Vertrauensleute, Betriebsrat und IG Metall atmen auf: Hundhausen ist gerettet (v.l.): Martin Heistermann, Jens Mütze, Tahsin Sancak, Reinhard Pilk und Michael Tunkel.

© Heiko Mühlbauer

Hundhausen-Betriebsrat: „Wir haben hier alles auf eine Karte gesetzt“

rnJobs gerettet

Seit Mai mussten die Mitarbeiter von Hundhausen um ihren Job bangen. Und nicht alle konnten bleiben. Es gab Tränen und einen Sozialplan. Am Ende habe man den Kampf gewonnen, meint der Betriebsrat.

Schwerte

, 07.03.2021, 16:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Zwei steile Gittertreppen führen zum Betriebsratsbüro bei Hundhausen. Ein schmuckloser Raum, eine lange Tafel und handgemalte Grafiken an der Wand. Über Mitbestimmung, über Refa-Einsätze und auch über die Einwirkung der Arbeitnehmer auf die Wirtschaftlichkeit. Die Männer am Tisch sind gelöst und plaudern locker. Zwei vom Betriebsrat, zwei Vertrauensleute, alle seit Jahrzehnten bei Hundhausen beschäftigt.

Gießerei galt als Sorgenkind

Die Stimmung war lange nicht so gut. Denn der Weg, seit vor einer Woche auch offiziell verkündet wurde, dass die Gießerei gerettet ist, war lang. Schon lange galt die Gießerei als ein Sorgenkind. Der Investitionsstau wurde immer größer, der Konzern Georgmarienhütte, der seit 2000 Eigentümer von Hundhausen war, hatte mehr mit sich selbst zu tun, als in seine Gusssparte groß zu investieren.

Im Mai vergangenen Jahres dann die endgültige Hiobsbotschaft: Hundhausen meldet Insolvenz an. Knapp 500 Beschäftigte gab es da noch.

Gleich als erste Maßnahme verhandelte man über einen Sozialplan. Bitter sei das gewesen, erzählt Betriebsratsvorsitzender Reinhard Pilk. Denn insgesamt 130 Mitarbeiter sollten gehen. Am Ende gingen fast alle in eine Transfergesellschaft. Und es flossen auch Tränen. „Da kamen morgens Kollegen zur Schicht und fragten als erstes: Bin ich auf der Liste?“, erzählt Betriebsrat Tahin Sancak. Und er habe manchmal auch mit Kollegen hier gesessen, und es seien Tränen geflossen.

Auch langjährig Beschäftigte mussten gehen

Kein Wunder, bei Hundhausen ist die Belegschaft traditionell sehr mit dem Werk verbunden. Im Schnitt liegt die Betriebszugehörigkeit bei 22 Jahren. Da geht man, auch wenn die Berufsaussichten auf dem Arbeitsmarkt gut sind und die Transfergesellschaft finanziell gut ausgestattet ist, nicht leichten Herzens.

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„Das haben wir alles auf eine Karte gesetzt“, sagt Reinhard Pilk. Denn ohne einen Käufer für die Firma wäre für die verbliebene Mannschaft nichts mehr zu verteilen gewesen. „Wir hätte ausproduziert und wären nach Hause gegangen.“

Vor diesem Hintergrund ist verständlich, wie groß die Sorge im August war: Der Investor, der eigentlich die Firma kaufen wollte, sprang wieder ab. Man konnte sich mit der Georgsmarienhütte nicht über die Grundstücksfrage einigen. Denn das Betriebsgelände war längst konzernintern an eine Immobilientochter verkauft worden.

„Wir sind nicht als Bittsteller aufgetreten“

Bis zum Jahresende bangten die Mitarbeiter. Und das, obwohl eigentlich genug zu tun war. Erst als Beinbauer, ein ehemaliger Kunde, Interesse an der Gießerei bekundete, kam wieder Fahrt in die Sache. „Wir sind da aber nicht als Bittsteller aufgetreten“, betont Hagens IG-Metall-Chef Jens Mütze. Das sei ihm wichtig, dass man sich auf Augenhöhe begegnet sei. Deshalb hat er auch ins Betriebsratsbüro eingeladen. Man bleibe im Tarif, und die Opfer, die die Mitarbeiter zwangsläufig bringen müssen, sind hart, aber eröffnen eine Chance für Zukunft. Das sei gerade bei Betriebsübernahmen nicht immer so.


20 Millionen sollen bald investiert werden

Und für die Belegschaft von Hundhausen war das auch wichtig. Denn schließlich habe man schon seit Jahren durch Einschnitte ins Gehalt den Betrieb immer wieder unterstützt. Dafür versprochene Investitionen blieben aus.

20 Millionen Euro sollen jetzt in die Gießerei investiert werden, damit sie wieder auf dem neuesten technischen Stand ist. „In zwei bis vier Jahren wäre das soweit“, ist Tahin Sancak überzeugt.

„Am Ende freuen wir uns, dass wir das mit dem neuen Eigentümer, der Belegschaft und der IG Metall gewuppt haben“, ergänzt Pilk. Denn andere große Gießereien in Deutschland haben die Insolvenz nicht überlebt. Bei Hundhausen schaut man derzeit sogar so optimistisch in die Zukunft, dass man hofft, noch für diesen Sommer bis zu 10 Azubis einstellen zu können. „Denn diese Arbeitsplätze sind wichtig für Schwerte und die Region“, sagt IG-Metall-Chef Mütze, aber das muss er ja auch - als örtlicher Geschäftsführer der größten Industriegewerkschaft Deutschlands.

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