
© Reinhard Schmitz
Zu Ehren der Nazi-Opfer: Rotarier ziehen mit Putzschwamm durch die Stadt
Pogromnacht 1938
Am 9. November 1938 setzten die Nazis jüdische Synagogen in Brand. Gegen das Vergessen kämpften die Rotarier mit einer Putzaktion. Sie säuberten Gedenksteine für die Opfer der Verfolgung.
Sie sind erfolgreiche Unternehmer, Manager, Bankdirektoren, Wirtschaftsförderer oder Spitzenbeamte im Rathaus. Am Dienstag (9.11.) knieten sie mit Putz-Utensilien auf den Straßen von Schwerte nieder. Anlässlich des Gedenktags der Pogromnacht der Nationalsozialisten wollten die Mitglieder des Rotary-Clubs die Erinnerung an das schreckliche Geschehen vor 83 Jahren wachhalten. Sie machten die „Stolpersteine“ im Pflaster wieder sichtbar, die der Künstler Gunter Demnig vor ehemaligen Häusern von Juden und anderen Verfolgten des Naziregimes verlegt hat.
Der 9. November 1938 war das Startsignal zum Völkermord
„Sie erinnern an Menschen, die hier gewohnt haben, bevor sie spätestens ab 1942 deportiert und meist ermordet wurden“, erklärte der Pressesprecher des Rotary-Clubs, Richard Saure: „Einige sind ins Ausland geflohen, einige wenige haben das Konzentrationslager überlebt und wurden befreit.“ Der 9. November 1938 sei der Tag gewesen, an dem organisierte Schlägertrupps jüdische Geschäfte und Synagogen in Brand setzten. Tausende Juden seien misshandelt, verhaftet oder getötet worden: „Diese Nacht war das Startsignal zum größten Völkermord in Europa.“ Opfer der Nazi-Verfolgung wurden auch Roma, politische Gegner, Homosexuelle und Zeugen Jehovas.

Die Stolpersteine, die im Gehwegpflaster an jüdische Mitbürger und andere Verfolgte des Nazi-Regimes erinnern, säuberten Mitglieder des Rotary-Clubs anlässlich des Jahrestags der Pogromnacht 1938. © Reinhard Schmitz
An diese Schrecken erinnern die Stolpersteine, die Gunter Demnig in mehreren Aktionen ins Pflaster von Bürgersteigen eingelassen hat. Die Gedenktafeln auf einem Betonstein nennen die Opfer vor ihrem letzten Wohnort in der Stadt mit ihren Namen. Diese sind zusammen mit den Geburts- und Todesdaten in ein zehn mal zehn Zentimeter großes Messingblech eingeschlagen. Oft ist in der letzten Zeile Auschwitz, Theresienstadt oder Bergen-Belsen zu lesen.
Vor zwei Jahren hatten die Rotarier eine Synagoge besucht
„Jeder Schwerter Bürger ist schon an ihnen vorbeigekommen, womöglich darauf getreten. Aber nicht jeder hat sie bemerkt, nicht jedem ist die Bedeutung bewusst“, sagt Richard Saure. Deswegen wollten die Rotarier mit ihrer Aktion auf die Stolpersteine - die natürlich plan in das Pflaster eingelassen sind - aufmerksam machen. Die Idee dazu war geboren worden, nachdem die Mitglieder vor zwei Jahren zum 9. November eine Synagoge besucht hatten.
Es gibt 78 Stolpersteine in der Stadt
Die Vorbereitung war aufwendig. Mithilfe der damaligen Stolperstein-Initiatorin Claudia Becker-Haggeney musste zunächst eine Liste der insgesamt 78 Stolpersteine erstellt werden, die vor 27 Häusern in der Innenstadt sowie in Ergste und Westhofen liegen. In drei Trupps zogen die Rotarier dann los, um sie mit Putzschwamm, Reinigungspolitur und Wienerlappen wieder blitzeblank zu machen - eine Aktion gegen das Vergessen.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
