Rechner. Ideal seien Standrechner und Notebooks, die man am besten mit Open-Source-Programmen wie dem Betriebssystem Linux ausrüste. Das sei sowohl ökologisch als auch pädagogisch sinnvoll. Denn wer seinen Rechner selber einrichte, habe auch ein Grundverständnis für die Funktionen.
Mit seiner Mission ist Schlep schon seit Jahren unterwegs. In Dortmund arbeitet er an einem Pilotprojekt an der Albert-Schweitzer-Realschule, in Schwerte hatte er jüngst ein Gespräch mit Bürgermeister Dimitrios Axourgos.
Doch genauso, wie er jetzt vor der Digital-Manie und vor Massen von neuen Endgeräten warnt, ist er auch überzeugt: Die Städte und Schulen haben jahrelang die Digitalisierung verschlafen. Das mache es auch so schwierig, jetzt den richtigen Weg zu finden. Aus seiner Sicht steht viel zu oft das Material im Fokus und das Wissen wird dabei vergessen.
Mit seiner Meinung sei er auch nicht allein. „Als ich angefangen habe, für Freie Software auf angeblich überalterten Rechnern einzutreten, hatte ich das Gefühl, dazu haben allenfalls zehn Prozent der Menschen überhaupt einen Zugang. Jetzt erhalte ich aber immer mehr Anfragen von Verwaltungen, Institutionen oder auch Privatleuten und erlebe einen sehr großen Zuspruch.“
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
